Stargast Niki Lauda: Warstein-Fest 1987
Ikone der DTM: BMW E30 in M-Ornat mit Warsteiner-Sponsoring.
Wenn jemand, wie unser DTM-Sponsor Warsteiner ab 1987, für einige Jahre viel Geld in die Hand genommen hatte, um uns zu unterstützen, dann stand ihm auch das Recht auf Eigenvermarktung zu. Immerhin prangte sein goldenes Bier-Logo nicht nur auf Millionen Flaschen aus seiner Brauerei im gleichnamigen Ort im Sauerland, sondern zierte auch unübersehbar die Türen unserer Renn-M3.
Albert Cramer, Inhaber dieser Privatbrauerei, wollte aber auch an seinem Heimatort mit dem großen Motorsport-Engagement werben. Und so mietete er nicht nur die dortige Sauerlandhalle für ein zünftiges Fest an, er ließ dieses in die Jahre gekommene Gebäude von seiner Marketing-Abteilung auch standesgemäß dekorieren. Dies bedeutete, dass das Innere des schmucklosen Baus, mit jeweils einer Säulenreihe rechts und links versehen, komplett in der Warsteiner-Hausfarbe Weiß zu erstrahlen hatte.
Also rückten Schreiner und Maler, aber auch Bühnenbauer aus, um jedes bauliche Detail so zu verändern, dass es auch den hoch gesteckten Corporate-Identity-Ansprüchen des Bier-Magnaten genügte. Schließlich sollte ein originaler, fahrbereiter BMW M3-Renntourenwagen dort auf der Bühne stehen. Dass auch die entsprechende, dazu passende Gästeschar mit einzuladen war, sah Albert Cramer als Ehrensache an, es sollte schließlich ein großer Promi-Auftritt werden.
Zeigen, was man hat
Und so durften neben allen damaligen BMW-Werksfahrern und Vertretern kleinerer Sponsoren auf unseren Autos auch einige Fachjournalisten anreisen, selbstverständlich lokale Größen aus dem Warsteiner Umfeld und, als Ehrengäste, BMW-Motorsportchef Wolfgang Peter Flohr nebst dem wohl prominentesten Gast: Niki Lauda. Die wichtigsten Gäste durften auf dem Campus der Brauerei, einem Areal von der Größe eines mittleren Dorfes, im dortigen schicken Gästehaus nächtigen. Die niedrigeren Dienstgrade, wie Fachpresse und auch ich, wurden in Wirtshäusern und Pensionen in Warstein untergebracht.
Selbstverständlich gab’s auch eine Führung durch die Brauerei, die neben der Besichtigung des eigenen Kraftwerks unter anderem einen Blick auf die private Autosammlung von Albert Cramer zuließ. Hier standen viele edle Karossen, die – ebenfalls seiner Corporate Identity folgend – allesamt in Weiß erstrahlten. Sogar ein seltener Oldtimer, ein wunderschön restauriertes Ford T-Modell, hatte diese Prozedur über sich ergehen lassen müssen. Wie Erbauer Henry Ford wohl darüber gedacht hätte?
Der Abend selbst bestand neben den obligatorischen Reden vor allem aus einem nicht versiegenden Fluss des heimischen Braugutes. Es war fast unmöglich, die konsumierten Gläser zu zählen – wann immer ein Glas-Inhalt zur Neige ging, stand bereits wieder ein volles daneben. Natürlich gab’s auch leckeres Essen, doch vor allem Niki Lauda fremdelte ziemlich mit dieser Art organisierten Trinkens.
Niki muss kurz weg
Mir gegenüber zeigte er sich sowieso etwas schmallippig. Wahrscheinlich hatte ihn sein schlechtes Gewissen geplagt. Zur Aufklärung: Beim ersten Lauf zur damals neu geschaffenen Tourenwagen-Weltmeisterschaft in Monza hatte mich Chef Flohr nach dem Training um meine Autoschlüssel gebeten. «Der Niki muss zu einem Termin heute Abend in Mailand und hat kein Auto. Kann er Ihres haben?» Natürlich gab ich ihm, wonach er bat, nicht ahnend, dass diese vermeintlich gute Tat für mich nur Ärger bringen würde. Denn am nächsten Morgen stand mein fast nagelneuer BMW 325i mit eingeschlagener hinterer Seitenscheibe auf dem Hotel-Parkplatz, an der Rezeption nur ein handgeschriebener Zettel von Lauda mit dem dürren Hinweis, dass Diebe das Auto aufgebrochen hätten, er aber jetzt zum Flughafen müsse.
Hilfreicher waren da schon zwei Mechaniker des Schnitzer-Teams, die mir bei der provisorischen Reparatur meines Autos, noch dazu bei meinem ersten offiziellen Einsatz als Pressesprecher an einer Rennstrecke, halfen: Sie montierten eine Plastikfolie ins defekte Fenster. Erst zuhause in München konnte ich das Fahrzeug reparieren lassen.
Dass ich in Warstein aber trotzdem noch viel Spaß hatte, lag an Roberto Ravaglia und dem auf der Bühne postierten M3-Rennauto. Schließlich wollten wir beide, sicher deutlich angefixt vom guten Warsteiner-Bräu, wissen, ob dieses Auto auch wirklich fahrbar wäre. Als die meisten Gäste längst weg waren, schritten wir zur Tat. Und wirklich: Ein Druck auf den Starter genügte, schon brummte der Rennmotor auf. Damit aber nicht genug – Roberto und ich bedienten die Schaltung, bewegten das Auto je einmal kurz nach vorne und nach hinten, es war eine Gaudi! Auf einer Rennstrecke konnte ich dieses erfolgreiche Auto erst vier Jahre später bewegen – aber das ist eine andere Story.