Porsche siegt in Bahrain und holt auch die Fahrer-WM
Die neuen Sportwagen-Weltmeister: (v.li.) Brendon Hartley, Timo Bernhard und Mark Webber
Wäre für dieses Rennen ein Drehbuch geschrieben worden, so hätte es nicht annähernd so spannend sein können, als das, was die 6 Stunden von Bahrain geboten haben. Nachdem zunächst sowohl der Audi R18 e-tron quattro von Lucas di Grassi, Loïc Duval und Oliver Jarvis als auch der Schwesterwagen von Marcel Fässler, André Lotterer und Benoit Tréluyer dem Rennen den Stempel aufgedrückt hatten, siegte am Ende der Porsche von Romain Dumas, Neel Jani und Marc Lieb. Damit feierte das Trio im letzten Rennen des Jahres, den ersten Saisonsieg 2015. «Wir haben so lange auf diesen Sieg gewartet. Wir hatten ihn schon öfters während der Saison in unseren Händen, haben ihn aber aus verschiedenen Gründen immer wieder verloren», war Neel Jani nach dem Rennen überglücklich. Damit wiederholte sich die Geschichte, denn Dumas, Jani und Lieb siegten auch 2014 beim Saisonfinale der Sportwagen-WM (FIA WEC).
Hinter dem Audi R18 e-tron quattro von Fässler/Lotterer/Tréluyer komplettierte der Toyota TS040 Hybrid von Alexander Wurz, Stéphane Sarrazin und Mike Conway die Top drei. Damit tritt Alexander Wurz mit einem Podiumsergebnis standesgemäss von der Bühne als professioneller Rennfahrer ab.
Doch all dies war nicht die Geschichte des Rennens: Denn in einem dramatischen Rennverlauf sicherten sich die Porsche-Piloten Timo Bernhard, Mark Webber und Brendon Hartley den Fahrer-WM-Titel. Und dieser hing an einem sehr dünnen, seidenen Faden. Schon zu Rennbeginn musste der Porsche 919 Hybrid des Trios unplanmässig die Box ansteuern. Aufgrund eines Antriebproblems verlor man dort ca. neun Minuten und fand sich am Ende des Feldes wieder. Da Audi jedoch in der Startphase das Rennen dominierte, war der schon sicher geglaubte WM-Titel auf einmal so gut wie ausser Reichweite. Denn bei einem Sieg von Fässler/Lotterer/Tréluyer hätten die Porsche-Fahrer mindestens vierter werden müssen.
Das Trio gab jedoch nicht auf und pflügte durch das Feld. Sie kamen dann sogar einigermassen schnell bis auf die sechste Position (also auf den letzten Platz der LMP1-Werkswagen) nach vorne. Doch um den Titel einfahren zu können, hätte man auf das Pech von zwei Konkurrenten hoffen müssen. Denn auch die beiden Toyota waren in Bahrain gut unterwegs und wären nur noch schwer abzufangen gewesen.
Aber dann der Schock im Audi-Lager: Am R18 e-tron quattro von di Grassi/Duval/Jarvis ging die vordere, linke Bremsscheibe kaputt. Der Wagen musste die Box ansteuern, was ca. 15 Minuten kostete, da das Audi Sport Team Joest gleich die komplette vordere, linke Aufhängung wechselte. Als dann im weiteren Rennverlauf der Porsche von Lieb/Jani/Dumas die Führung übernahm, schien das WM-Pendel wieder in Richtung Webber/Hartley/Bernhard auszuschlagen, denn unter dieser neuen Konstellation hätte ihnen ein siebter Platz für den Titel gereicht.
Doch dann trat das Antriebsproblem am 919 Hybrid erneut auf und der Porsche musste abermals in die Box zur Reparatur. Weitere vier Minuten gingen verloren. Damit nicht genug: Mark Webber, der die letzten beiden Stints fuhr, wurde in der Schlussphase zweimal urplötzlich langsam, schaffte es jedoch immer wieder weiterzufahren. Mit langsamen Rundenzeiten trug er den Wagen auf Position fünf ins Ziel und sicherte sich, sowie seinen beiden Teamkollegen, den Fahrer-WM-Titel. Mit 166 Punkten lagen Webber/Hartley/Bernhard am Ende fünf Zähler vor Fässler/Lotterer/Tréluyer. «Ich habe dafür noch keine Worte. Das Rennen war unglaublich. Es war eine spannende Saison, aber ich hätte nie gedacht, dass dieses Rennen so intensiv werden würde», war der neue Sportwagen-Weltmeister Timo Bernhard direkt nach dem Rennen überwältigt von dem Erfolg. Damit hat das Porsche Team nach dem Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans und dem Marken-WM-Titel nun auch die Fahrer-WM in der Sportwagen-WM (FIA WEC) gewonnen.
Der Triumph des Zuffenhausener Sportwagenherstellers war aber noch grösser: In einem ebenfalls spannenden Rennen in der GTE-Pro-Klasse siegten die Porsche-Piloten Patrick Pilet und Frédéric Makowiecki vor dem Ferrari-Duo Gianmaria Bruni und Toni Vilander. Durch das Ergebnis ging auch der Titel der GT-Hersteller an Porsche. Mit 290 erzielten Punkten konnte man den schärfsten Konkurrenten Ferrari am Ende um knappe vier Zähler hinter sich lassen. Dazu kam sogar noch der Team-Titel für das Porsche Team Manthey und der GT-Fahrertitel für Porsche-Pilot Richard Lietz. Der Österreicher lag am Ende mit 141 Punkten vor Bruni/Vilander, die auf 131,5 Zähler kamen. «Das war nicht nur ein aufregendes Rennen, sondern auch eine anstrengende Woche. Viele haben gemeint, ich könnte den Titel quasi im Schongang holen angesichts meines Punktevorsprungs. Doch das waren heute sechs Stunden voller Anspannung, ein dauernder Kampf gegen Autos aller Klassen», freute sich Titelträger Richard Lietz.
Die Sportwagen-WM (FIA WEC) geht nun in ihre wohlverdiente Winterpause. Die fünfte Saison der Meisterschaft beginnt mit den 6 Stunden von Silverstone am 17. April 2016.