Kévin Estre: «Maggots/Becketts ist total verrückt»
Kévin Estre zählt zu den besten GT-Piloten der Welt. Seit 2017 startet der in Österreich lebende Franzose regelmäßig in der Sportwagen-WM (FIA WEC). Dort teilt er sich einen Porsche 911 RSR mit Werksfahrer-Kollege Michael Christensen. Estre gewann im Juni die GTE-Pro-Klasse bei den 24 Stunden von Le Mans und liegt damit auch in der Meisterschaftstabelle vorne. Im Interview mit SPEEDWEEK.com schaut er auf das nächste WEC-Rennen, welches am kommenden Sonntag (19. August) in Silverstone stattfinden wird.
Herr Estre, Sie treten als frischgebackener Le-Mans-Klassensieger beim WEC-Rennen in Silverstone an. Vielleicht zunächst noch ein kurzer Blick zurück. Wie hat sich der Triumph beim Klassiker an der Sarthe angefühlt?
Kévin Estre: «Seit 2012 konnte ich kein Langstrecken-Rennen ohne ein Problem oder einen Crash bestreiten. Gerade einen Monat vor Le Mans hatten wir beim 24-Stunden-Rennen am Nürburgring mit drei Minuten Vorsprung geführt. Doch dann ist etwas mit Öl und Dreck auf der Strecke schief gegangen, sodass mein Teamkollege Romain Dumas abflog. Somit habe ich in Le Mans versucht, bis zum letzten Moment nicht an den Sieg zu glauben. Aber dieses Mal ist alles gut gegangen. Es ist sicherlich der größte Erfolg in meiner Karriere.»
In Le Mans fuhren Sie einen Porsche 911 RSR, der im Retro-Look der 'Rosa Sau' beklebt war. Wie schade finden Sie es, dass Sie mit diesem Design in Silverstone bzw. bei den nächsten WEC-Rennen nicht mehr antreten?
«Das Design hat mit gefallen. Es war sehr speziell und stellt einen großer Teil der Porsche-Historie dar. Natürlich hat es Spaß gemacht, damit in Le Mans zu fahren. Aber eine ganze Saison wäre wohl zuviel. Ich finde es ehrlich gesagt richtig cool, ein spezielles Design nur für ein einziges Rennen zu haben. Jetzt treten wir eben wieder im normalen Aussehen an, welches mir optisch übrigens ebenfalls sehr zusagt.»
Zusammen mit Ihrem Teamkollegen Michael Christensen führen Sie nun auch die GTE-Tabelle in der WEC an. Wie gehen Sie nun ins anstehende Rennen in Silverstone?
«Wir dürfen noch nicht an die Meisterschaft denken. Das ist viel zu früh. Die Konkurrenzsituation ist in der WEC richtig eng. Ich glaube nicht, dass der Titel vor Le Mans 2019 entschieden wird. Natürlich sind wir mit bisher zwei Ergebnissen auf dem Podium sehr zufrieden. Und dadurch, dass wir Le Mans gewonnen haben, ist die Saisonbilanz schon jetzt positiv. Aber man will immer mehr. Unser Ziel ist es sicherlich, die Meisterschaft zu gewinnen. Das wird sehr schwer. Ford ist stark und auch Ferrari wird zurückkommen. Aston Martin und BMW können wir noch nicht ganz einschätzen, da beide mit neuen Autos auflaufen.»
Liegt dem Porsche 911 RSR die Strecke im britischen Silverstone?
«Wir werden nicht schlecht unterwegs sein. Jedoch gibt es dort nun einen neuen Asphalt, der sehr hart mit den Reifen umgeht. Der Sommer ist zudem bislang sehr heiß. Ich hoffe, dass es am Rennwochenende etwas kühler sein wird. Ansonsten könnte es schwierig werden, Doppelstints zu fahren. Das wird für alle Hersteller eine Herausforderung. Im Longrun war Ford beim Saisonauftakt in Spa-Francorchamps etwas stärker als wir. In Silverstone werden die Karten aber neu gemischt.»
Welcher Streckenabschnitt gefällt Ihnen in Silverstone besonders?
«Der Bereich bei Maggots/Becketts hat einen total verrückten Rhythmus und ist richtig schnell. Mit dem neuen Asphalt erhöht sich das Grip-Niveau sogar noch mehr. Im GTE-Auto haben wir eine gute Aerodynamik, so dass es richtig Spaß macht, dort zu fahren. Silverstone finde ich grundsätzlich super. Lediglich die letzte Schikane vor der neuen Boxengasse sagt mir nicht zu. Die ist mir schlicht zu langsam.»
In Silverstone haben Sie doch auch etwas gut zu machen, nachdem Sie 2017 vorzeitig ausgefallen sind!
«Ja richtig, da hatte das Fahrzeug sogar leicht gebrannt, weil etwas Sprit auf den Auspuff kam. Danach hatten wir das Teil etwas modifiziert. Dadurch ist der Porsche 911 RSR nun sogar auch etwas lauter. Durch den Vorfall habe ich keine gute Erinnerung an das letztjährige Rennen. Unsere Pace war jedoch nicht schlecht und unsere Teamkollegen schafften es sogar auf das Podium. Also warten wir einmal ab, was wir dieses Jahr in England erreichen können.»