Die GTE-Klasse für 2016: Ein technischer Einblick
Die alte Generation der GTE-Klasse: (v.li.) Ferrari, Aston Martin und Porsche
In der GT-Szene des internationalen Motorsports sind aktuell alle Augen auf den 15. September gerichtet. Denn dann müssen die Hersteller dem Weltverband FIA ihre Renner für die Saison 2016 vorstellen. Steigen wird der mehrtägige Test auf dem Michelin-Gelände im französischen Ladoux, nördlich von Clermont-Ferrand. Neben den unzähligen GT3-Wagen, werden dort auch die neuen GTE-Modelle mit von der Partie sein. Eigentlich war ab 2016 ja ein einheitliches Technisches Reglement im GT-Sport geplant. Doch die entsprechenden Konvergenz-Gespräche scheiterten Mitte 2014, so dass es bei der Zweiteilung bleiben wird.
Dementsprechend unterschiedlich bleibt auch die Herangehensweise an beide Regularien. Während man bei den GT3 theoretisch erst einmal alles der FIA präsentieren kann und dann einfach über die Balance of Performace (BoP) eingestuft wird, besteht die GTE-Klasse auf einem richtigen Technischen Reglement. Und das wurde für 2016 überarbeitet. Grundidee dabei ist, die Anzahl der jeweiligen Ausnahmegenehmigungen (sogenannte Waiver) jedes einzelnen Fahrzeuges zu minimieren. Denn diese hatten in den letzten Jahren Überhand genommen. Der Weg dorthin ist recht ?simpel: Es gibt ab 2016 einfach mehr Freiheiten. Marco Ujhasi, Gesamtprojektleiter GT Werksmotorsport bei Porsche veranschaulicht dies gegenüber SPEEDWEEK.com anhand eines Beispiels: «Wir haben heute im Auto einen Waiver für die Vorderachse. Einfach deswegen, weil das Serienauto eine McPherson-Achse hat, die Rennversion aber mit Doppelquerlenker fährt. Künftig steht im Reglement: Entweder, du nimmst das, was die Serie hat oder Doppelquerlenker. Also fällt schon einmal ein Waiver weg.»
Doch ?Eines ist klar: Trotz grösserem Spielraum im Technischen Reglement, wird man auch in Zukunft nicht vollständig auf Waiver verzichten können. «Dafür wird auch das neue Reglement nicht ausreichend sein», meint Ujhasi. Im Gegensatz zu anderen Rennkategorien, wie beispielsweise den LMP1, basieren die GTE halt auf Strassenmodellen. Und Anpassungen an die Rennversionen erfordern gewisse Kompromisse, wofür man einfach Waiver braucht.
Neben den (zwar reduzierten) Waivern bleibt der GTE-Klasse auch weiterhin die BoP erhalten. Doch die soll insgesamt transparenter und ehrlicher werden. «Man möchte die BoP objektivieren. Das bedeutet: Man will in Zukunft ausschliesslich die technischen Unterschieden ausbalancieren und nicht mehr das Rennergebnis», deckt Ujhasi auf. Diese sinnvolle Entscheidung der Regelhüter kommt auch bei den meisten Herstellern gut an. Denn innovative Lösungen, die das Auto schneller machen, werden dann in Zukunft nicht mehr durch eine schlechtere Einstufung zunichte gemacht. Das bessere Auto soll also wieder vorne sein. So zumindest die Theorie. Eine komplette Abschaffung der BoP wird in der GTE-Klasse nie möglich sein. «Einfach deswegen, weil es so viele verschiedene Motorenkonzepte gibt», so Ujhasi. Während der Porsche seinen Motor beispielsweise im Heck hat, ist er bei der Konkurrenz von Aston Martin, BMW und Corvette vorne verbaut; bei Ferrari in der Fahrzeugmitte. Ujhasi: «Allein schon durch den Mittelmotor wird der Ferrari immer die beste Grundalge für ein Rennauto haben.»
Besonders von aussen wird man die neue 2016er Generation der GTE-Wagen schnell erkennen können. Denn per Reglement sind grössere Freiheiten bei der Aerodynamik erlaubt. So wird beispielsweise das Flügelwerk rund um das Fahrzeug etwas extravertierter ausfallen oder auch der Diffusor an Grösse gewinnen dürfen. Dazu kommt: Die Autos sollen etwas schneller werden. Denn die Motorleistung soll leicht ansteigen. Geschehen wird dies über eine Vergrösserung der Air-Restriktoren. Wobei man hier eher im moderaten Bereich bleiben wird. «Das werden keine 50 PS sein», stellt Ujhasi klar.
Ihr Renndebüt gibt die überarbeitete Fahrzeugklasse bei den 24 Stunden von Daytona, dem Saisonauftakt der IMSA-Serie, am 30. Januar 2016.