Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Scheider: «Versuche, eine Verbindung herzustellen»

Von Andreas Reiners
Sozial engagiert: Timo Scheider

Sozial engagiert: Timo Scheider

Timo Scheider nimmt vor jedem DTM-Rennen erst einmal Verbindung zu seinem Auto auf. Der Audi-Pilot im SPEEDWEEK.DE-Interview über Rituale und soziale Projekte.

Sie engagieren sich ja auch in diversen sozialen Projekten. Welche sind das?

Angefangen hat alles mit der ‚Stunde des Herzens‘. Das ist ein kleiner Verein, der benachteiligten Kindern und Familien in Österreich hilft. Dort etwas Zeit zu schenken, waren die ersten Schritte von mir. Danach bin ich Botschafter der ‚Wings for Life‘ für die Rückenmarksforschung geworden. Da schöpfe ich eine ganze Menge Kraft und Energie raus. Es gibt dort immer wieder Situationen, in denen man Menschen trifft mit Schicksalsschlägen, die mit unserem Leben nicht zu vergleichen sind. So bleibe ich immer auf dem Boden der Tatsachen und rege mich nicht über eine schlechte Rundenzeit auf, sondern sehe, dass es im Leben noch viel wichtigere Dinge gibt. Eine Kombination aus beidem ist das Ziel: Erfolgreich im Motorsport zu sein und etwas von seiner Zeit weiter zu geben. So ein Kinderlächeln ist das schönste Geschenk.

Was war das emotionalste Erlebnis?

Ein kleines Mädchen, das einen offenen Rücken hatte und dazu Krebs. Bei der nicht klar war, wie es jetzt nach der dritten Chemo weitergeht. Man hat sich dann entschieden, die nächste Chemo anzugehen, und kurz davor war ich noch bei der Familie zu Hause. Die Kleine hat mit mir getobt, ist bei mir auf dem Rücken rumgesprungen, hat mich in den Arm genommen und einen Kuss auf die Wange gegeben und mir gesagt ‚Ich hab dich lieb‘. Das war für mich das Emotionalste und Tiefgründigste, was ich in diesem Zusammenhang jemals erlebt habe. Und das werde ich sicherlich auch nicht vergessen.

Sie machen Mental-Training. Was machen Sie da genau und wie wichtig ist das als Rennfahrer?

Damit habe ich 2003 angefangen und habe über die Jahre meinen eigenen  Weg gefunden. Ich probiere, in Sachen Konzentration und Meditation ein paar Wege zu finden, die mir gut tun. Ich versuche, meine Mitte und Ausgeglichenheit zu finden und die Konzentrationsphase so zu legen, dass ich zum Rennen hellwach bin. Beim Konzentrationstraining versuche ich, mit verschiedenen Aufgaben für beide Gehirnhälften eine überdimensionale Stresssituation darzustellen. Ich fahre damit gut, habe meine eigenen Rituale und die werden einfach nur noch ein bisschen optimiert.

Stichwort Rituale. Was haben Sie für ein Ritual vor dem Rennen?

Die Handschuhe werden erst angezogen, wenn ich im Auto sitze. Ausserdem nehme ich vor dem Einsteigen Kontakt mit dem Auto auf. Ich streichel über das Dach zwischen A- und B-Säule und lege den Kopf auf und versuche, eine Verbindung zu meinem Arbeitsgerät herzustellen. Das gibt mir Sicherheit und Kraft und zeigt mir und dem Auto, dass es jetzt losgeht.

Sie kommen ja aus einer sehr sportlichen Familie. Wann sehen sie eigentlich ihren Sohn, und vor allem wo?

Der kleine Mann ist jetzt neun  Jahre alt. Er ist sehr aktiv und interessiert an allem was fährt und Motoren und keine Motoren hat. Momentan sind die Freeride-Mountainbikes ein heisses Thema. Wenn er am Ende Golfprofi wird, ist mir das auch recht. Er muss nicht unbedingt Motorsportler werden. Ich weiss wie schwierig der Weg nach ganz oben ist. Ich hab ja ein eigenes Nachwuchsteam im Kartsport, wo ich vielen Talenten die Möglichkeit gebe sich zu entwickeln. Ich weiss aus eigener Erfahrung, was man dazu alles braucht.

Was war Ihr sportliches Highlight und was war Ihr bitterster Moment?

Highlight war natürlich ganz klar der Titelgewinn 2008 mit der dazu gehörigen Motorsportler-Wahl des Jahres, als ich vor Sebastian Vettel zum Motorsportler des Jahres gewählt worden bin. Der bitterste Moment war das vorletzte Formel-3-Rennen 1997, wo ich die Meisterschaft angeführt habe und das Rennen unbedingt gewinnen wollte. Der andere Titelkandidat Nick Heidfeld stand nur auf Platz 15. Und bei einem Überholvorgang bin ich dann abgeflogen und habe damit mehr oder weniger meine Meisterschaft verloren. Vielleicht auch im Nachhinein betrachtet den direkten Einstieg in die Formel 1.

In Ihrem Sport fahren Sie sehr rasant. Haben Sie eigentlich Punkte in Flensburg?

Gott sei Dank weniger als in der Meisterschaft.

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