BMW-Pilot Spengler: Mit den Füßen auf dem Boden
Fokussiert: Bruno Spengler
Denkst du noch jeden Tag daran, dass du DTM-Meister bist?
Nein. Ich denke jetzt nur daran, dass jetzt 2013 und damit eine neue Herausforderung für mich ist. Es war natürlich ein sensationelles Jahr und unglaublich, was wir alles erreicht haben. Aber letztes Jahr ist letztes Jahr. Ich hake die Vergangenheit schnell ab und konzentriere mir sofort auf die Zukunft, ob es nun gute oder schlechte Ergebnisse waren.
Es ist über dich bei dem Saisonfinale viel hereingebrochen. Wie schnell hast du das realisiert?
Auf der Ziellinie habe ich es realisiert. Ich habe so viel Gänsehaut bekommen und wollte meine Freude nur noch herausschreien. Sehr viele Emotionen kamen auf einmal. Dann bin ich wieder etwas runtergekommen und dann habe ich erst zwei, drei Stunden später wirklich begreifen können, dass ich Meister bin. Wichtig war vor allem, wie glücklich das Team gewesen ist. Das hat mir nochmal einen Kick gegeben. Denn wenn ich sehe, wie hart das Team Tag und Nacht arbeitet, nur um ein Ziel zu erreichen, hat mir der Titelgewinn viel Freude gemacht.
Was hat sich für dich danach verändert?
Nicht sehr viel. Ich hatte viele PR-Termine und war sehr, sehr viel unterwegs. Privat hat sich für mich nichts verändert. Ich habe mich in diesem Jahr genauso vorbereitet wie in den Jahren zuvor.
Was ist schwieriger: Den Titel zum ersten Mal zu holen oder ihn zu verteidigen?
Beides ist schwierig. Ich fange die Saisons nie mit dem Ziel an 'Jetzt will ich den Titel holen'. Und dieses Jahr sage ich nicht 'Ich will meinen Titel unbedingt verteidigen'. Ich gebe einfach mein Bestes. Ich bleibe vor der Saison immer mit den Füßen auf dem Boden. Dieses Jahr will ich so viele Rennen gewinnen wie möglich. Für alle geht alles wieder bei Null los.
Druck verspürst du nicht?
Nein. Ich verspüre auch nicht mehr Druck, nur weil ich den Titel geholt habe. Druck ist sowieso immer da, egal was im Jahr davor war. So ist das im Motorsport. Motorsport ohne Druck ist kein Motorsport. Ich nehme es, wie es kommt. Der Druck ist jetzt, die Saison so gut wie möglich zu fahren.
Wo siehst du dich im Vergleich zur Konkurrenz im Moment?
Es ist sehr schwer einzuschätzen, wer die Nase vorne hat. Wir haben jetzt zwei Tests gehabt bei denen alle da waren. Meine Einschätzung ist, dass sich unsere Konkurrenten im Winter sehr verstärkt haben und wir müssen hart arbeiten, dass wir im ersten Rennen bereit sind und wachsam sind.
Was hat dich als Sportler am meisten geprägt?
Ich war mit fünf Jahren schon verrückt nach Autos. Ich habe alle Marken gekannt und im Auto immer hinten gesessen und meinem Papa gesagt, er soll rechts überholen, links überholen und schneller fahren. Irgendwann hat mein Vater gesagt, dass ich ein Go-Kart ausprobieren soll. Das klappte sehr gut. Ohne meine Eltern wäre ich heute nicht hier. Denn sie haben mich so viel unterstützt in Go-Kart-Zeiten. Danach bei den Formelautos war es natürlich nicht mehr möglich. Wir mussten dann Sponsoren finden und das war sehr hart. Ich war nie sicher, ob ich im Jahr darauf wieder fahren kann. Aber dadurch habe ich viel gelernt.
Hast du auch sportliche Vorbilder?
Roger Federer ist für mich ein Vorbild. Er spielt unglaublich gut Tennis, hat Stil und Klasse. Und er hat immer die Füße auf dem Boden.
Die Formel 1 war für dich nie eine Option?
Natürlich träumt man als Rennfahrer immer ein bisschen von der Formel 1. Man braucht aber immer viel Geld, um dort reinzukommen. Das Geld hatte ich nicht. Aber einmal ein Formel-1-Auto zu testen, wäre für mich etwas Interessantes und Spezielles. Aber in der DTM kann ich Autos entwickeln und Rennen gewinnen. In die Formel 1 zu gehen und auf Platz 15 zu fahren, ist für mich keine Lösung.
Du bist zwar erst 29, aber hast du dir schon Gedanken gemacht, was nach der Karriere kommen könnte?
Ich spiele seit fünf Jahren Golf, habe mich dort stetig verbessert und inzwischen Handicap fünf. Wenn ich älter bin schaue ich mal, ob ich gut genug bin, um eine Karriere als Halbprofi zu starten. Das würde mich schon interessieren.
Ist Golf ein guter Ausgleich für den Job als Rennfahrer?
Man hat alles im Golf. Man benötigt viel Konzentration und Ruhe. Ich konnte viel mitnehmen für den Rennsport. Man muss immer ruhig bleiben, egal was passiert. Im Golf können Sachen passieren, die man sich vorher nicht vorstellen kann. Trotzdem muss man ruhig bleiben und sich auf den nächsten Schlag konzentrieren. Ich mache auch viel anderen Sport: Langlauf, Biathlon oder auch Tennis. Ich würde auch gerne Fußball spielen, aber für einen Rennfahrer ist das wegen möglicher Verletzungen zu gefährlich.
Hast du einen großen Traum?
Dass meine Eltern so lange wie möglich gesund bleiben. Sportlich: So viele Rennen zu gewinnen wie möglich und Titel zu holen. Das ist der gleiche Traum, den ich habe, seit ich ein Kind bin. Und der wird für immer leben.