Formel 1: FIA spricht Urteil

Wickens: «Die Formel 1 kann mir gestohlen bleiben»

Von Otto Zuber
Robert Wickens

Robert Wickens

Im vierten und letzten Interview-Teil spricht Robert Wickens über die Aufgabe seines Traums, seine Entscheidungen und seinen Wechsel in die DTM.
Rob, du hast 2011 zum ersten Mal eine Meisterschaft in Europa gewonnen. Hast du dich danach erneut am Scheideweg befunden? 

Ganz genau. Mein Herz schlug für die Formel 1. Ich war damals Reservepilot bei Marussia Virgin Racing und durfte in Abu Dhabi ein Freitagstraining bestreiten. Ich stellte mich gut an und war nur ein Zehntel hinter Timo Glock, der damals dort Stammfahrer war. Ich fuhr den Young Driver Test und alles lief gut, viele andere Teams äußerten Interesse an mir. Alles lief toll, aber dann brauchte jeder Geld. Also alles wieder auf Anfang: Wie sollte ich dieses Geld auftreiben? Wir verhandelten für die Saison 2012 mit Marussia Virgin Racing. Sie sagten mir, dass ich eine bestimmte Summe Geld auftreiben musste. Das schafften wir und damit war meine Seite erfüllt. Dann kam aber ein Fahrer mit viel mehr Geld und sie sagten: "Sorry, wir nehmen ihn, außer du treibst in den nächsten zwei Wochen so und so viel Geld auf." Das war unmöglich für mich. 

Was hast du stattdessen gemacht? 

Nach dem Young Driver Test war auch Toto Wolff, der damals Teilhaber von Williams und HWA war, auf mich zugekommen und hatte mich gefragt, ob ich Interesse an einem DTM-Test hätte. Ich sagte natürlich ja. Er arrangierte für mich Ende 2011 einen Test und ich liebte das Auto auf Anhieb. Es hat richtig Spaß gemacht, mit dem Team zu arbeiten. Aber ich war mir noch nicht sicher, ob ich die Formel 1 wirklich schon aufgeben wollte. Ich verhandelte die ganze Zeit weiter mit Marussia und als sich das zerschlagen hat, sagte ich mir: "Okay, die Formel 1 kann mir gestohlen bleiben." Und ganz ehrlich, ich glaube, das war die beste Entscheidung, die ich jemals getroffen habe. 

Du trauerst der Formel 1 also nicht hinterher? 

Im Nachhinein lässt sich sagen, dass ich großes Glück hatte. Ich bereue nichts in meinem Leben ... noch nicht. Das ist das Wichtigste. Ich war immer wieder in diesen Scheideweg-Situationen, diesen Momenten, in denen ich entscheiden musste, welchen Weg ich gehen würde. Ich habe mich dabei immer auf mein Bauchgefühl verlassen und meine Eltern unterstützten mich dabei. Auch bei meinem Wechsel in die DTM vertraute ich auf dieses Bauchgefühl. Das war wahrscheinlich das Schwierigste, was ich jemals machen musste. Denn solange ich mich zurückerinnern kann, war es mein Traum, in der Formel 1 zu fahren. Ich hatte gerade meinen Fuß in der Tür und war so nah dran. Ich glaubte immer noch daran, dass ich es schaffen konnte. Aber ich wusste auch, dass die DTM ein einmaliges Angebot war. 

Wie sah dein Entscheidungsfindungsprozess damals aus? 

Ich musste die Vor- und Nachteile abwägen, es war eine schwierige Entscheidung. Mercedes erwartete eine Antwort von mir. Also entschied ich einfach: Okay, ich bin fertig mit der Formel 1 und damit, mich mit Geld herumzuschlagen und allem, was dazu gehört. Denn Fakt war, dass Mercedes mich haben wollte, die anderen wollten nur mein Geld haben. Deshalb entschied ich mich für die DTM und bereue es nicht im Geringsten. Denn wo wäre ich jetzt in der Formel 1? Ich würde jedes Jahr ums Überleben kämpfen, um aus einem kleinen Team in ein besseres aufzusteigen. Klar, du weißt nie was passiert wäre. Aber die Tatsache, dass ich hierhergekommen bin und mich in der DTM behaupten kann, spricht für sich selbst. Es war eine schwierige Entscheidung, aber ich bin sehr glücklich damit, wie es ausgegangen ist. 

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