DTM Norisring: Ein Skandal ist fast schon garantiert
2021 rammte Kelvin van der Linde seinen Konkurrenten von der Strecke
Wenn die DTM an den Norisring zurückkehrt, ist klar: Langweilig wird es nicht, denn der Stadtkurs ist für alles gut, was Motorsport ausmacht. Die Rennen sind in der Regel packend und spannend. Aber auch sonst hat der Stadtkurs etwas Besonderes zu bieten: eine hohe Skandal-Wahrscheinlichkeit und einen Hang zu kuriosen Strafen.
Der letzte Eklat liegt noch gar nicht lange zurück. Das Finale 2021 bot einen packenden Titelkampf, der auf sehr umstrittene Art und Weise zu Ende ging. Erst wurde Tabellenführer Liam Lawson von Verfolger Kelvin van der Linde nach dem Start des finalen Rennens abgeschossen.
Mit seinem waidwunden Ferrari musste Lawson mit ansehen, wie die Mercedes-Teamkollegen dem lachenden Dritten Maximilian Götz den Weg freimachten und ihn förmlich zum Sieg und damit zum Titel trugen. Die DTM-Fanseele kochte, DTM-Chef Gerhard Berger hatte im Anschluss schlaflose Nächte und füchtete, dass seine Serie einen Schaden davontragen werde. Das Ergebnis: Teamorder wird seit dieser Saison hart bestraft.
Nicht ohne feuerfeste Overalls
Teammitglieder müssen seit den Vorkommnissen in der Boxengasse bei den Rennen in Budapest in der Saison 2017 feuerfeste Overalls tragen. In Nürnberg hatten sich 2018 noch nicht alle an die neuen Regeln gewöhnt.
«Christian Vietoris ist ungefähr 30 Zentimeter vor der Box gestanden ohne feuerfeste Kleidung», verriet der damalige Mercedes-Teamchef Ulrich Fritz den Grund, warum das Team von Gary Paffett 2000 Euro Strafe zahlen musste. Vietoris war 2018 Ersatzfahrer der Stuttgarter. Die Geldstrafe für Vietoris war 2018 nicht die einzige Geldstrafe am Norisring. Und auch bei einer anderen ging es kurios zu.
Lärmschutz:
Bruno Spengler wurde 2018 von den Sportkommissaren zu einer Geldstrafe verdonnert, die es in sich hatte: Wegen Missachtung der Motorenruhe zwischen 20:30 und 07:00 Uhr musste Spengler 10.000 Euro zahlen.
«Das Team hat dabei gegen Lärmschutzbestimmungen in der Ausschreibung des Veranstalters (Punkt 15.4) verstoßen sowie Anweisungen von Sportwarten missachtet (Art. 12.1.1 ISG)», hieß es in der Begründung. Spengler war zwar der Adressat der Geldstrafe, zahlen musste der Kanadier sie aber nicht.
Ein Herz für Kinder
Vietoris platzte am Norisring 2016 der Kragen. «Er ist das allergrößte Arschloch, das ist unglaublich. Er macht im Fahrerlager den Sunnyboy und reißt dann die Fresse auf. Er soll bleiben wo er ist, ich will ihn gar nicht sehen», hatte Vietoris gegen Mattias Ekström gewettert, der ihn und seinen Teamkollegen Robert Wickens abgeschossen hatte.
Vietoris ergriff die Gelegenheit beim Schopfe. 3000 Euro für ein «allergrößtes Arschloch», für eine deftige Beleidigung seines Konkurrenten Ekström, der ihm zuvor im Rambo-Stil ins Auto gefahren war?
Kein Problem, dachte sich der Mercedes-Pilot und legte nochmal die gleiche Summe für die Aktion «Ein Herz für Kinder» obendrauf. «Das war für die Kinder einfach das falsche Wort. Ich stehe nach wie vor zu der Aussage, akzeptiere aber die Strafe», sagte Vietoris. Trotzdem: So richtig nachvollziehen konnte die Strafe kaum jemand im Fahrerlager, wo sie heftig diskutiert wurde.
Massen-Disqualifikation:
Das «Arschloch» von Vietoris war nicht die einzige kuriose Strafe am Norisring 2016. Nach dem zweiten Rennen wurden gleich fünf Fahrer von der Wertung des Rennens ausgeschlossen: Gary Paffett, Daniel Juncadella (beide Mercedes), Antonio Felix da Costa (BMW) sowie die Audi-Piloten Mike Rockenfeller und Adrien Tambay.
Die Fahrer waren nicht oder zu spät zum obligatorischen Wiegen erschienen. Das Quintett dürfte das wenig bis gar nicht gekratzt haben, gehörte es doch zu den acht Piloten, die sowieso ausgefallen waren.
Offenbar hatten Paffett und Co. schlicht keine Lust mehr, sich auf die Waage zu stellen, denn der Weg zum Wiegen ist recht weit auf dem Norisring. Mit den Strafen wollte der DMSB ein Zeichen setzen und den betreffenden Fahrern einen Denkzettel verpassen.
Wasserflasche:
Der Watergate-Skandal 2013 war nicht nur einer der größten in der DTM, er hatte auch kuriose Strafen zur Folge. Da der Vater von Mattias Ekström eine Wasserflasche in der Hose seines Sohnes entleerte, wurde der zweimalige Meister wegen eines Verstoßes gegen die Parc-fermé-Regeln von der Wertung ausgeschlossen. In der anschließenden Berufungsverhandlung entschied der DMSB: Niemand rückt auf, es gibt am Norisring gar keinen Sieger.
Ausstieg:
Paukenschlag vor 30 Jahren in der traditionsreichen DTM: Audi zog nach einem Urteil des Sportgerichts seine Rennwagen aus der Tourenwagenserie zurück, Knall auf Fall.
Es war Freitag, der 26. Juni 1992 – im Fahrerlager am Norisring gab es nur ein Thema: Tage zuvor hatte das Sportgericht der ONS (heute DMSB) die im Audi V8 Quattro verbaute Kurbelwelle für illegal erklärt. Empört beschloss der Vorstand des Unternehmens daraufhin den sofortigen Ausstieg, noch vor dem Heimrennen in Nürnberg, und zog die Nennungen der vier Quattro-Werksfahrer Stuck, Biela, Jelinski und Haupt zurück. Der Eklat war perfekt.
Der unumkehrbare Audi-Rückzug mitten in der DTM-Saison 1992 erschütterte die Rennserie in ihren Grundfesten.