Nun komplettes Durcheinander bei neuen LMP1-Regeln
So stellte sich die FIA WEC einen Aston Martin nach den im Dezember verabschiedeten Regeln vor
Monatelang debattierten die Regelhüter von FIA und ACO mit einer Handvoll Herstellern, um die neuen Regeln der LMP1-Nachfolgeklasse auf den Weg zu bringen. Das (einigermaßen) fertige Produkt wurde vom FIA-Weltrat im Dezember verabschiedet und sah Prototypen vor, die sich aufgrund sehr eng gestrickter Parameter (Aerodynamik, Schwerpunkt, etc.) innerhalb eines kleinen Performance-Korridors bewegt hätten. Damit wäre für spannende und technisch vergleichbare Rennen gesorgt gewesen. Außer Toyota zeigte jedoch kaum ein Hersteller wirkliches Interesse am Bau eines solchen Fahrzeuges.
Somit ließen sich die Regelhüter von Aston Martin, McLaren und Ferrari überreden, zusätzlich auch Ableitungen von Straßenautos in der großen Klasse zuzulassen. Diese basieren natürlich auf komplett anderen Grundlagen und müssen folglich auch über eine BoP (Balance of Performance) an die Prototypen angepasst werden. Bei der Sitzung des Weltrats Anfang März wurde diese Weichspülung des Reglements bereits fest beschlossen.
In Sebring sickerte jetzt durch, dass die Boliden aus der (noch immer namenlosen) zukünftigen großen WEC-Klasse nun auch nicht einmal mehr mit einem Hybrid-System ausgestattet sein müssen. Darüber hinaus werden die aktuellen privaten LMP1 noch bis mindestens 2021 startberechtigt blieben. Und nicht zuletzt deuteten die Regelhüter auch an, sogar die nächste Generation der amerikanischen DPi (Daytona Prototype international) mitfahren zu lassen.
Damit ist das Durcheinander perfekt. Letzten Endes kann ein Hersteller nun so ziemlich alles in Le Mans und der Sportwagen-WM an den Start bringen, was er möchte. Diese Situation ist mit einer Kapitulation der Regelmacher zu bewerten. Das über Monate ausgearbeitete Regelbuch ist somit gescheitert. «Bau was du willst und wir nehmen es mit rein», ist also das neue Motto.
Unterschiedlichste Fahrzeuge müssen ab 2020 als Folge unter einen Hut gebracht werden. Ob das auch nur ansatzweise gelingen kann, ist mehr als fraglich. Die Gesamtsieg-Klasse wird somit zu einem bunten Treiben verkommen, bei dem derjenige gewinnt, der politisch die beste Einstufung für sein eigenes Fahrzeug durchboxt. Ob er tatsächlich das beste Auto gebaut hat, besitzt dann keine Relevanz mehr.
Diese Situation könnte zunächst einen Anstieg des Interesses der Hersteller mit sich bringen. Jedoch stellt sich die Frage, wie nachhaltig sich das Ganze auf das Gesamtkonzept des Sportwagen-Sports auswirkt.
Die Gefahr ist darüber hinaus sehr groß, dass die neue offene Prototypen-Welt zudem auch noch die GTE-Kategorie kannibalisiert. Denn warum sollte ein Hersteller zukünftig noch einen Rennwagen nach den strengen GTE-Regeln bauen, wenn er bei vergleichbaren Kosten auch um den Gesamtsieg fahren kann? Ein GTE-Engagement dem Vorstand zu verkaufen, wird einem Sportchef kaum noch gelingen.
Es stellt sich die Frage: Wurden die letzten Entscheidungen wirklich bis zu Ende gedacht oder handelte es sich um aktionistische Verzweiflungstaten? Selten haben sich die Regelhüter in der Geschichte des Motorsports so schwach gezeigt. Durch die offensichtliche Konzeptlosigkeit haben sie ihre gesamte Plattform ins Wanken gebracht.