Blick in die neue GTE-Pro-Klasse der Sportwagen-WM
2016 neu mit dabei: Der radikal auf das Reglement ausgelegte Ford GT
Für die Fahrzeuge der GTE-Pro-Kategorie ist die Saison 2016 eine ganz besondere. Denn mit Beginn des Jahres wurde ein neues technisches Reglement eingeführt, das den Wagen beispielsweise eine extravertiertere Aerodynamik (grössere Diffusoren bzw. Spoiler) und auch etwas mehr Motorleistung gab.
Im Gegensatz zur GT3-Klasse basiert die GTE übrigens vom Grundsatz her (zumindest in der Theorie) auch tatsächlich auf einem technischen Reglement - die vor über zehn Jahren konzipierte Ursprungsidee in der GT3 war es, verschiedene Cup-Fahrzeuge leicht aufzumotzen und gegeneinander rennen zu lassen.
Durch die neuen GTE-Regeln wurden natürlich allgemein bessere Rundenzeiten erwartet als in den Vorjahren – doch die blieben zunächst aus. So lag die schnellste Runde beim Rennwochenende in Spa-Francorchamps über eine Sekunde hinter jener aus dem Vorjahr (2:17.632 Min. in 2016 gegen 2:16,420 Min. in 2015). Ähnliches konnte man beim Saisonauftakt in Silverstone beobachten: Auch auf dem britischen Kurs kam die neue (und eigentlich ja schnellere) Fahrzeuggeneration nur selten an die Zeiten aus dem Vorjahr heran (jeweils zumeist über der Zwei-Minuten-Marke). Lediglich Gianmaria Bruni (Ferrari 488 GTE) rutsche im Rennen eine 1:58,885 Minuten raus.
Mitgrund für das Resultat auf der Uhr waren die 24 Stunden von Le Mans: Für das ultimative Saisonhighlight Mitte Juni wollte natürlich keiner durch eine schlechtere Einstufung eingebremst werden. Zu gross ist das Prestige, welches beim Rennen an der französischen Sarthe eingefahren werden kann - und entsprechend gross war die Zurückhaltung im Vorfeld.
So wurde sogar noch beim Le-Mans-Vortest (zwei Wochen vor dem Rennen) ordentlich Rundenzeiten-Management betrieben. Mit 3:55,122 Minuten ging dabei die Bestzeit an Antonio García (Corvette C7.R). In der Qualifikation schaffte der Ford GT von Dirk Müller dann urplötzlich eine Zeit von 3:51,185 Minuten. Oder anders ausgedrückt: Ford fand in den wenigen Tagen zwischen Test und Qualifikation über 4,8 Sekunden (Die beste Zeit eines Ford beim Vortest lag bei 3:56,039 Min.) Hinter den Kulissen hiess es, dass die Quali-Zeit des Ford bei weitem auch nicht das Ende der Fahnenstange gewesen sei.
Kurz gesagt bedeutet all dies: Die neuen technischen Regeln funktionieren. Die Wagen der GTE-Pro-Klasse sind tatsächlich schneller geworden und kommen durch ihr aggressiveres Aussehen auch gut bei den Zuschauern an.
Problem in der Klasse ist jedoch der Performance-Gap zwischen den für 2016 neu entwickelten Fahrzeugen (Ferrari 488 GTE und Ford GT) und den lediglich an das Reglement angepassten Wagen (Aston Martin Vantage, Corvette C7.R und Porsche 911 RSR). Denn die Neuwagen sind nicht nur schneller, sondern kommen gleichzeitig auch jeweils einfacher auf ihre Rundenzeit. Erschwerend kommt hinzu, dass sowohl Ferrari als auch Ford mit Turbomotoren antreten – die Anderen jedoch mit Saugern. Gerade dieser Fakt macht eine saubere Balance of Performance der so verschiedenen Modelle (die darüber hinaus auch noch über ein unterschiedliches Basislayout verfügen - also Front-, Mittel und Heckmotor) noch viel diffiziler.
Grundidee der Regelhüter bei der BoP ist es, die Leistungskurven der Turbomotoren analog zu denen der Sauger verlaufen zu lassen. «Nur so kann das Ganze überhaupt vergleichbar gemacht werden», meinte ein Sportchef noch vor kurzem noch zu SPEEDWEEK.com. Doch (das beweist der Blick auf die Rundenzeiten auch): Die Turbo-befeuerten Wagen sind aktuell eine Klasse für sich. Und nur mit entsprechend üppigen BoP-Zugeständnissen können die Sauger-Wagen einigermassen wettbewerbsfähig gehalten werden. (Der Aston Martin Vantage liegt aktuell beispielsweise 60 Kilogramm unter den Basis-Gewicht).
Letztendlich wird jedoch erst die kommende Saison zeigen, wie es sportlich in der Klasse weitergeht. Denn erst dann (so rechnen die Insider) wird die Einstufung von Turbo- und Saugmotoren perfektioniert sein. Nichtsdestotrotz kommen die Hersteller der für 2016 überarbeiteten Renner nicht daran vorbei, schnellstmöglich eine Neuentwicklung auf Kiel zu legen – unabhängig davon, welches Motorenkonzept darin Verwendung findet.
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