Formel 1: FIA spricht Urteil

Interview mit Beifahrer Dr. Schünemann

Von Toni Hoffmann
Dr. Thomas Schünemann (vorne)

Dr. Thomas Schünemann (vorne)

Dr. Thomas Schünemann, Beifahrer von Matthias Kahle, zur Rallye 2013: «Eine Prüfung 1.000 Meter über der Zugspitze.»

In zwei Tagen hat das Warten ein Ende, dann fällt der Startschuss zur 35. Rallye Dakar. Dr. Thomas M. Schünemann ist als Navigator des HS RallyeTeams bereits zum siebten Mal bei der härtesten Rallye der Welt am Start. Im Interview spricht der Wahl-Hamburger über das Fahren mit und ohne Allradantrieb und erklärt, vor welcher Prüfung er besonders grossen Respekt hat. 

 

Thomas, nach sechs Buggy-Jahren nehmt ihr die Rallye Dakar zum ersten Mal in einem Prototypen in Angriff. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Dr. Thomas M. Schünemann (TS): «Allein bei der Rallye Dakar haben wir im Buggy zwei Mal unsere Klasse gewonnen, da war es einfach an der Zeit für eine neue Herausforderung. Und der Wechsel in einen Prototyp war für uns der nächste logische Schritt, um uns weiter zu verbessern. Wir mischen jetzt zum ersten Mal im Konzert der ganz Grossen mit und sind schon sehr gespannt, wie wir uns im Duell mit den anderen Prototypen schlagen werden. Als werksunabhängiges Team können wir natürlich nicht auf so grosse Ressourcen zurückgreifen wie manch anderer, aber wir werden das Beste aus unseren Möglichkeiten machen.»

 

Wie schwierig ist die Umstellung von einem Buggy auf einen Prototyp?

TS: «Wegen des kürzeren Federwegs müssen wir im SAM bei Bodenwellen etwas mehr aufpassen, andererseits können wir auf den Traktionsvorteil des Allradantriebs bauen, wenn wir beispielsweise eine Düne erklimmen. Da gewinnt man Zeit, wenn man durch den gewaltigen Vortrieb einfach gerade hochfahren kann, während wir mit dem Buggy manchmal nochmal Schwung holen mussten. Wir haben den SAM 30D CC ja schon bei der Silk Way Rallye eingesetzt und dort wertvolle Erfahrungen gesammelt. Die Herausforderung Allradantrieb ist also nicht mehr ganz neu, trotzdem befinden wir uns noch in der Lernphase.»

 

Mit welchen Ambitionen rollt ihr am Samstag über die Startrampe in Lima?

TS: «Unsere Zielsetzung ist klar: Wir wollen die Top Ten erreichen, auch wenn wir wissen, dass die Konkurrenz stärker ist als in den vergangenen Jahren. Seit unserer ersten Dakar-Teilnahme im Jahr 2006 waren die vorderen Positionen noch nie so hart umkämpft. Diesmal sind wirklich alle Top-Fahrer der vergangenen Jahre vor Ort und alle sitzen in sehr guten Fahrzeugen. Nichtsdestotrotz wissen wir von unseren Stärken: Wir sind ein eingespieltes Team, leisten uns nur sehr wenige Fehler und gehen die Rallye mit der nötigen Besonnenheit an. Wenn wir dann noch das nötige Quäntchen Glück haben, dann werden wir als eines der zehn besten Teams in Santiago einlaufen.»

 

Welche Etappe ist auf dem Weg von Lima nach Santiago in Deinen Augen die schwierigste?

TS: «Die Dakar ist so vielseitig, dass es normalerweise sehr schwer ist, eine Etappe gesondert hervorzuheben. Dieses Jahr sehe ich das aber etwas anders. Die härteste Speziale wird vermutlich der sechste Tag von Calama nach Salta. Die Prüfung findet in Höhenlagen von bis zu 4.000 Metern statt. Das heisst: Wir fahren durch ein Gebiet, das wenige hundert Meter unterhalb der Spitze des Monte Blanc beziehungsweise 1.000 Meter oberhalb des Gipfels der Zugspitze liegt. In diesen Höhenlagen ist die Luft sehr, sehr dünn und die Belastung für uns Fahrer und die Motoren extrem. Da man solche Bedingungen im Vorwege nicht trainieren kann, ist diese Prüfung für uns die grosse Unbekannte. Aber wir wissen auch: Bei einer Dakar gibt es keine einfachen Tage, man muss auf jeder Prüfung vom Start bis ins Ziel hochkonzentriert sein, um keine Fehler zu begehen. Nur so schafft man es, die härteste Rallye der Welt zu bezwingen.»

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