Formel 1: FIA spricht Urteil

Deshalb ist Oreca in der LMP2-Klasse so stark

Von Martina Müller
Oreca-Gründer Hugues de Chaunac

Oreca-Gründer Hugues de Chaunac

2017 stehen in der LMP2-Klasse der FIA WEC nur Oreca am Start. Das wirft die Frage nach dem Weshalb auf. Was hat Oreca, was die anderen Hersteller nicht haben. SPEEDWEEK.com machte sich Gedanken zum Thema.

Es sind nunmehr einige Wochen ins Land gegangen, seitdem der ACO zusammen mit der FIA die Liste der Teilnehmer für die sechste Saison der Sportwagen-WM vorgestellt hat. Die erstmals komplett über Internet im Livestream ausgestrahlte Pressekonferenz der Veranstalter in durchaus stilistisch interessantem Format, ließ auch den Oreca-Gründer Hugues de Chaunac zu Wort kommen. «In der LMP2-Klasse gibt es seit diesem Jahr ein neues technisches Reglement, das vier Hersteller vorschreibt. Einer davon ist Oreca. Ich bin überzeugt, dass es in diesem Jahr einen rauen Wettbewerb zwischen den Herstellern in der WEC und in Le Mans geben wird», so de Chaunac nach der Frage zu seiner Einschätzung der Herstellersituation in der LMP2-Klasse. Für die 24 Stunden von Le Mans wird der erfahrene Motorsportler damit sicherlich richtig liegen; in der FIA WEC jedoch nicht. Denn dort werden alle zehn eingeschriebenen Fahrzeuge von Oreca sein.

Das wirft natürlich die Frage auf, wie das passieren konnte. Ist Oreca schlichtweg einfach besser aufgestellt als die Mitkonkurrenz oder spielt hier das richtige Momentum eine Rolle? Denn natürlich hätten Dallara, Riley-Multimatic oder Onroak auch gerne reichlich Fahrzeuge in den WEC-Markt verkauft.

Warum nun Oreca in diesem Jahr so stark vertreten ist, könnte an folgenden Gründen liegen: Zunächst ist hier der Fakt zu nennen, dass das Unternehmen aus Signes für das Vorgängermodell (Oreca 05) ein Upgrade-Kit anbietet, um das letztjährige LMP2-Fahrzeug unter 2017er-Regeln neu homologieren zu können. Oreca-Kunde Alpine wird beispielsweise von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Das spart enorme Anschaffungskosten. Die Kostenstruktur ist eben ein wichtiger Regulator in der Wahl des Chassis-Herstellers in der Sportwagen-WM. Denn im Unterschied zur European Le Mans Serie (ELMS), in welcher drei der vier Hersteller vertreten sind (vier LMP2 von Dallara, fünf von Ligier und drei Oreca), ist der Einsatz im weltumspannenden Championat in der Gesamtsumme deutlich kostenintensiver. Auch beträgt die Renndistanz der ELMS nur 4 Stunden (und somit zwei weniger als in der FIA WEC) in auch nur sechs Läufen (neun in der FIA WEC), die allesamt in Europa stattfinden. Summa summarum benötigt die Teilnahme an der European Le Mans Serie nur in etwa die Hälfte der finanziellen Aufwendungen wie in der WEC.

Dazu kommt natürlich auch der Fakt, dass Oreca langjährige Geschäftsbeziehungen mit seinen Kunden hat. So setzen Rebellion, Manor, TDS und Signatech-Alpine 2017 erneut auf eine Kooperation mit den Franzosen. Gerade im Jahr eines neuen technischen Reglements ist dies sicherlich nicht die schlechteste Idee.

Im Gegensatz dazu haben viele letztjährige LMP2-Teams aus den unterschiedlichsten Gründen die FIA WEC verlassen. So sind ESM, RGR Sport oder SMP in der Saison 2017 nicht mehr dabei. Alle waren jedoch mit anderen Chassis-Herstellern unterwegs, und hätten (wäre ihr WEC-Programm weitergegangen) wohl zum größten Teil ihrem Lieferenten treu geblieben. Die diversen Ausstiege können aber auch nicht Oreca zum Vorwurf in Bezug auf eine Monopolstellung in der LMP2-Klasse gemacht werden – Oreca profitiert jedoch stark davon. Eine bessere Werbeplattform für sein Produkt kann sich wohl niemand wünschen.

Außerdem kommt noch der Fakt der Balance of Performance mit ins Spiel – oder besser gesagt, nicht ins Spiel. Denn in der LMP2-Klasse wird auf eine Einstufung der vier Modelle verzichtet. Somit zählt hier die pure Performance. Im Jahr eines neuen technischen Reglements ist eine Einschätzung jedoch schwierig, auf welches Pferd man denn als Rennteam setzen sollte. Und da schien vielen Teams Oreca einfach die solideste Lösung.

Alles in allem haben die genannten Fakten dazu geführt, auf eine sichere Karte zu setzten. Denn jeder Geschäftsmann wägt den Kosten-Nutzen-Faktor ab, bevor er Kapital investiert. Und Oreca bietet unisono eben gute Gründe, in sie zu investieren. Nur mit dem ‚rauen Wettbewerb der Hersteller in der WEC und in Le Mans‘ – wie es Hugues de Chaunac nannte, ist es wohl in dieser FIA-WEC-Saison nicht so weit her.

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