Sauber: So tickt Räikkönen-Nachfolger Charles Leclerc
Sauber-Teamchef Frédéric Vasseur streut Rosen, zu Beginn einer Saison ist immer alles wunderbar: «Ich freue mich sehr auf die kommende Saison und auch darauf, Marcus Ericsson und Charles Leclerc schon bald auf der Rennstrecke zu sehen. Wir haben in den letzten Monaten viel Arbeit und Energie in den C37 gesteckt. Deshalb ist es ein tolles Ereignis, heute das neue Auto präsentieren zu können. Was Charles betrifft, hat er sein Talent in vorherigen Formelklassen deutlich unter Beweis gestellt. Er hat sich ein Formel-1-Cockpit verdient.»
Charles Leclerc (20) wird von Ferrari behutsam als Kimi-Räikkönen-Nachfolger aufgebaut. Aber wer ist dieser Charles Leclerc eigentlich?
Als gebürtiger Monegasse lernte Charles die Formel-1-Welt schon in jungen Jahren kennen. Beim Grossen Preis von Monaco wurde Charles’ Leidenschaft zum Motorsport entzündet. «Als Vierjähriger war ich mit meiner Familie zu Gast bei Freunden meiner Eltern. Wir haben das Formel-1-Rennen von der Terrasse verfolgt – das Haus war direkt über der ersten Kurve, der Sainte Dévote. Während mein Freund und ich mit Spielzeug-Autos beschäftigt waren, hörten wir im Hintergrund die Formel-1-Motoren. Jeder hat besondere Erinnerungen an seine Kindheit – diese bedeutet mir viel.»
Schon im Alter von vier Jahren stand das Kartfahren für den jungen Charles an erster Stelle. Um nicht in den Kindergarten gehen zu müssen, sagte er seinen Eltern an einem Morgen, dass er sich nicht gut fühlen würde. Stattdessen nahm ihn sein Vater zu einem Treffen mit seinem besten Freund, Philippe Bianchi, mit. Zufälligerweise fand das Treffen auf Bianchis Kartbahn in der Nähe von Charles‘ Elternhaus statt.
Es dauerte nicht lange, da sass Charles in einem Kart und drehte seine erste Runde – zunächst noch mit einem Sicherheitsseil. «Ich kann mich noch gut an einen lustigen Moment erinnern. Bereits mit vier Jahren wusste ich, wie man den Motor eines Karts startete. Als mein Vater und ich an der Strecke ankamen, stieg ich ins Kart und fuhr einfach los. Mein Vater stand am Rand der Kartbahn, winkte mir zu und rief andauernd meinen Namen. Mir war nicht klar, was der Grund dafür war und so fuhr ich einfach weiter. Als ich dann nach ein paar Runden stehenblieb, wurde mir bewusst, dass ich keinen Helm trug. Ich war schon als Kind so fasziniert vom Motorsport, dass ich alles andere ausgeblendet habe.»
Nach nur wenigen Besuchen auf der Kartbahn war schnell klar, dass der Motorsport für Charles mehr als nur ein Hobby war. «Vom ersten Tag an wollte ich gewinnen», sagt Charles.
Schon bald zahlte sich Charles‘ Ehrgeiz und Leidenschaft aus: Er gewann diverse Kart-Meisterschaften (2005-2013) und wechselte 2014 in den Automobilsport. Bei seinen Anfängen im Formelsport wurde er 2014 und 2015 bester Rookie. In der Gesamtwertung belegte er 2014 den zweiten Platz der Formel Renault 2.0-Meisterschaft, ein Jahr später wurde er Vierter in der Formel-3-Europameisterschaft. 2016 wurde er GP3-Meister.
Im vergangenen Jahr (2017) stieg der Monegasse in die Formel-2-Meisterschaft auf (Nachfolgeserie der GP2) – mit grossem Erfolg. Bereits vor dem letzten Formel-2-Rennen stand Leclerc als Meister fest und sicherte sich mit einem grossen Vorsprung zur Konkurrenz den Meistertitel.
Als wichtiges Vorbild und damals engen Vertrauten nennt Charles seinen verstorbenen Freund Jules Bianchi. Charles betont, dass er Jules immer bewunderte und er ein grosses Vorbild war. «Ich habe den Grossteil meines Lebens damit verbracht, gegen Jules Rennen zu fahren. Wir sind zusammen aufgewachsen und haben fast jedes Wochenende auf der Kartbahn seines Vaters verbracht. Ich bin gegen niemanden anderen so oft Rennen gefahren, wie es bei Jules der Fall war. Diesen Rekord kann man nicht brechen.»
Beim Grossen Preis von Japan 2014 verunglückte Jules Bianchi bei einem tragischen Unfall, von dem er sich nicht mehr erholte. Im Sommer 2015 verstarb der junge Bianchi in Nizza. Im Jahr 2017 verlor Charles eine weitere Bezugsperson – im Alter von 19 Jahren verlor er seinen Vater, Hervé Leclerc.
Charles: «Es ist recht merkwürdig. Was meine Karriere betrifft, war 2017 für mich das beste Jahr meines Lebens. Andererseits war es aus persönlicher Sicht eine sehr schwierige Zeit. Der Motorsport sowie meine persönlichen Erfahrungen haben dazu beigetragen, dass ich sehr schnell erwachsen werden musste. Nur wenige Tage nach dem Tod meines Vaters startete ich in Baku ohne Erwartungen in das Wochenende, wusste aber zugleich, dass ich meinen Vater stolz machen wollte. Für ihn Rennen zu fahren, hat mir die Kraft gegeben, die ich gebraucht habe. Ich verdanke meinem Vater und Jules sehr viel – ich widme ihnen jedes Rennen und jeden Sieg.»
Als Ferrari-Junior-Fahrer freut sich Leclerc insbesondere darauf, die Formel-1-Saison 2018 mit den neuen Ferrari-Motoren zusammen mit dem Alfa Romeo-Sauber-Team in Angriff zu nehmen. «Mit den aktuellen Ferrari-Motoren werden wir als Team sicherlich Fortschritte machen. Auch die neue Partnerschaft mit Alfa Romeo ist spannend.»
Charles Leclerc tritt 2018 mit der Startnummer 16 an. Der Grund ist simpel: «Meine Lieblingszahl ist die Nummer 7. Diese ist jedoch in der Formel 1 schon vergeben (an Kimi Räikkönen, die Red.). Ich wurde am 16. Oktober geboren, daher ist 16 eine bedeutende Zahl für mich. Ausserdem ergibt 1 und 6 auch wieder meine Lieblingszahl 7 – ein guter Kompromiss!»