DTM-Chef Berger: «Sonst droht uns ein Desaster»
Gerhard Berger
Gerhard Berger ist nicht nur DTM-Chef, sondern auch Unternehmer. Drei Firmen hat er, gut 500 Menschen arbeiten für ihn. Für die hat er in der Coronakrise natürlich auch eine Verantwortung. Und ein Blick in die Zukunft ist beunruhigend.
«Mir bereitet es Riesensorgen, wie das Thema wirtschaftlich ausgehen wird, denn was die Gesundheit anbelangt, scheinen wir ja zunächst alles Nötige veranlasst zu haben», sagte der Österreicher der Tiroler Tageszeitung: «Eine weitere große Sorge für mich sind etwa Meldungen, dass kein Unternehmen finanziellen Schaden fürchten müsse, weil die Regierung mit Maßnahmenpaketen vieles abfedern könne. Das stimmt so einfach nicht.»
Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte in Österreich sehr früh strenge Maßnahmen eingeführt, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Langsam werden Dinge wie Ausgangsbeschränkungen wieder gelockert. Doch auch Österreich muss schauen, wie die Wirtschaft angekurbelt, wie Unternehmen aus der Krise geholfen wird. Wie in Deutschland auch soll viel über unkompliziert zugängliche Kredite abgefedert werden.
«Über zusätzliche Kredite werden viele Unternehmer einfach keine Chance haben, so etwas wirtschaftlich zu überleben», so Berger: «Versetzen wir uns in die Lage eines Hoteliers: Das Bett, das er jetzt in der Frühjahrs-Saison nicht verkaufen konnte, kann er doch nicht im Herbst doppelt belegen! Und selbst wenn er im Herbst endlich das Bett verkauft hat, muss er trotzdem noch einen zusätzlichen Kredit stemmen», so der frühere Formel-1-Star.
«Interessant» findet er in dem Zusammenhang, dass in Deutschland die Mehrwertsteuer gesenkt werden soll, um den Konsum bei weiteren Lockerungen anzukurbeln. «In Österreich gehen die Überlegungen in Richtung Erhöhung der Vermögens- und Erbschaftsteuer. Das finde ich falsch und kurzfristig gedacht.»
Für ihn überwiege in der Krise das, was in einer echten Ausnahme-situation alles richtig gemacht wurde, so Berger: «An dieser Stelle darf man nicht vergessen, welche unglaublichen Leistungen manche Leute erbracht haben – die Ärzte in den Intensivstationen, die vielen Kranken- und Altenpfleger. Denen gebührt erstmal Dank. Das gilt nicht zuletzt für unsere Lkw-Fahrer, die für Getränke und Lebensmittel zur Grundversorgung zwölf Stunden im Stau gestanden sind, die Leute in den Läden und für Disponenten in Unternehmen, die alles organisieren mussten», so Berger.
Er findet, dass es grundsätzlich gilt, nach vorne zu schauen, «der Blick zurück rettet uns nicht.» Die Formel 1 schaut nach vorne, Österreich beziehungsweise Spielberg sollen Gastgeber des Saisonauftakts Anfang Juli sein, zwei Rennen am 5. und 12. Juli sind geplant. Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko ist optimistisch, dass man die Auflagen und Vorschriften erfüllen kann.
Zu einer Rückkehr in die Normalität gehört für Berger auch der Sport. Nicht in erster Linie, aber zu einem gewissen Teil, «denn der Sport kann ein Stück Normalität zurück in die Wohnzimmer bringen. Und wenn Unternehmen wie Red Bull dahinterstehen, die weltweit und auch außerhalb des Sports tätig sind, wenn die Regierung grünes Licht gibt, wenn sich die Formel-1-Führung an die Vorschriften hält, dann halte ich Rennen in Österreich auch für durchführbar», betonte er. Dass man imstande sei, harte Maßnahmen zu setzen, habe man in den vergangenen Wochen gezeigt, so Berger: «International schaut man auch deshalb auf uns, weil uns das gelungen ist.»
Es geht aber nicht nur um Unterhaltung, um Ablenkung. «Wir müssen in jeder Hinsicht schauen, dass wir irgendwann in die Gänge kommen, sonst droht uns ein Desaster, die Arbeitslosigkeit steigt schon jetzt.»
Auch seine DTM ist natürlich von der Coronakrise getroffen. «Wir erleben einen kompletten Nullstand, die Kosten laufen, der wirtschaftliche Gegenwind ist groß», so Berger. Aktuell soll die Saison Mitte Juli auf dem Norisring starten.
Ob die DTM wie die Formel 1 auf Geisterrennen setzt, ist aufgrund des unterschiedlichen Geschäftsmodells noch offen. Aber: «Durch die mögliche Formel 1 in Österreich könnte sich das Rad zu drehen beginnen», hofft Berger.