Die Fehler häufen sich: Mercedes spürt den Druck
Paul di Resta und Gary Paffett
Gary Paffett muss grinsen, als die Frage kommt. Es ist ein bittersüßes Grinsen. Die Boxenstopps. Das leidige Thema, die Mercedes-Achillesferse. Mal wieder hat es gehakt, einmal mehr bei ihm. Rund zwei Sekunden verlor er bei seinem Pflichtstopp bei der reinen Standzeit. Ja, der Brite hat als Polesetter das Rennen nicht an der Box verloren, dafür war Audi um Seriensieger Rene Rast im 18. Saisonrennen unter dem Strich zu stark unterwegs.
Das ganze Szenario ist aber ein guter Indikator für die Gefühlslage bei Mercedes: Die Stuttgarter spüren den Druck, den der Titelverteidiger mit seinem vierten Sieg in Folge ausübt. Sie spüren den Atem des Verfolgers: 30 Punkte Rückstand sind es nur noch auf Spitzenreiter Paul di Resta, auf den Zweiten Paffett sind es 26 Zähler. Und die Mercedes-Fehler häuften sich in Spielberg. Plus: Das Glück spielt im Moment Audi in die Karten.
Paffett kennt das Gefühl bereits, wenn es beim Stopp mal länger dauert, es hat ihn schon einige Punkte gekostet. Denn die fehlerhaften oder zu langsamen Stopps ziehen sich bereits durch die ganze Saison. Es wurde zuletzt immerhin etwas besser, gut ist es deshalb aber noch lange nicht. Trotz intensiven Übens und Umstellungen innerhalb der Teams. Als Fahrer nimmt Paffett seine Mannschaft nach außen hin in Schutz.
«Die Jungs arbeiten und trainieren viel. Natürlich ist es hart. Aber: Selbst mit einem Wunder-Stopp hätten wir nicht gegen Audi kämpfen können.» Bitter: Am Samstag, als Paffett als Letzter aussichtslos zurücklag, legte seine Crew den viertbesten Stopp des Tages hin. Rational zu erklären ist das nicht.
«Das ist völlig frustrierend», sagte Mercedes-Teamchef Ulrich Fritz SPEEDWEEK.com. «Wir sind bei den Stopps zu unsicher und zu langsam. Wir müssen uns in den nächsten drei Wochen etwas einfallen lassen, um da deutlich besser zu werden.»
Besser läuft es bei der Crew für di Resta und Daniel Juncadella, die sich kaum Fehler leisten. Wäre eine Zusammenlegung der beiden Titelkandidaten eine Option? Fritz: «Theoretisch ja. Aber wir kämpfen inzwischen gegen Rast, der immer mehr aufschließt. Und man sollte sich alle strategischen Möglichkeiten offenhalten. Wenn du mit beiden Titelkandidaten in einem Bereich stoppst, nimmst du dir die Flexibilität.» Heißt bis zum Finale in Hockenheim (12. bis 14. Oktober) also: Üben, üben, üben.
Immerhin: Mit dem Hersteller- und dem Teamtitel hat Mercedes bereits zwei Pokale im Sack. Es darf und soll zum Abschied aus der DTM aber auch die ganz große Trophäe sein, der Fahrertitel. Die Sorgenfalten werden beim Teamchef aber größer, weil es die Fehlerrate auch wird. Beispiel Samstag: Da warf Juncadella den sicheren Sieg weg, weil er beim Indy-Restart die Linien für den Restart verwechselte, zu früh Gas gab und den Dreifachsieg für Audi so erst ermöglichte.
Fritz: «Die Performance von Audi und Rene ist für uns bedenklich. Und bedenklich ist auch unsere eigene Fehlerquote. Da müssen wir um Welten besser werden. Wir waren als Team einfach nicht gut genug.»
Der Rast-Vorteil für das Finale: Der 31-Jährige kann den Titel gewinnen, Mercedes nur verlieren. «Rene hat weniger zu verlieren, er kann mehr Risiko gehen. Das tut er und davon profitiert er. Wir müssen uns für Hockenheim eine clevere Strategie ausdenken.» Eine, die dann am besten auch funktioniert.