Marquardts Gedanken
Qual der Wahl: Jens Marquardt und Schnitzer-Teamchef Charly Lamm
Während noch nicht feststeht, ob und wann Mercedes ihren langjährigen Werkspiloten Bruno Spengler aus seinem noch laufenden Vertrag entlässt – BMW würde den DTM-erfahrenen Neuzugang natürlich am liebsten schon beim nächsten Monteblanco-Test vom 15. bis 17. November erstmals in den M3 setzen –, macht sich BMW-Motorsport-Direktor Jens Marquardt Gedanken über seine weitere Fahrerbesetzung. Ziel der Münchner ist es, spätestens zur BMW-Sportpokalfeier am 26. November einen weiteren DTM-Piloten verkünden zu können.
Die Anzeichen verdichten sich, dass wohl ein Fahrer aus dem Trio Dirk Werner/Dirk Müller/Jörg Müller DTM fahren wird. Zwei vermutlich eher nicht, weil auch 2012 zwei M3 GT in der American Le Mans Series laufen werden und BMW erneut zwei Deutsche in die Staaten entsenden dürfte. Dass es sich dabei um die beiden Müllers handeln wird, klingt durchaus logisch, ist im Moment aber nicht mehr als reine Spekulation.
Schon in Monteblanco könnte überdies ein Auto für eine weitere Fahrersichtung abgestellt werden. Über etwaige Kandidaten wird aber eisern der Mantel des Schweigens gehüllt.
Generell pocht Jens Marquardt zwar auf Gleichberechtigung, setzt aber eher auf ein System aus «Häuptlingen und Indianern». Und dass Andy Priaulx, Augusto Farfus und auch Spengler eher zu ersteren Kategorie zu zählen sind, leuchtet ein. «Ich glaube, wenn man sechs extreme Egoisten im Kader hat, wird es schwierig, für die Mannschaft das Maximum herauszukitzeln», sagt Marquardt. «Man muss das im Gesamtzusammenhang sehen. Es ist unsere erste Saison. Wir haben den Anspruch, konkurrenzfähig an den Start zu gehen, und ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingen wird. Wir wissen aber natürlich um den jahrelangen Vorsprung im operativen Bereich, den uns die anderen voraus haben. Und dann sechs Top-Champions in den eigenen Reihen zu haben, kann schwierig sein.»
Der Motorsport-Direktor ist sich bewusst, dass interne Grabenkämpfe zu verhindern eine seiner Aufgaben sein wird: «Unser Ansatz zeigt, dass wir auf Gleichberechtigung aus sind – drei Teams mit je zwei Fahrern, denen die gleichen Mittel zur Verfügung stehen. Es ist dann an BMW und letztlich auch an mir, dafür zu sorgen, dass diese Konstellation zum gesunden sportlichen Wettkampf, aber nicht zu internen Grabenkämpfen führt. Natürlich sind die Teamkollegen immer die ersten Messlatten, aber über allem muss das Ziel stehen, dass BMW den Rückstand, den wir sicherlich auf dem einen oder anderen Gebiet haben, abarbeiten kann. Deswegen gibt es kein bevorzugtes Werksteam, und deswegen wird es auch keine bevorzugten Werksfahrer geben.»
Auch wenn Susie Wolff (Mercedes) und Rahel Frey (Audi) auch im nächsten Jahr in der DTM am Start stehen dürften, ist eine Dame im BMW-Fahrerkader laut Marquardt «momentan kein Thema. Wobei: Wenn die Performance passt, ist das Geschlecht ein ebenso sekundäres Kriterium wie Nationalität, Vermarktbarkeit oder Ähnliches. Sprich: Wenn die Dame schneller ist als alle Herren, sitzt die Dame im Auto.»
Ein ausführliches Exklusiv-Interview mit Jens Marquardt sowie Bernd Schneiders Einschätzung zur Leistungsfähigkeit von BMW im Comeback-Jahr lesen Sie auf vier Seiten in der kommenden Ausgabe von SPEEDWEEK. Ab Dienstag im Zeitschriftenhandel.