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Skandal beim Bikers Festival: War es Fahrlässigkeit?

Von Günther Wiesinger
Beim Bikers Festival geschah am 13. August in Spa-Franchorchamps ein tödlicher Unfall. Der Veranstalter machte gesundheitliche Probleme geltend. Augenzeuge Matthias Farwick sieht Fahrlässigkeit beim Veranstalter.

Matthias Farwick fungierte 1981 als Mechaniker für Weltmeister Jon Ekerold im Team SOLO-Solitude, einem Erzrivalen von Toni Mang. Heute nimmt der Deutsche an Motorrad-Classic-Events teil – mit einer Yamaha TZ750. Und er ärgert sich über die Vorkommnisse in Spa-Francorchamps (Belgien) vom 13. August 2023. «Dieses Datum wird als ganz schwarzer Tag für den klassischen Motorsport in die Geschichte eingehen», ist Farwick überzeugt.

Denn damals starb beim «Bikers Festival» in Spa ein 84-jähriger deutscher Teilnehmer, und Veranstalter DG Sport verlautbarte dann ein merkwürdiges Statement zu dem tragischen Unfall.

«Unsere erste Austragung wurde von einem unglücklichen Zwischenfall überschattet», schrieb Florian Jupsin von DG Sport. «Der 84-jährige Deutsche Günther Knuppertz, ein bekannter  Sammler von GP-Motorrädern, kollabierte beim Eintreffen auf dem Startplatz, wobei er mit anderen Teilnehmern zusammenstieß. Er ist leider verstorben, während zwei weitere Motorradfahrer verletzt wurden. Die ‘riding sessions’ am Sonntagnachmittag wurden danach abgesagt, um den Behörden Zeit für ihre Untersuchungen zu geben. DG Sport entbietet der Familie und den Verwandten von Günther Knuppertz unser herzliches Beileid. Dieser leidenschaftliche Motorradsport-Enthusiast war ein regelmäßiger Besucher unserer Events und besonders der ’Bikers Classics’; er hat nie eine Ausgabe verpasst. Er wird in unseren Gedanken weiterleben.»

Matthias Farwick bezeichnet diese Darstellung gegenüber SPEEDWEEK.com als «komplette Verdrehung der Tatsachen. Alle Insider, die an jenem Tag in Spa waren, wissen es besser», betont er. «Ich bin bei dieser Parade, es war natürlich kein Rennen, selbst mitgefahren mit meiner Yamaha TZ750. Ich habe meine Eindrücke von dem Geschehen zusammengefasst und an die Polizei bzw. Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Denn mir liegt viel daran, dass die Öffentlichkeit die wahren Hintergründe erfährt, und dass den Geschädigten, die vom Veranstalter grob fahrlässig in ihr Verderben geschickt wurden, Gerechtigkeit widerfährt.»

Inzwischen hat sogar die renommierte italienische Sporttageszeitung «La Gazetta dello Sport» das Thema aufgegriffen mit der Schlagzeile: «KONTROVERSE GEGEN DIE VERANSTALTER.»

Dabei versprach Promoter DG Sport vollmundig, man werde die beliebten «Bikers’ Classics» in eine neue Richtung lenken. Deshalb erschienen auch am 12./13. August 2023 zahlreiche Topfahrer aus der ganzen Welt in den Ardennen, um kostbare Rennmotorräder aus der Vergangenheit zu präsentieren. Das Grundprinzip blieb unverändert, man setzte auf Kontinuität. Während das Konzept der Bikers’ Classics die Besitzer und Liebhaber alter Rennmaschinen in den Mittelpunkt stellte und ihnen die Möglichkeit gab, zwei Tage lang auf der Rennstrecke von Spa-Francorchamps ihre Runden zu drehen, wurde dieses rollende Museum noch mehr ins Rampenlicht gerückt. Auch das Datum Mitte August war neu.

«Die Bikers’ Classics werden eine der Grundzutaten des neuen Bikers’ Festivals sein, einer ehrgeizigen Veranstaltung, die sich schnell als das große Fest der Motorräder von gestern und heute im Herzen des Sommers etablieren will», stellte Florian Jupsin im Namen von DG Sport fest. «Die Stammgäste der Bikers’ Classics können jedoch beruhigt sein, für sie wird sich nichts ändern, da die seit 2021 entwickelte Formel fortgesetzt wird, mit Track-Days mit Transponder, aber auch die prestigeträchtigen Paraden, Autogrammstunden usw. werden nicht fehlen. Denn DG Sport will die Beteiligung des Publikums steigern und die Leidenschaft zwischen den Generationen weitergeben.»

Folgenden Text hat Matthias Farwick an die ermittelnden Behörden in Belgien übermittelt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich war Teilnehmer der Parade, an der sich der tödliche Unfall in der Startphase ereignete. Ich möchte dazu eine Aussage machen, da ich selber die Umstände beobachten konnte und auch relativ leichte Verletzungen davongetragen habe. Ich gehe davon aus, dass Sie im Besitz aller Videoaufzeichnungen der Race Control sind. Wenn Sie diese auswerten, werden Sie auch einen Fahrer mit einem silber-blauen Motorrad erkennen, das an der Seite die Startnummer 21 trägt. Das bin ich, mein Name ist Matthias Farwick.

Wie Sie sehen, bin ich mit hoher Geschwindigkeit an den Startplatz gefahren und konnte nur mit einer Vollbremsung eine Kollision mit anderen Teilnehmern verhindern. Dabei bin ich während dieser Vollbremsung von hinten rechts von einem anderen Motorradfahrer getroffen worden, der eine weit höhere Geschwindigkeit als ich hatte. Daher rühren meine Verletzungen. Sie werden sich fragen, warum ich mit hoher Geschwindigkeit gefahren bin. Ich sage Ihnen dazu, dass ich der Überzeugung war, dass es in diesem Jahr keine Startaufstellung gibt zu einem simulierten Rennstart, wie das in den früheren Jahren der Fall war. Für mich war die Strecke freigegeben wie bei den Paraden am Samstag und am Sonntagmorgen.

Punkt 1:
Der Veranstalter Fa. DG Sport hat mit keinem Wort in irgendeiner Form schriftlich über die Planung eines simulierten Rennstarts mit eine Startaufstellung informiert.

Punkt 2:
Der Rennleiter, Mitarbeiter der Fa. DG Sport, hat am Samstagmorgen beim Briefing nicht darauf hingewiesen, dass es eine Startaufstellung geben wird. Zwar behauptet er, dass er dies im Briefing erklärt habe. Allerdings hat er in fünf Sprachen gesprochen: Französisch, Niederländisch, Englisch, Deutsch und Italienisch. Wenn er es gesagt hat, dann vielleicht am Ende seines Vortrags.
Aber am Ende sprach er nur Französisch und hat nichts auf Deutsch, auch nichts auf Niederländisch oder Englisch übersetzt. Dies können alle meine Freunde aus Deutschland und den Niederlanden bezeugen, die auch beim Briefing anwesend waren.

Punkt 3:
In den vergangenen Jahren wurde am Ende des Briefings jedem Fahrer ein Informationsblatt überreicht, auf dem ein Schema der Startaufstellung abgebildet war. Jeder Fahrer wurde mit seinem Namen und seiner Startnummer darüber informiert, wo seine Position in der Startaufstellung war. So ein Papier hatte es 2023 nicht gegeben.

Punkt 4:
Der Zeitplan 2023 sah für die Parade GP immer nur 20 Minuten vor, am Sonntag für die Abschlussparade von 14.20 bis 14.40 Uhr auch nur 20 Minuten.

2019 fand die letzte große Bikers' Classics statt. Für die Abschlussparaden am Sonntagnachmittag, die von 13.40 bis 14.10 Uhr und von 14.10 bis um 14.40 Uhr stattfanden, gab es 30 Minuten Zeit, somit zehn Minuten mehr Zeit für die Startaufstellung.
Ich war von 2010 in jedem Jahr Teilnehmer der GP Paraden, ich habe noch fast alle Programmhefte. Es gab in allen Jahren zuvor entsprechend mehr Zeit für eine Startaufstellung. Ich werte dies als Indiz, dass vom Veranstalter keine Startaufstellung für 2023 geplant war.

Punkt 5:
Beim Fahren auf die Strecke hätte mit einem Schild «Grid» auf eine Startaufstellung hingewiesen werden können. So ein Hinweisschild gab es nicht.

Punkt 6:
Über der Strecke vor der letzten Kurve «La Source» befindet sich eine große Traverse mit Leuchtschrift. Sie war ausgeschaltet. Dort hätte die Information «Grid» (= Startaufstellung) mitgeteilt werden können.

Aus diesen Gründen war ich fest der Überzeugung, dass es keine Startaufstellung geben würde.

Ich weiß, dass der tödlich verletzte Fahrer Günther Knuppertz ebenfalls der Überzeugung war, dass es keine Startaufstellung geben würde. Er hatte es zuvor seinem Freund Jan Claussen gesagt, dass er damit zufrieden sei, dass es keine Startaufstellung geben würde. Jan Claussen ist ebenfalls einer der verletzten Fahrer.
Mir liegt eine auf Facebook geschriebene Aussage eines Augenzeugen vor:

«Dieser Unfall passierte buchstäblich vor unseren Augen. Beim Sortieren der Startpositionen auf der Strecke standen einige Fahrer bereits still und warteten darauf, dass ihnen der genaue Platz zugewiesen wurde. Meiner persönlichen Meinung nach hat der betroffene Fahrer zu spät gesehen, dass es auf der Strecke stehende Fahrer gab. Die Parade wurde vorher von den Boxen aus gestartet und jetzt von der Strecke aus, vielleicht hatte der Typ das vergessen? Es sah so aus, als würde er von La Source aus voll beschleunigen, und als er die stehenden Motorräder sah, bremste er zu stark, so dass sein Vorderrad blockierte. Dadurch rutschte er nach links und nahm bei seinem Sturz ein anderes Bike mit. Beide Motorräder schleuderten dann gegen mehrere andere stehende Fahrer, mit den bekannten Folgen. Wie gesagt, dies ist meine persönliche Interpretation dessen, was wir gesehen haben.»

Sie erkennen jetzt vielleicht, warum der tödlich verletzte Fahrer Günther Knuppertz sich so verhalten hat. Ich kannte Günther Knuppertz sehr gut, er war ein sehr guter Freund. Sein Alter von 84 Jahren konnte man nicht erkennen, er war voller Vitalität und galt als sehr erfahrener und besonnener Fahrer. Die Gerüchte über etwaige gesundheitliche Problem sind absurd. Wegen der besonderen Gegebenheiten der Rennstrecke von Spa-Francorchamps kann ich noch einen weiteren Punkt betreffs des Verhaltens des Veranstalters anfügen.

Punkt 7:
Der Startfläche liegt sehr nah hinter einer Biegung der Strecke. Die Sicht auf die Startfläche öffnet sich erst sehr spät, in diesem Fall zu spät für die Betroffenen.

Wegen diesem hohen Gefahrenpotenzial ist die Startfläche für die sonstigen Rennen sowie die Formel 1 vor die Kurve «La Source» verlegt worden.

Aus diesem Grund hätte die Strecke dort mit mehr Streckenposten besetzt werden müssen.

Ich hoffe, ich kann hiermit zur Aufklärung des Vorfalls beitragen und stehe gerne für weitere Fragen zur Verfügung.

Ich sehe hier ein strafwürdiges Verhalten des Veranstalters DG Sport; ich sehe auch Fehler bei den Verantwortlichen der Streckensicherung.

All dies führte zu Beeinträchtigungen von Leib und Leben der Teilnehmer, mich eingeschlossen. Ich behalte mir daher auch rechtliche Schritte gegenüber dem Veranstalter vor.

Auch wenn es unterschriebene Haftungsverzichtserklärungen gibt, so sind diese bei einem grob fahrlässigen Verhalten des Veranstalters nicht abgedeckt.

Dieser Text ist von mir auf Deutsch verfasst, nur er hat Gültigkeit.
Die französische Version ist eine automatische Übersetzung und kann Ihnen nur als Hilfe dienen.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Farwick

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