Siegerpokal Frankreich-GP: Zum Affen gemacht
Als die Formel 1 2018 auf den Circuit Paul Ricard zurückkehrte, schaute «Iceman» Kimi Räikkönen auf dem Siegerpodest perplex seine seltsame Trophäe an: Ein Gorilla in Farben der Trikolore, der einen Pirelli-Reifen hält. Der Finne wird sich vielleicht gedacht haben: «Ich mach mich hier zum Affen.»
Nicht nur Kimi Räikkönen wundert sich über den Gorilla. Zahlreiche Leser haben uns gefragt, was es mit dem Riesenaffen von Paul Ricard auf sich habe. Hintergrund: Es handelt sich um eine Tierfigur des Pariser Bildhauers Richard Orlinski (56). Er gilt als erfolgreichster zeitgenössischer Künstler seines Landes, seine Neo-Pop-Werke sind bei Sammlern überaus begehrt.
Orlinski sagt: «Wilde Tiere inspirieren mich.» Seine Gorilla-Skulpturen «Wild Kong» und «Wild Kong Oil» sind weltbekannt. Er hat auch Löwen, Leoparden, Bären, Kobras, Dinosaurier, Krokodile oder Wölfe in seinem typischen Stil umgesetzt.
2018 hielt der Affe beim Frankreich-GP noch einen Pirelli-Reifen (weil das Mailänder Unternehmen Namensponsor des WM-Laufs war), 2021 hat die Fluggesellschaft Emirates übernommen, seither ist der Affe ohne Reifen.
Reifen oder nicht: Im Formel-1-Reglement ist verankert, dass die Auszeichnung für die ersten Drei eines Grand Prix «in Form eines traditionellen Pokals» ausgeführt sein muss. Eine Vase in Ungarn lassen wir uns da noch gefallen, weil dies traditioneller Handwerkskunst entspricht, und auch das geschnitzte Holzpferd, das früher beim Grossen Preis von Schweden vergeben wurde, war hübsch und authentisch.
Aber Stars wie Lewis Hamilton, Max Verstappen und Sebastian Vettel haben sich in den vergangenen Jahren über einige fragwürdige, äh, Pokale gewundert.
Red Bull Racing-Star Max Verstappen war 2021 von der Siegertrophäe bei seinem Heimrennen wenig beeindruckt: «Ich finde sie ein wenig hässlich. Aber ich bin für den Sieg hier, nicht für den Pokal.»
Die in Zusammenarbeit mit Formel-1-Sponsor Heineken erzeugte Trophäe war ein Werk des niederländischen Designers Piet Boon und sollte den Willen der Königsklasse zur Nachhaltigkeit unterstreichen – denn sie bestand ausschliesslich aus wiederverwerteten Materialien.
Gleichzeitig schlug sie eine Brücke zur Vergangenheit, weil ihre Form an jene Trophäe erinnerte, die 1939 nach dem ersten Rennen hier in Zandvoort verliehen worden war. Dritter Schwerpunkt: das Grün von Sponsor Heineken. Das Glas des oberen Teils bestand aus wiederverwerteten Heineken-Flaschen, eingeschmolzen und dann mundgeblasen in Leerdam, der Stadt des Glases. Der Sockel bestand aus Kunststoff: um genau zu sein, aus dem Plastik von alten Bierkisten. Und die Holzbox aus Abfall-Sperrholz. Der Name des Siegers wurde mit Sand eingraviert, als Knicks vor der Lage der Rennstrecke in den Dünen von Zandvoort.
Die Kritik von Verstappen erinnerte mich an vergleichbare Worte von Lewis Hamilton und Sebastian Vettel in den vergangenen Jahren.
Unvergessen Lewis Hamilton in Silverstone 2014: «Wann immer ich früher den britischen Grand Prix im Fernsehen sah oder mir alte Videos anguckte, dann sah ich den Sieger mit dieser fabelhaften goldenen Siegertrophäe. Auf die freute ich mich besonders, nachdem ich die Ziellinie gekreuzt hatte.»
Nur: Statt des ehrwürdigen Pokals erhielt Lewis vor acht Jahren zunächst ein Gebilde, das aussah, als sei es von einem Zehnjährigen zusammengebastelt worden. Mit Zutaten aus dem nächsten Baumarkt. Hamilton spottete: «Die Auszeichnung sah aus wie Plastik, als erstes fiel der Boden heraus, sie wirkte, als hätte sie einen Wert von ungefähr zehn Pfund.»
Bei diesen Worten muss es Lord Burns den Magen zusammengekrampft haben: Er war Vorstandschef der Bank Santander in Grossbritannien, seine Firma war Hauptsponsor des Silverstone-GP und damit verantwortlich für seltsame Trophäe. Auch die britischen Zeitungen schütten Hohn und Spott über das Gebilde, das wohl nur vom Designer richtig hübsch gefunden wurde.
Sebastian Vettel schlug in Sachen Siegerpokale ähnliche Töne an. «Als ich begonnen habe, die Formel 1 im Fernsehen zu verfolgen, da hatten ein paar Rennen ausnehmend prachtvolle Trophäen, was das Design oder Material betrifft. Das ist für mich Teil der Renntradition.»
«Es ist doch das Langweiligste, wenn wir einen Pokal von einem Titelsponsor bekommen. Das ist öde. Ich verstehe das nicht: Man sieht sowieso überall die Bandenwerbung, warum muss man darauf also noch einmal aufmerksam machen?»
Umso mehr freuten sich Hamilton und Vettel über den grandiosen Goldpokal von Silverstone. Seit dem ersten Grand Prix in Silverstone 1948 wird dem Sieger jeweils der so genannte Gold-Cup verliehen – eine Auszeichnung des Königlich Britischen Automobilklubs, «und ein Siegerpokal, wie er sein sollte», wie Lewis Hamilton betont.
Zwei Wachmänner begleiten den Pokal das ganze Wochenende über, von seiner Reise im edlen Klubhaus Pall Mall in London bis nach Silverstone, während der Siegeszeremonie – und dann wieder zurück nach Pall Mall, denn der Gold-Cup ist eine Trophäe, die ein Formel-1-Sieger nicht behalten darf. Sehr zum Bedauern der Grand-Prix-Stars.
Qualifying, Le Castellet
01. Charles Leclerc (MC), Ferrari, 1:30,872 min
02. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing, 1:31,176
03. Sergio Pérez (MEX), Red Bull Racing, 1:31,335
04. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, 1:31,765
05. Lando Norris (GB), McLaren, 1:32,032
06. George Russell (GB), Mercedes, 1:32,131
07. Fernando Alonso (E), Alpine, 1:32,552
08. Yuki Tsunoda (J), AlphaTauri, 1:32,780
09. Carlos Sainz (E), Ferrari, ohne Zeit
10. Kevin Magnussen (DK), Haas, ohne Zeit
11. Daniel Ricciardo (AUS), McLaren, 1:32,922
12. Esteban Ocon (F), Alpine, 1:33,048
13. Valtteri Bottas (FIN), Alfa Romeo, 1:33,052
14. Sebastian Vettel (D), Aston Martin, 1:33,276
15. Alexander Albon (T), Williams, 1:33,307
16. Pierre Gasly (F), AlphaTauri, 1:33,439
17. Lance Stroll (CDN), Aston Martin, 1:33,439
18. Guanyu Zhou (RC), Alfa Romeo, 1:33,674
19. Mick Schumacher (D), Haas, 1:33,701
20. Nicholas Latifi (CDN), Williams, 1:33,794