Toto Wolff: «150 Millionen Dollar sind viel zu wenig»
Mercedes-Motorsportdirektor Toto Wolff weiss, was er von GP-Zirkusdirektor Chase Carey fordert
Die Formel-1-Teamchefs hielten sich im Fahrerlager von Bahrain vornehm zurück, wenn die Sprache auf die Sitzung kam, in der die GP-Zirkusdirektoren von Liberty Media und die Abgesandten des Automobilweltverbands FIA die Marschrichtung für den Sport ab 2021 präsentierten. Schliesslich hatten sie über die Details des Zukunftsprogramms Stillschweigen vereinbart.
Dennoch dauerte es nicht lange, bis die ersten Einzelheiten die Runde machten. Demnach soll ab 2021 eine Budget-Obergrenze von 150 Millionen Dollar für mehr Chancengleichheit in der Startaufstellung der Königsklasse sorgen. Allerdings sollen bei dieser diverse Kosten – wie etwa die Fahrergehälter, die Marketing-Budgets und die Saläre ranghoher Mitarbeiter – nicht dazugezählt werden.
Deshalb erklärt Mercedes-Motorsportdirektor Toto Wolff im Sky-TV-Interview auch: «Man muss diese Zahl relativieren, denn das Marketing, die Fahrer und sehr viele andere Dinge sind da ausgenommen.» Dennoch betont der Wiener: «Wir Hersteller betreiben bei unserer Arbeit mit der Antriebseinheit auch viel Aufwand, von dem auch unsere Kunden profitieren.»
Wolff kommt zum Schluss: «Diese Zahl ist also für die grossen Teams viel zu tief, doch wenn man sich die Details genau anschaut, dann geht es nun darum, zusammen mit Liberty einen gutem Kompromiss zu finden.» Der 46-jährige Österreicher stellt denn auch unmissverständlich klar: «Diese Zahl ist nicht realistisch, aber vielleicht ist etwas Vernünftiges umsetzbar.»
Der erfolgreiche Geschäftsmann weiss: «Wir alle haben doch die gleichen finanziellen Zwänge. Und wenn man alle Kosten dazurechnet, die von der Budget-Obergrenze ausgeschlossen sind, kommt man auf eine sehr viel höhere Zahl, etwa auf 250 Millionen Dollar. Das sieht dann plötzlich nicht mehr so verrückt aus.»
Trotzdem warnt Wolff auch mit Blick auf den drohenden Personalabbau in den eigenen Reihen: «Meine erste Sorge gilt dem Schutz unserer Strukturen und Teammitglieder. Man darf nicht vergessen, dass wir schon lange da sind, wie Ferrari und Red Bull Racing auch, und einige Strukturen nun einmal so gewachsen sind. Damit muss man klarkommen. Nun geht es darum eine Lösung zu finden, um ein nachhaltiges Geschäftsmodell umzusetzen, ohne irgendjemanden in Not zu bringen.»
Immerhin wisse man jetzt, woran man sei, fügt das Mercedes-Teamoberhaupt an. «Davor tappten wir ziemlich im Dunkeln. Nun kennen wir ihre Position und können uns aufeinander zu bewegen. Nun kann man den Vorschlag wenigstens genau prüfen und herausfinden, was man mag und was realisierbar ist. Wir müssen einen Kompromiss finden, das ist unser erstes Ziel.»
«Solange frische Ideen kommen, die uns helfen, unsere Einnahmen und unser Publikum zu vergrössern, ohne die bestehenden Fans zu verlieren, sind wir dabei», erklärt Wolff weiter, fügt aber auch eilends an: «Wir wollen die Tradition der Formel 1 wahren. Es ist ein Hightech-Sport, in dem die besten Fahrer in den besten Autos unterwegs sind. Solange wir das mit einem stabilen Geschäftsmodell erhalten können, sind wir glücklich.»