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Racing-Raritäten: Orange ist nicht gleich McLaren

Von Mathias Brunner
​Das jüngste Rätsel «Racing-Raritäten» zeigt einen echten Dauerbrenner der Formel 1 – was das Chassis angeht, weniger auf den Fahrer bezogen. Wer ist es? Wo und wann ist das Foto geschossen worden?

Zeit für die Teilnehmer von Racing-Raritäten, die grauen Zellen in Schwung zu bringen: Aus dem Archiv unserer Partner der britischen Foto-Agentur LAT stellen wir jede Woche ein kleines Stück Motorsporthistorie vor. Das Vorgehen ist kinderleicht – sagen Sie uns, wer zu erkennen ist, wo und wann das Bild entstand (Beispiel: Jo Siffert, Monza, 1970) und gewinnen Sie mit etwas Glück einen kleinen Preis. Bitte Namen, Adresse, Geburtsjahr und Telefonnummer nicht vergessen. Schicken Sie Ihre Lösung an: mathias.brunner@speedweek.com. Einsendeschluss ist jeweils Sonntag der laufenden Woche, 24.00 Uhr.

Auflösung der Vorwoche: Der in Mainz geborene Österreicher Jochen Rindt im Lotus 64, beim Training zum Indy 500 des Jahres 1969.

Wir hatten über das Rätsel den Titel «Alptraum für Traumpaar» gesetzt, ein Hinweis auf die Traumpaarung Lotus und Jochen Rindt, das schnellste Auto mit dem wohl schnellsten Piloten, aber die Beziehung endete im Alptraum – Rindt stürzte im Abschlusstraining zum Italien-GP 1970 zu Tode. Und auch der Einsatz in Indy wurde zum Fehlschlag, wie wir gleich noch sehen werden.

Der andere Hinweis: Es gebe zwei Beziehungen zu aktuellen Ereignissen. Die erste Beziehung war das Erscheinungsdatum 18. April, an diesem Tag 1942 wurde Rindt geboren, also vor 75 Jahren.

Die zweite Beziehung ist die Tatsache, dass mit Fernando Alonso wieder einmal ein Formel-1-Star in Indy antritt.

Der Lotus 64-Allradler war ein Fehlschlag. Rindts Indy-Stallgefährte Mario Andretti verlor im Training ein Rad und hatte einen schweren Unfall. Der in Italien geborene US-Amerikaner zog sich dabei Verbrennungen im Gesicht zu. Wie sich herausstellte, waren die Radnaben zu schwach dimensioniert und liefen zu heiss. Lotus-Gründer Colin Chapman zog die Nennung des Autos zurück, damit konnten Rindt und Graham Hill nicht an den Start gehen. Ein Riesenzirkus – das tagelang schnellste Auto im Feld war aus dem Rennen.

Mario Andretti sorgte dann für eine der üblichen Indy-Märchengeschichten. Nach dem schlimmen Crash stieg er in ein Vorjahres-Chassis von Hawk um – und gewann prompt sein einziges Indy 500! Andretti, der in den 28 anderen Indy-500-Einsätzen oft von rabenschwarzem Pech verfolgt war, profitierte an jenem Tag vom Pech eines Anderen. «Hard Luck» Lloyd Ruby fuhr nach einem Tankstopp mit dem Tankrüssel am Fahrzeug los und beschädigte dabei die Spritzelle irreparabel.

Es hätte 1969 der dritte 500-Start von Jochen Rindt werden sollen: 1967 wurde er 24., 1968 nur 32. (nach Startplatz 16).

Vor zwei Jahren erzählte Niki Lauda zum Todestag seines Landsmannes: «Ich fuhr damals in Zolder in der Formel 3. Am Samstag kam plötzlich ein Typ vorbei, den ich nicht kannte, und sagte, „der Rindt ist tot“. Ich glaubte es nicht, hielt ihn für einen Blödmann, der sich wichtigmachen wollte. Es liess mir aber keine Ruhe, ich versuchte bei der Fahrt ins Hotel einen Radiosender zu finden, der Nachrichten brachte. Dann musste ich es glauben.»

Gegen Jochen Rindt fuhr Lauda nicht, aber er hatte einige Erlebnisse mit ihm. «1968, ich war 19, fuhr ich meine ersten Bergrennen im Mini, war ein völlig unbekannter Anfänger. Im Herbst machte Jochen in Wien-Aspern eine Präsentation für seine kommende Rindt-Show. Ich stand hinter dem Zaun unter Journalisten, als er auf mich zukam und mich ansprach. Dabei kannten wir einander bis dahin gar nicht. Aber er wusste schon Bescheid. Das hat mich schwer beeindruckt.»

Als Rindt 1970 in Brands Hatch den britischen GP gewann, fuhr Lauda dort das Formel-3-Rennen. «Ich schaute beim Formel-1-Training in einer Kurve zu, es regnete. Da kam einer im Regen mit unheimlichem Speed völlig quer daher. Ich dachte mir nur: Wer ist der Irre? Es war Rindt. Ich sehe die Szene vor mir, als wäre sie gestern gewesen.»

In Monza arbeiten an diesem Wochenende noch fünf Journalisten, die an Rindts Schicksalstag auch hier waren. Der Schweizer Roger Benoit erzählt: «Jackie Stewart stellte mich Jochen vor und sagte: „Das ist ein Schweizer, der auch ständig raucht wie du.“ Dann rauchten wir an der Boxenmauer eine Zigarette zusammen.» Der deutsche Fotograf Rainer Schlegelmilch hielt das im Bild fest.
Benoits Landsmann Jacques Deschenaux, der als enger Freund von Jo Siffert (verunglückte ein Jahr später tödlich) in Monza war, erinnert sich: «Sonntag gewann Regazzoni für Ferrari, und das Autodrom stand Kopf. An Rindt dachte niemand mehr.»

Der Italiener Giorgio Piola verlor wegen Rindt sogar seinen Job: «Meine damalige Gefährtin war eng mit Nina Rindt befreundet. Wir waren in der Box, als Bernie Ecclestone mit Jochens Helm zurückkam und den Kopf schüttelte. Ich war so geschockt, dass ich das Autodrom verliess und vom Rennen am Sonntag nicht mehr berichtete. Mein Magazin hat mich darauf gefeuert. Pino Allievi wurde mein Nachfolger.» Der prägt seit Jahrzehnten die Formel-1-Berichterstattung der «Gazzetta dello Sport».

Wenn Bernie Ecclestone, den mit Rindt eine freundschaftlich-geschäftliche Beziehung verband, über Jochen spricht, wird er noch leiser als sonst. Der entmachtete Formel-1-Chef ist bis heute überzeugt: «Jochen war einer der besten Piloten aller Zeiten.»

Die Statistik wird dem enormen Talent des Mainzers nicht gerecht: 60 Formel-1-Starts, 6 Siege, 10 Pole-Positions, Le-Mans-Siege 1965 zusammen mit Masten Gregory.

Rindt ist bis heute der einzige Formel-1-Weltmeister, dem der Titel posthum verliehen wurde.

Und was wurde aus dem Lotus 64? Der Legende zufolge war Chapman über den Misserfolg so verärgert, dass er ein Auto vergraben liess. Eher der Wahrheit entspricht, dass Lotus Cars vierzig Jahre später eines der drei Chassis komplett restaurieren liess, es wurde beim 2008er Goodwood Festival of Speed präsentiert.

Zum neuen Rätsel: Diese Keilform ist unverwechselbar, aber dieser grosse Formel-1-Rennwagen taucht in ungewohnten Farben auf. Wir lernen: Orange muss nicht immer McLaren bedeuten. Und dann der Helm des Fahrers – auf den ersten Blick hätten wir Clay Regazzoni gesagt, aber das kann nun wirklich fast nicht sein. Was die Rennstrecke angeht, so gibt die kachelartige Wand hinter dem Renner den entscheidenden Hinweis.

Wer ist es?

Wo und wann ist das Bild entstanden?

Viel Glück beim Rätseln.

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