Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Nach Audi-Beben: Sorge um Motorsport-Nachwuchs

Von Andreas Reiners
Bereits die Formel 4 ist teuer

Bereits die Formel 4 ist teuer

Die Folgen des Audi-Ausstiegs und die der Coronakrise sind für den Motorsport noch nicht absehbar. Wer leiden dürfte, ist definitiv auch der deutsche Nachwuchs.

Timo Scheider kennt die Preise. Die Herausforderungen, Probleme, die das mit sich bringt. Er war mit seinem Team 2015 und 2016 in der Formel 4 unterwegs. Die tiefste Nachwuchsklasse im deutschen Formelsport, als Start in die Formel-Karriere. Günstig ist es deshalb trotzdem nicht.

Schon damals war es das nicht. Anfangs war man mit 150.000 Euro dabei, am Ende wurden Budgets jenseits der 500.000 Euro aufgerufen, «weil die Teams noch eine andere Meisterschaft gefahren sind und noch Testtage oben draufgelegt haben. ‚Wie pervers ist diese Welt?‘, habe ich mich gefragt», sagte Scheider bei SPEEDWEEK.com.

In der Tat geht im Nachwuchs nichts über Fahrzeit, über Erfahrung, Testtage. Sind diese nicht beschränkt, kann das schnell ausufern. Teams finanzieren sich auch über das Budget der Fahrer, die sich aufgrund der hohen Kosten eine Saison aber nicht mehr leisten können.

Und das ganz unabhängig vom vorhandenen Talent. Heißt: Qualität muss sich auf dem Niveau nicht unbedingt durchsetzen. Das war schon vor Corona ein Problem, das nun nochmals verschärft wird.

Die Folgen sind fatal: «Der deutsche Nachwuchs fehlt im Moment völlig, weil ihn sich keiner mehr leisten kann. Wir haben von der Basis her fast keinen leistbaren und realisierbaren Motorsport mehr», so Scheider. An der Spitze kämpft Mick Schumacher in der Formel 2 um einen Platz in der Formel 1, dahinter wird es in der Tat dünn.

Die perverse Situation habe er damals schon angemerkt, «dass es nicht sein kann, dass man 250.000 Euro investieren muss, um halbwegs mithalten zu können, und als Antwort habe ich bekommen: ‚Wenn du dir das nicht leisten kannst, kannst du dir die Formel 3 eh nicht leisten.‘ Wenn das die Herangehensweise ist, wie wir Motorsport groß machen wollen, ist das falsch.»

Gewisse Dinge wird man auch durch die Coronakrise nicht ändern können, weiß Scheider. «Wir werden uns am Geld orientieren müssen, das wird bleiben. Es wird immer Menschen geben, die mehr Geld haben, und die werden das dann auch investieren und dadurch einen Vorteil haben. Das ist die Problematik im Sport, wenn das Reglement das auch zulässt. Eine greifbare Lösung gibt es im Moment nicht», sagte Scheider.

Klar ist: Sollten bei der DTM durch den Audi-Ausstieg die Lichter ausgehen, wäre das ein fataler Schlag, denn die Plattform fällt als Ziel, als Fixpunkt für viele Fahrer von jetzt auf gleich weg.

Und: Durch die Coronakrise und die wirtschaftlichen Folgen ist nicht absehbar, wie Karrieren noch finanziert und gefördert werden sollen.

«Ich denke, dass es noch schwieriger wird, weil es komplizierter wird, Partner und Sponsoren zu finden», sagte Timo Glock SPEEDWEEK.com: «Die müssen schauen, dass sie in und nach der Krise selbst über die Runden kommen. Das wird im ganzen Sport zu Einschnitten führen, weil sich viele Partner auch zurückziehen müssen.»

Auch der frühere DMSB-Präsident Hans-Joachim Stuck macht sich Sorgen um den Nachwuchs. «Wie geht es weiter? Ist noch Geld da? Man weiß, was Saisons in den Formelserien kosten. Da ist die Frage, wo das Geld künftig herkommt. Die Nachwuchsfrage ist eine sehr schwierige. Man muss schauen, wie die Wirtschaft wieder angekurbelt wird, was Sponsoren machen. Das wird eine Herausforderung», sagte Stuck.

Wichtig ist, dass man oben anfängt, Kosten zu sparen. «Wenn man in der Formel 1 eine vernünftige Kostendeckelung anleiert, dann geht das herunter auf andere Klassen. Man kann in den unteren Serien selbst sicherlich auch sparen. Man sollte auch da anfangen, über Lösungen nachzudenken», so der 69-Jährige.

«Es wird zudem darüber nachgedacht werden müssen, wie man diese Unzahl an Serien in vernünftiger Art reduziert. Das wäre ein guter Zeitpunkt, Diskussionen zu führen, über den Weltverband FIA, und über die Landes-Motorsportverbände, um ein vernünftiges Programm auf die Beine zu stellen.»


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