Dakar: KTM musste zittern – auch wegen Husqvarna
Der zweifache Motocross-Weltmeister Heinz Kinigadner (56) hat an der Dakar-Rallye selber sieben Mal im Motorradsattel teilgenommen, damals noch in Afrika, aber dieses Abenteuer in der Wüste nie beendet.
Deshalb freut sich der Zillertaler jetzt doppelt über den zweiten Gesamtrang seines Salzburger Schützlings und Red Bull KTM-Helden Matthias Walkner (30), der mit dem fünffachen Ski-Weltcup-Gesamtsieger Marcel Hirscher eng befreundet ist und mit dem Superstar im Frühjahr und Sommer regelmässig Motocross trainiert. Es war Walkners erste Zielankunft bei der Dalar-Rallye.
SPEDWEEK.com hat sich mit dem Tiroler über die starke Konkurenz von Honda und Yamaha unterhalten. Übrigens: Honda bezeichnete sich im ersten Press Release als «moralischer Sieger» der Rallye Dakar.
Heinz, wieder ein Dreifach-Erfolg für KTM bei der Dakar-Rallye. Doch in der Anfangsphase musste KTM zittern. Honda hat mit seinen Stars wie Barreda, Concalves, Metge und Brabec ordentlich losgelegt. War für KTM irgendwann mal richtig Feuer am Dach?
Eine gemähte Wiese ist das absolut nicht gewesen. Denn nach dem frühen Oberschenkelbruch von Toby Price war die ganze Meute dahinter fahrerisch ungefähr auf demselben Level.
Von Barreda wissen wir, dass er super schnell ist und die Honda gut geht. Aber Barreda ist anfällig für Crashes und für das Verirren. Ausserdem ist Honda teammässig noch nicht so gut beisammen und so routiniert wie KTM.
Fahrerisch sind auch Concalves, Brabec und Metge super unterwegs gewesen.
Aber bei KTM macht sicher das Team mit dem neuen Rallye Sport Manager Jordi Viladoms, der mit Marc Coma drei Dakar-Rallyes gewonnen hat, als sein Rucksackfahrer, einen sehr guten Job. Jordi ist der persönliche Fahrerbetreuer.
Dazu haben wir KTM Rallye Team Manager Alex Doringer als Gesamtchef für den Rallye-Sport und Stefan Huber, der seit 16 Jahren bei der Dakar dabei ist und als Technik-Verantwortlicher keine Komponenten in die 450-ccm-Motorräder einbaut, die nicht wirklich ausreichend überprüft und 100-prozentig ausgereift sind.
Stefan Huber ist ein Zillertaler, das möchte ich dazu sagen! Er ist noch von Hans Trunkenpolz ausgebildet worden; er ist ein sehr verlässlicher Bursche.
Man darf nicht vergessen, dass wir mit den 450-ccm-Einzylinder-KTM jetzt wieder Spitzengeschwindigkeiten von 175 km/h fahren. Das haben wir damals mit der 720er mit Ach und Krach erreicht...
KTM war bei der Einführung des 450er-Hubraumlimits nicht begeistert. Aber die Siegesserie ging trotzdem weiter.
Ja, und wir fahren die ganze Rallye jetzt mit einem Motor durch. In den ersten 450-ccm-Jahren haben wir einen Motorwechsel pro Fahrer gemacht, manchmal sogar zwei. Das hat früher keine Strafzeit gekostet, das war mehr oder weniger eine Notwendigkeit, wenn du die Rallye gewinnen wolltest. Du hast durch die Motorwechsel das Risiko eines Ausfalls verringert...
Erst 2016 ist das neue Reglement gekommen, wonach der erste Motorwechsel 15 Minuten Strafzeit kostet, der zweite 30, der dritte sogar 60, glaube ich. In diesem Jahr hat niemand mehr Motoren gewechselt.
Aber KTM musste 2017 mehrmals um die Gesamtführung bangen?
Absolut, ja. Das Schöne war: Das erste Zittern war noch einigermassen erträglich, weil Quintanilla mit der Husqvarna bis Mittwochabend an zweiter Stelle gelegen ist.
Wir dachten: Wenn unsere Serie zu Ende geht, dann wäre es am Feinsten und Schönsten, wenn sie von unserer Zweitmarke Husqvarna beendet wird...
Aber die Dakar ist natürlich kein Wunschkonzert, irgendwann wird diese Serie abreissen. Irgendwann wird es passieren...
In der Gesamtwertung war am Schluss Yamaha sogar gefährlicher für KTM als Honda.
Ja, van Beveren hat das echt clever gemacht. Walkner hat am Anfang mal gesagt, van Beveren macht uns keine Probleme, weil er immer mit dem Haufen mitfährt. Aber er ist alleweil mit dem richtigen Haufen mitgefahren, hat nie viel Zeit verloren, er lag lange an dritter Stelle der Gesamtwertung, am Freitag nur vier Minuten hinter Walkner. Aber er hat dann eine Strafminute gekriegt, damit hat er den dritten Platz knapp verloren.
Yamaha hat inzwischen auch ein gutes Gerät. Wir dürfen uns nicht in Sicherheit wiegen.
Aber wir profitieren wirklich von unserer Erfahrung und unserem Team, mit dem «map man», den wir dabei haben. Bei uns weiß jeder, was zu tun ist, die Logistik klappt ausgezeichnet, die Fahrer wissen genau, wann sie etwas relaxen sollen.
Aber der Erfahrungsvorsprung wird im Laufe der Zeit geringer. Honda war jetzt zum fünften Mal dabei...
Zwei Etappen sind verkürzt worden, zwei wurden komplett abgesagt. Dadurch hatten die Gegner weniger Gelegenheit, die verlorene Zeit wettzumachen. KTM hatte also auch das Glück des Tüchtigen?
Das kann man auf jeden Fall so sehen. Ich habe in der zweiten Dakar-Hälfte immer Barreda auf der Honda als unseren grössten Gegner gesehen. Tatsächlich hat er am vorletzten Tag den vierten Etappensieg geschafft.
In meinem Kalkül habe ich auch eingerechnet, dass die Honda-Jungs dank Benavides, der aus Salta kommt und sich vor drei Wochen die Hand gebrochen hat, in dieser Gegend sehr viel trainiert haben. Es wäre ja unlogisch, wenn sie das nicht getan hätten. Der Vater von Benavides ist übrigens KTM-Händler in Salta.
Ich will nicht behaupten, die Honda-Fahrer hätten die Strecke am Schluss gekannt, aber sie waren mit der Gegend vertraut, durch die gefahren wurde. So wie Barreda in den zwei Tagen zur Grenze hinauf gefahren ist und durch die Art und Weise, wie er die Gegner an den letzten zwei Tagen als Führender der Etappe beherrscht hat, das zeugt trotz aller seiner Fahrkünste auch von seinen Ortskenntnissen. Er kannte die meisten Hügel und Berge und wusste, wann mit Sand zu rechnen ist.
Ich wusste, dass er unser stärkster Gegner wird.
Wie die Rallye ausgeschaut hätte, wenn nichts abgesagt worden wäre, wie viel Barreda dann von seinen 60 Strafminuten aufgeholt hätte, das lässt sich schwer einschätzen. Gleichzeitig weiß ich nicht, wie viel Sam Sunderland und «Hiasi» Walkner noch zulegen hätten können.
Der Sam hat als Gesamtführender die Rallye kontrolliert und nicht mehr probiert, irgendwo noch eine Etappe zu gewinnen. Er ist kein Risiko mehr eingegangen, er ist einfach mit dem Feld mitgerollt.
Klar, die Honda-Fahrer haben 60 Strafminuten bekommen.
Aber die Einhaltung des Reglements, das gehört halt auch dazu zum Gewinnen.