Fernando Alonso in Indy: Brillant im Rookie-Test
Fernando Alonso spulte in Indy seinen Rookie-Test herunter – wenn der Indianapolis-Neuling eine bestimmte Anzahl Runden mit bestimmtem Speed fahren muss.
Alexander Rossi, 2016 als Neuling gleich Sieger des 100. Indy 500: «Fernando ist einer der besten Fahrer der Welt. Ich hatte nie den Hauch eines Zweifels, dass er sich ans IndyCar-Fahren gewöhnen wird. Es war auch schön, Fernando etwas zurückzugeben – als ich damals in Singapur meinen ersten Grand Prix fuhr, kamen Fernando Alonso und Sebastian Vettel zu mir, um mir ein paar Tipps zu geben. Das habe ich nie vergessen.»
Ex-IndyCar-Pilot Bryan Herta betreute 2016 Rossi auf dem Weg zum Sieg, mit einer brillanten Spritspar-Taktik. Der US-Amerikaner sagt: «Gut ist, dass wir ein stabiles Reglement haben, das Team kann ihm also die ganze Erfahrung mit auf den Weg geben. Als ich damals das Indy 500 in Angriff nahm, sagte mir Mario Andretti etwas, das schon damals für mich galt – wenn es einen idealen IndyCar-Lauf gibt, um das Debüt zu geben, dann ist es das 500. Denn für welches andere Rennen hast du schon dreissig Trainingsstunden? Ansonsten gilt für Fernando, was er von der ersten Runde an zeigte, also sich langsam an alles herantasten, sich stetig steigern, keine Dummheiten machen.»
Nach einer weiteren Serie von Runden zwischen 210 und 215 Meilen (338 bis 346 km/h) kam Alonso an die Box, um sich frische Reifen abzuholen. Mehr als fünf Sätze Firestone-Reifen darf der Spanier nicht verbrauchen.
Wie regelmässig fuhr Alonso in Phase 2 seines Rookie-Tests?
Runde 1: 213,014 Meilen
2: 213,852
3: 212,694
4: 211,952
5: 212,369
6: 211,984
7: 212,423
8: 212,722
9: 212,926
10: 212,926 (also genau gleich schnell)
11: 212,929
Aus der Formel 1 ist Fernando Alonso Reifenwärmer gewöhnt, die gibt es in den USA nicht. Mario Andretti sagt: «Fernando wird sofort spüren, dass die frischen Reifen mehr Haftung bieten. Die Aufwärmphase ist nicht so problematisch wie in der Formel 1. Wenn du auf die Bahn gehst, sind die Reifen nach wenigen Kurven auf Temperatur.»
Um 11.31 Uhr (Lokalzeit) zischte Fernando wieder auf die Bahn, um das zweite Speed-Segment seines Rookie-Tests zu komplettieren. Nochmals zur Erinnerung: Für 2017 müssen die Indy-Neuling zehn Runden in einem Bereich zwischen 205 und 210 Meilen pro Stunde fahren (330 bis 338 km/h), dann fünfzehn Runden im Fenster zwischen 210 und 215 Meilen (338 bis 346 km/h) sowie fünfzehn Runden über 215 Meilen.
Alonso hatte genug Sprit mit auf den Weg erhalten, um auch gleich Phase 3 in Angriff zu nehmen.
Mario Andretti stellte fest: «Fernando blieb weiterhin konservativ, das ist völlig richtig, für den Rookie-Test musst du nicht auf den Zentimeter an die Mauer heranfahren.»
Alonso legte die letzten Runden von Phase 2 zurück, als hätte er nie etwas Anderes in seinem Leben getan, dann erhielt er über Funk die Anweisung: «Okay, Fernando, du darfst Speed aufnehmen.» Fernando reagierte mit einer 219,495 (353,24 km/h).
Mario Andretti: «Es ist wirklich toll, was wir hier sehen. Fernando hat exakt umgesetzt, was von ihm erwartet wurde. Besser kannst du das als Rookie nicht machen. Fernando blieb dann regelmässig in den 219ern, das ist ungefähr das Tempo, das du im Rennen fährst. Einen kritischen Punkt hat Alonso nun bereits hinter sich. Es gab keine Fehler, es gab vom Speed her keine Probleme, alles läuft tipptopp.»
Dann erhielt der Asturier die Anweisung, erneut an die Box zu kommen. Die Techniker guckten sich das Heck des Dallara-Honda an, Alonso erhielt erneut Kraftstoff. Alonso wurde auch hereingeholt, um ihm einen Klapps aufs Handgelenk zu geben: Nicht zu nahe an die weisse Linie fahren, bitteschön. Mario Andretti grinst: «Das zeigt, dass er hungrig ist, ich habe kein Problem damit.»
Auf den sozialen Netzwerken verfolgte eine halbe Million Fans die Runden von Alonso auf verschiedenen Kanälen.
Phase 3, also mit Runden von mehr als 215 Meilen, begann Alonso so:
Runde 1: 219,495 Meilen
2: 219,503
3: 219,379
4: 219,344
5: 219,145
Marco Andretti beugte sich kurz ins Cockpit von Alonso runter und sagte dann: «Fernando sagt, er fühle sich wohl im Wagen. Und er hat schon danach gefragt, ob man die Flügel endlich ein wenig flacher stellen könne. So redet ein Racer!»
Mario Andretti ergänzte: «Es macht mir unheimlich Freude, das hier alles mitzuerleben. Die Art und Weise, wie Fernando das macht, das ist überaus positiv.»
Inzwischen rückt die Regenzone immer näher, daher auch die Eile des Andretti-Autosport-Rennstalls.
Fernando Alonso kam nach dem dritten Segment an die Box, dritte Phase abgeschlossen, schnellste Runde – 219,614 Meilen (353,434 km/h).
Mario Andretti: «Toll gemacht, Fernando! Das war ein Meisterstück.»
Alonso stieg aus, mit einem sehr breiten Lachen im Gesicht. Nächste Phase gemäss Indy-Legende Johnny Rutherford: «Volle Kanne.»
Mario Andretti: «Jetzt kommt die Phase, die ich früher erwähnt hatte – er wird 1000 Fragen haben. Aber er hat alles richtig gemacht und kann sich entspannen. Jetzt muss er sich nicht mehr um weisse Linien und Mindesttempo kümmern.»
Nachdem er ausgestiegen war, grinste Alonso McLaren-Direktor Zak Brown an: «Kann ich dieses Auto bitte für Monza haben?»
Gegenüber Marco Andretti meinte der Spanier: «Er sagt, alles laufe gut, er wünscht sich nur ein wenig mehr Speed!»
Teamchef Michael Andretti: «Er hat die drei Phasen makellos gefahren. Jetzt können wir anfangen, mit dem Auto ein wenig zu spielen. Will heissen, wir fangen an, die Flügel ein wenig flacher zu stellen, damit wir an Tempo zu legen. Wir sehen, warum dieser Kerl in der Formel 1 so erfolgreich ist. Und ich musste schmunzeln, als er die Räder schon mal auf die weisse Linie setzte. Das zeigt, dass er am Experimentieren ist. Ich glaube, wir werden in diesem Monat hier in Indy einen ganz starken Alonso erleben.»