Gaststarter in der DTM: Hilfe oder Hindernis?
Norbert Michelisz
Wie lockt man wieder mehr DTM-Fans an die Strecke? Bei den ersten beiden Rennen auf deutschem Boden waren die Zahlen zwar leicht rückläufig, allerdings immer noch auf einem guten Niveau. In Hockenheim waren 75.000 Zuschauer vor Ort, in Oschersleben 65.000. Eine größere Herausforderung ist da schon der Kartenverkauf bei Rennen im Ausland.
Eine immer mal wieder angedachte Idee: Gaststarter. Dieses Thema wurde zuletzt 2013 vor dem Rennen in Moskau diskutiert. Vitaly Petrov fuhr damals im Vorfeld der DTM-Premiere auf russischem Boden beim Moscow City Race rund um den Roten Platz, im Rahmen des Rennens schließlich in einem Renntaxi.
45.000 Zuschauer kamen damals am gesamten Rennwochenende – keine schlechte Zahl für ein erstes Mal. Auch wenn Petrov damals beim Lauf «nur» Zuschauer war. Bei der Rückkehr nach Ungarn nach 26 Jahren an diesem Wochenende hätte theoretisch ein Lokalmatador zur Verfügung gestanden – Norbert Michelisz, der in der Tourenwagen-WM an den Start geht.
Stellt sich die Frage, ob mit Petrov oder mit Michelisz aktuell in Budapest als Gaststarter mehr möglich gewesen wäre. Die Verantwortlichen zeigten sich bereits im Vorjahr skeptisch. «Ich weiß nicht, ob die Serie eine lokale Komponente braucht, um mehr Zuspruch zu haben», sagte BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt.
In Brands Hatch zum Beispiel hielt sich die Begeisterung der Zuschauer stets in überschaubaren Grenzen. Trotz lokaler Größen wie Gary Paffett oder Jamie Green. Valencia 2012 wäre ein anderes Beispiel. Auch damals war auf den Tribünen nicht viel los. Trotz Miguel Molina oder Roberto Merhi.
Ein weiteres Problem: Viele dieser Gaststarter wären sportlich wohl kaum konkurrenzfähig. Einfach mal reinsetzen und wohlfühlen? Schwierig, wie zahlreiche frühere Formel-1-Piloten wie Timo Glock oder inzwischen auch Petrov zu berichten wissen. Was Gaststarter anrichten können, erlebt die Tourenwagen-WM traditionell beim Saisonfinale in Macau, wenn sie für reichlich Kollisionen und Schäden sorgen. In einer Serie wie der DTM, die mit ihrer sportlicher Ausgeglichenheit wirbt, wäre das dem Zuschauer nur schwer zu vermitteln.
Eine weitere Komponente: die Kosten. Die DTM ist so ausgelegt, dass die Fahrer zu Beginn der Saison eingeschrieben werden und alle Rennen der Saison bestreiten. «Wenn man darüber nachdenken möchte, Gastfahrer einzusetzen, dann müsste man eine gesonderte Lösung dafür finden. Und die würde natürlich auch extra Geld kosten. Es sei denn, man ersetzt einen der eingeschriebenen Fahrer. Bei der aktuell sehr angespannten finanziellen Situation bei allen Herstellern sehe ich das als eher nicht wahrscheinlich an», sagte Audis DTM-Leiter Dieter Gass.