Formel 1: Ohrfeige für Gegner von Verstappen

Emerson Fittipaldi: Hamilton ratlos, Verstappen toll

Von Mathias Brunner
Emerson Fittipaldi

Emerson Fittipaldi

​Rennlegende Emerson Fittipaldi versteht nicht, was mit Weltmeister Lewis Hamilton los ist. Und er macht sich grosse Sorgen, dass in den kommenden Jahren der Nachwuchs in Brasilien versiegen wird.

Emerson Fittipaldi hat die Hand am Puls des modernen Motorsports. Der heute 69-Jährige ist Sonderbotschafter des Mexiko-Grand Prix, der Formel-1-Champion von 1972 und 1974 arbeitet regelmässig als Rennkommissar für die FIA, über die Karriere seines neun Jahre jungen Sohnes Emmo und seines Enkels Enzo (15) ist er dem Kartsport eng verbunden geblieben. So reiste der 14fache GP-Sieger vor kurzem zu einer Veranstaltung von Tony Kart in Norditalien.

Gegenüber den Kollegen des Corriere della Sera sagt der zweifache Indy-500-Sieger anlässlich dieser Veranstaltung: «Zwei meiner Söhne wollten mit Speed nichts zu tun haben, aber Emmo findet das toll. 2015 ist er Meister des Staates São Paulo geworden, das ist vielversprechend. Aber Emmo muss noch sehr viel lernen.»

Fittipaldi (IndyCar-Champion 1989) beteuert, dass er keinen WM-Lauf verpasse. Er hält Fernando Alonso noch immer «für den komplettesten aller Fahrer. Hamilton, Rosberg und Vettel fahren für mich auf Augenhöhe. Der junge Max Verstappen ist ein Phänomen, er ist einfach unglaublich. Ich kann nicht verstehen, wenn er für seinen Fahrstil kritisiert wird. Er fährt nun mal so. Und das bietet ja auch durchaus Spektakel. Ich bin sicher, dass er Weltmeister werden wird.»

Damit sind wir beim WM-Duell zwischen Rosberg und Lewis Hamilton. Fittipaldi spürt beim Engländer Ratlosigkeit: «Was ist nur mit Lewis Hamilton los? Ich verstehe nicht, was da passiert. Ständig reden sie über Probleme am Start, also ehrlich! Er ist doch ein Naturtalent. Ich glaube auch nicht, dass er das Titelrennen innerlich abgehakt hat. Mit solchen Fähigkeiten wird er wieder gewinnen, ganz sicher. Aber Rosberg holt am Schluss trotzdem den Titel.»

Fittipaldi freut sich auf die 2017er Regeln: «Ich hoffe, dann ändert sich einiges. Mercedes dominiert, das ist ein wenig fad. Ich hoffe, das neue Reglement führt zu einem ausgeglicheneren Startfeld. Ferrari hat dabei genau so alle Chancen, wieder zu Siegern zu werden, wie McLaren-Honda.»

Die Aufregung um Teenager wie Verstappen oder den künftigen Williams-Fahrer Lance Stroll kann Fittipaldi nicht ganz nachvollziehen: «Wir hatten schon Chris Amon, der war auch 18. Aber ich finde es dennoch gut, dass die FIA ein Mindestalter und gewisse Erfolge in unteren Kategorien vorgeschrieben hat, denn wo sollte das enden? Am Ende wäre einer mit dreizehn im Formel-1-Renner gesessen.»

Fittipaldi war der erste Brasilianer, der es in der Formel-1-WM zum Sieger brachte. Es folgte ein steter Strom toller Talente – Carlos Pace, Nelson Piquet, Ayrton Senna, Rubens Barrichello, Felipe Massa. Nun aber tritt der eine Felipe zurück, Massa, der andere Felipe (Nasr) hat noch keinen gesicherten Platz für 2017. Emerson Fittipaldi macht sich Sorgen: «Wir haben ein echtes Problem, weil wir keine Sponsoren mehr haben, die junge Athleten unterstützen. Die Korruption überflutet alles, niemand ist mehr am Sport interessiert. Das ist sehr bedauerlich. In Mexiko passiert genau das Gegenteil – Carlos Slim hat organisiert, dass wir wieder einen Mexiko-GP haben, ihm ist es auch zu danken, dass Mexiko derzeit mit Sergio Pérez und Esteban Gutiérrez zwei GP-Piloten besitzt. Das muss ein leuchtendes Vorbild für ganz Lateinamerika sein.»

«Ich bin sehr enttäuscht von Brasilien. Viele Menschen, darunter auch ich, haben viel Geld in die Ethanol-Industrie investiert. Dann hat sich der Staat aus diesem Geschäft zurückgezogen, und das ganze Programm ist zusammengebrochen. Wir bräuchten eine ganz andere politische Gesellschaft in Brasilien.»

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