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Allan McNish: Grosse Siege, grosse Dramen

Kolumne von Oliver Runschke
Die grösste Triumph von Allan McNish: Le-Mans-Sieg 2008

Die grösste Triumph von Allan McNish: Le-Mans-Sieg 2008

Sportwagen-Weltmeister McNish hat seinen Rücktritt erklärt. Erinnerungen an die aussergewöhnliche Sportwagen-Karriere des charismatischen Schotten.

Allan McNish wird der Langstreckenszene fehlen – an dieser Stelle müsste ich eigentlich fünf Euro in das Phrasenschwein werfen - doch mit dem Schotten tritt der vielleicht charismatischste Fahrer der Sportwagen-WM ab. Kaum ein anderer war so kompromisslos, aber auch so beliebt im Fahrerlager. Es gibt Fahrer mit mehr Erfolgen und es gab zuletzt auch den einen oder anderen Fahrer, die schneller sind als der bald 44-jährige Schotte, aber es gab keinen Piloten mit so viel Charakter. Knackige Aussagen machten den kleinen McNish mit seiner markanten Stimme zum Medienliebling, das wird er sicherlich auch nach seinem Rücktritt bleiben. Seine kompromisslose Art war der Garant für brillante Siege, aber auch für grosse Dramen.

In der Sportwagenszene klopfte McNish schon mit einem Paukenschlag an die Tür. Sein erstes Sportwagenrennen fuhr er 1997 ausgerechnet in Le Mans in einem privaten Porsche 996 GT1 der Roock-Brüder. Nach einem Reifenplatzer in der achten Runde landete der Schotte in den Reifenstapeln und wurde als zweiter Ausfall notiert. Ein Jahr später erkämpfte er sich mit Laurent Aiello und Stéphane Ortelli im Werks-Porsche 911 GT1-98 den Sieg gegen Mercedes, Toyota und Nissan. Auch BMW war anwesend. Eine stärker besetzte Ausgabe der 24h haben wir bis heute nicht gesehen.

1999 sollte McNish die Porsche LMP1-Todgeburt LMP2000 (9R3) fahren, doch der Porsche-Vorstand zog noch vor dem Roll-Out den Stecker, um mit dem gesparten Budget den Cayenne zu entwickeln. Neben dem unvergessene Bob Wollek war McNish der einzige Fahrer, der am Abend des 2. November 1999 den streng geheimen Prototypen in Weissach testen durfte, bevor der LMP1 bis heute bei Porsche im Keller verschwand. McNish ging zu Toyota. Doch auch die Japaner steigen 1999 aus und in die Formel 1 um, der Schotte zog weiter zu Audi und fand dort seine Bestimmung.

Dass McNish zum Sportwagen-Star wurde, hat er Peugeot zu verdanken. Denn in den Duellen gegen die Löwen ging der Stern von McNish erst richtig auf. Wie McNish im Audi R10 TDI die Peugeot 908 niederkämpfte ist legendär. Peugeot war Audi vom Speed deutlich überlegen. Während die Franzosen Audi in so ziemlich allen Rennen, die niemanden interessierten, schlugen, gewann Audi weiterhin die grossen Dinger. Dafür durfte man sich in Ingolstadt vor allem bei McNish bedanken.

Wo McNish war, war meist auch ein grosses Drama nicht weit. Der zweite Le-Mans-Sieg des Schotten 2008 in Le Mans war legendär. In einem verregneten Rennen bewies McNish, das er nicht umsonst auch Terrier genannt wird. Gemeinsam mit Dindo Capello und Tom Kristensen kämpften die Audi-Piloten Dank unglaublich starker Stints des Schotten und perfekter Strategie im R10 TDI die deutlich schnelleren Peugeot 908 nieder.

Damals galt: Peugeot verlor nicht gegen Audi, Peugeot verlor gegen McNish.

Haben Sie heute Abend noch nichts vor, suchen sie im Internet nach dem Film «Truth in 24». Das ist zwar ein hemmungsloser Audi-Marketingstreifen über den Le Mans-Sieg 2008, verschafft aber Gänsehaut.

Dramen zeichneten auch den zweiten legendären McNish-Triumph 2008 aus. Beim «Petit Le Mans» warf er seinen Audi R10 in der Einführungsrunde auf kalten Reifen in die Mauer. McNish, Emanuele Pirro und Dindo Capello starteten mit zwei Runden Rückstand in das Zehn-Stunden-Rennen und kämpften sich zurück. In der letzten Rennstunde entriss McNish dem damaligen Peugeot-Werksfahrer Christian Klien die Führung und fuhr zu einem seiner umjubelsten Siege.

Spätestens mit der Einführung des geschlossen Audi R18 im Jahr 2011 schien der Stern von McNish aber zu sinken. Unvergessen der Horrorcrash in der ersten Rennstunden der 24h von Le Mans mit dem Audi R18 in den Tertre-Rouge-Esses. Weder in ILMC, noch in der FIA WEC hatte McNish das Glück auf seiner Seite. Das kompromisslose agieren im Verkehr, die Paradedisziplin des Schotten, schien im geschlossenen R18 nicht mehr zu gelingen. Unfälle und Probleme wechselten sich ab. Es schien nur noch eine Frage der Zeit, bis Audi McNish in den Ruhestand schickt.

Im vergangenen Jahr dann wieder ein Lichtblick: In Le Mans fuhren McNish/Kristensen/Capello scheinbar sicher dem Sieg entgegen. Doch beim Überrunden eines Ferrari 458 landete McNish 2:50 Stunden vor dem Rennende in Führung liegend in der Leitplanke und warf damit den Sieg weg.

Die Saison 2013 brachte zu Beginn wenig Besserung: McNish warf seinen R18 e-tron quattro im ersten freien Training der 12h von Sebring in die Leitplanke. Doch das Blatt wendete sich: Beim Auftakt der Sportwagen-WM in Silverstone war McNish wieder zur Stelle, bewies alte Stärke und siegte. Zwei Monate später folgte der dritte Sieg in Le Mans, Anfang November in Shanghai krönten McNish/Kristensen/Duval ihre Saison mit dem WM-Titel.

So perfekt, wie er zu seinen besten Zeiten durch den Verkehr kam, so perfekt hat er den Moment für seinen Ausstieg gewählt. McNish ist intelligent genug um zu wissen: Besser wird es garantiert nicht mehr.

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