Ford baut auf Fortsetzung der Hellas-Story
Wieder am Start: Jari-Matti Latvala
Während die Olympische Flamme auf dem Weg von Griechenland nach London ist, schlägt das Werksteam von Ford in der Rallye-Weltmeisterschaft genau die gegensätzliche Richtung ein: Am letzten Mai-Wochenende steht mit der materialmordenden Akropolis-Rallye einer der absoluten WM-Klassiker auf dem Programm. Ford blickt dieser Schotterveranstaltung mit grossen Erwartungen entgegen: Seit 1973, dem Premierenjahr der Rallye-Weltmeisterschaft, konnte die Marke in Hellas nicht weniger als 13 Mal gewinnen. Sieben dieser Siege errang Ford in den vergangenen elf Jahren.
Der Optimismus des Werksteams hat noch einen zweiten Grund: Jari-Matti Latvala und Miikka Anttila kehren an das Steuer ihres Fiesta RS WRC zurück, nachdem Latvala die Rallye Argentinien aufgrund eines Schlüsselbeinbruchs hatte auslassen müssen. Dass er wieder voll einsatzfähig ist, stellte der 27-jährige Finne vor einer Woche bei einem zweitägigen Test in Portugal unter Beweis. Den zweiten Turbo-Allradler von Ford pilotieren wieder Petter Solberg und Beifahrer Chris Patterson.
Die Rallye Griechenland verteidigt traditionell den Ruf, Mensch und Material an die Grenzen ihrer Belastbarkeit zu fördern. Die diesjährige Ausgabe verspricht sogar nochmals anstrengender zu werden – sie weist 60 Wertungsprüfungskilometer mehr auf als die Vorjahresausgabe. Gleich bleiben dürften die landestypischen Lufttemperaturen, die 30 Grad Celsius und mehr erreichen können. In den Cockpits der Rallye-Boliden steigt die Quecksilbersäule noch deutlich höher – körperliche Fitness und permanenter Flüssigkeits-Nachschub, um Dehydrierungen zu vermeiden, sind unabdingbare Grundvoraussetzungen für durchgehend hohe Konzentrationsfähigkeit.
Auf mechanischer Seite müssen die Fiesta RS WRC widersprüchliche Anforderungen unter einen Hut bekommen: konkurrenzfähig schnell zu sein und die Widrigkeiten der Naturpisten trotzdem robust und zuverlässig überstehen können. Grobe Felsbrocken, die auf den Wegen liegen oder aus dem harten Schotteruntergrund heimtückisch herausragen, stellen eine ernste Gefahr für die Technik dar. Zum Schutz des Fahrzeugs rüstet Ford die Unterböden der World Rally Cars mit zusätzlichen Protektoren aus.
Die Hitze in Verbindung mit den vergleichsweise niedrigen Geschwindigkeiten, die für die griechischen Wertungsprüfungen mit ihren zahlreichen Spitzkehren typisch sind, bringen auch die Motoren und Getriebe in thermische Grenzbereiche. Das gleiche gilt für die Schotterreifen von Michelin, die während der WM-Saison nirgendwo noch ärger gepeinigt werden als bei der Rallye Akropolis.
Jari-Matti Latvala ging 2003 als 18-Jähriger erstmals bei diesem WM-Klassiker an den Start, sein Debüt am Steuer eines World Rally Cars beendete er seinerzeit auf Gesamtrang zehn. Bis heute folgten sechs weitere Teilnahmen und ein dritter Platz im Jahr 2009. Bei den Portugal-Testfahrten legte der Sieger der diesjährigen Rallye Schweden 440 Kilometer und damit mehr als eine Rallye-Distanz zurück, ohne dass ihn die Folgen der Sportverletzung behindert hätten.
Für die ‚Akropolis’ fühlt sich der 27-Jährige jetzt gut gerüstet. «Wir haben uns noch mal um die Fahrwerksabstimmung gekümmert und angesichts der zu erwartenden harten Bedingungen gute Fortschritte erzielt. Nach so langer Zwangspause war ich froh, endlich wieder am Lenkrad drehen zu dürfen – und habe erfreulicherweise gesehen, dass ich noch nichts verlernt habe!», lacht der Blondschlopf. «In der Hitze wird das auch für die Pneus sehr hart. Wir werden uns ihr Potenzial sehr gut einteilen müssen, Reifenverschleiss könnte das bestimmende Thema werden. Wer versucht, von Anfang an 100 Prozent am Limit zu fahren, dürfte früher oder später auf Probleme stossen.»
Auch Petter Solberg reist mit positiven Erinnerungen nach Griechenland. 2001 holte sich der ehemalige Weltmeister hier das erste Podiumsergebnis seiner Karriere, 2004 konnte er die ‚Akropolis’ sogar gewinnen. «Das ist die raueste Veranstaltung der gesamten Saison», räumt der 37-jährige Norweger ein. «Das muss aber nicht bedeuten, dass sie für uns auch die schwierigste wird. Als die Safari-Rallye Kenia noch zum WM-Kalender gehörte, habe ich viel über das schnelle Autofahren auf unwirtlichen Strecken gelernt – das kommt mir noch immer zugute. Veranstaltungen wie diese verlangen nicht nur eine hohe Schnelligkeit, sondern auch Intelligenz im Umgang mit dem Material. Die groben Pisten und die glühende Hitze sind auch für die Reifen sehr anstrengend. Aber Michelin ist bekannt dafür, uns sehr wider-standsfähige Pneus zur Verfügung zu stellen. Bei den beiden zurückliegenden WM-Läufen hat mich das Glück nicht unbedingt verfolgt, dennoch konnte ich durch maximales Attackieren noch wertvolle Punkte sammeln. Jetzt hoffe ich darauf, einmal ohne Probleme durchzukommen und erneut wichtige Zähler für mein Konto mitnehmen zu können.»
Apropos Reifen: Jedem der beiden Werkspiloten von Ford stehen in Griechenland 48 Michelin Latitude Cross in der härteren Laufflächenmischung und – neu in dieser Saison – zehn weitere in der weicheren Mischung für regnerische Streckenbedingungen zur Verfügung. Eingesetzt werden dürfen für die gesamte Rallye und das Qualifying jedoch nur 48 Pneus. Ein Nachschneiden des Profilmusters ist nicht mehr erlaubt.
Los geht die Rallye-Action am Donnerstagabend (24.5.) mit der offiziellen Startzeremonie am Fusse der Akropolis in der Landeshauptstadt Athen. Auf dem Rückweg zum zentralen Service-Platz, der in Loutraki oberhalb des Kanals von Korinth liegt, steht bereits die erste 25,24 Kilometer lange Wertungsprüfung (WP) auf dem Programm. Die Freitagsetappe führt die Teilnehmer in den Norden zum Golf von Korinth, wo nahe Itea acht WP über 169,12 Kilometer warten. Der Samstag umfasst acht weitere Prüfungen auf der südlichen Halbinsel Peloponnes, die sich auf 149,56 Kilometer addieren, bevor die Sonntagsetappe im Osten von Loutraki mit fünf WP inklusive der 3,97 Kilometer kurzen «Power Stage» den sechsten Saisonlauf der diesjährigen Rallye-Weltmeisterschaft abschliesst.