Mercedes: So entsteht das Auto von Lewis Hamilton
Von Mathias Brunner
Am 13. Februar rückt Lewis Hamilton in Silverstone erstmals mit seinem 2019er Silberpfeil aus. Mercedes-Technikchef James Allison spricht darüber, wie der Mercedes F1 W10 EQ Power+ entstanden ist.
Die Dauer-Weltmeister von Mercedes-Benz sind in der neuen Turbo-Hybrid-Ära der Formel 1 ungeschlagen: Seit 2014 ist der Rennstall aus Brackley (England) Sieger im Konstrukteurs-Pokal, Lewis Hamilton hat vier WM-Titel erobert (2014, 2015, 2017 und 2018), Nico Rosberg einen (2016). Für 2019 sieht Teamchef Toto Wolff im Visier: Sechster Markentitel in Folge, das hat zuvor erst Ferrari geschafft, von 1999 bis 2004.
Das Werkzeug, um die Gegner auch weiter hinter sich zu halten, heisst Mercedes F1 W10 EQ Power+ und wird am 13. Februar mit Lewis Hamilton auf die ersten Installationsrunden gehen. In Silverstone und später bei den Barcelona-Wintertests wird der Wagen in einer Tarnlackierung fahren. Mercedes-Technikchef James Allison sagt über die Entstehung des neuen Silberpfeils: «Die Arbeit an einem neuen Rennwagen beginnt viel früher als die meisten Menschen denken. Das Fundament für den W10 wurde in den letzten Monaten des Jahres 2017 gegossen. Die Arbeit fängt mit den Designern unserer Motorenabteilung HPP in Brixworth an, die sich gemeinsam mit den Chassis-Spezialisten von Brackley auf die Ziele für das kommende Auto einigen. Als Designer suchst du immer nach Wegen, mehr Leistungsfähigkeit aus einem Renner zu kitzeln, durch Lösungen, die vielleicht beim Vorgängermodell nicht umsetzbar waren. Die so genannte Konzeptgruppe befasst sich dabei mit verschiedenen Ansätzen.»
«Ich muss immer ein wenig schmunzeln, wenn die Leute glauben, dass der Winter bei einem Rennstall ruhiger sei als die Rennsaison. In Wahrheit ist es nie ruhig. Bei uns brummt es das ganze Jahr über. Denn du arbeitest parallel – eine Gruppe befasst sich mit der Entwicklung des aktuellen Autos, eine andere arbeitet am Wagen des folgenden Jahres. Um den Jahreswechsel herum kommen alle Bauteile langsam zusammen. Der Aufbau beginnt, zuerst in kleineren Baugruppen, dann in grösseren.»
«Zuvor ging monatelang in den Design-Büros das Licht nicht mehr aus. Hunderte von Konstruktionszeichnungen werden dort pro Tag hergestellt. Aufträge an Lieferanten und der Bau von Teilen im eigenen Werk erfordern viel Voraussicht, alles ist bis ins Details pefekt getimt, damit es beim Aufbau keine Verzögerungen gibt. Jedes Teil wird durch und durch geprüft. Wenn wir es am Rennauto auf die Strecke bringen, dann müssen wir uns seiner Standfestigkeit so sicher sein, als würden wir schon jahrelang damit arbeiten.»
«Ein besonderer Moment im Werk ist das Fire-up, wenn wir also den Motor im Chassis das erste Mal brüllen lassen. Seit dem letzten Test in Abu Dhabi sind viele Wochen vergangen, ohne einen Formel-1-Motor im Auto zu hören, und viele Mitarbeiter lassen sich diesen Moment nicht entgehen. Noch ist das Auto nicht fertig, aber die wichtigsten Komponenten sind zusammengebaut. Mich erinnert das immer ein wenig an Arnold Schwarzenegger, wenn unter der Haut der Terminator zu entdecken ist. Das Fire-up ist jener Moment, wenn der Wagen gewissermassen zum Leben erweckt wird. Und es ist laut! Selbst wer nicht im Saal anwesend ist, kann das Auto in den anderen Abteilungen hören. Das Fire-up ist ein wundervoll emotionaler Augenblick.»
Der 50jährige Engländer erzählt weiter: «Das Fire-up ist für uns ungefähr der halbe Weg von jenem Punkt, wenn die ersten Teile fertig sind bis zum Rennstart in Australien. Der Aufbau ist ziemlich arbeitsaufwändig. Die Menschen spüren den Druck, auf Zeit fertig werden zu müssen.»
«Was ich immer witzig finde: Die Fahrer sind in dieser Phase zumeist abwesend, aber doch ständig präsent. Während wir das Auto vorbereiten, bereiten sich die Piloten auf die Saison vor. Das Auto ist immer eine Verkörperung der Fahrer. Denn nach jedem einzelnen Test und Training und Rennen sitzen die Piloten lange mit den Technikern zusammen, um uns zu sagen, was der Wagen macht, wo er gut war, wo weniger gut, in welchen Bereichen wir zulegen müssen. All diese Erfahrungen fliessen in den neuen Wagen ein.»
«Wir stehen vor den beiden Wintertests auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya. Aber wir reisen nicht unvorbereitet nach Spanien. Wir haben in Silverstone die Möglichkeit eines Funktionstests. Dabei merken wir, ob wir unsere Hausaufgaben erledigt haben. Der Funktionstest ist die letzte Möglichkeit, um auf ein Problem zu reagieren. Denn später, wenn wir in Spanien testen, zählt jede Runde. Wir haben lediglich acht Testtage, da kannst du dir längere Zwangspausen nicht leisten.»
«Was ich immer ein wenig schade finde: Wir achten so hochkonzentriert darauf, dass beim Funktionstests alles auf Herz und Nieren geprüft wird, da geht die emotionale Seite fast verloren. Du kannst den Moment kaum schätzen, dass hier ein neuer Wagen, das Ergebnis solch langer Arbeit, erstmals auf die Bahn geht. Ich würde das gerne etwas mehr geniessen.»
«Wenn alles gut gelaufen ist, dann legst du dich am Abend mit einem warmen Gefühl ins Bett. Du hast den Eindruck, dass sich die ganze, immens grosse Vorbereitung gelohnt hat und das Produkt stimmt. Und du hoffst, dass der Wagen hält, was wir uns alle von ihm versprechen.»
Formel 1 2019
Team-Präsentationen, Roll-out, Filmtage
11. Februar: Toro Rosso (online)
12. Februar: Renault (Enstone)
13. Februar: Force India (Toronto), Look
13. Februar: Mercedes-Benz (Silverstone)
13. Februar: Red Bull Racing
14. Februar: Sauber (Fiorano), Roll-out
14. Februar: McLaren (Woking)
15. Februar: Ferrari (Maranello, online)
15. Februar: Haas (Barcelona), Roll-out
17. Februar: Ferrari (Barcelona), Filmtag
18. Februar: Sauber (Barcelona)
Wintertestfahrten
18. bis 21. Februar: Wintertest 1, Barcelona
26. Februar bis 1. März: Wintertest 2, Barcelona
Saison 2019
17. März: Australien, Melbourne
31. März: Bahrain, Sakhir
14. April: China, Shanghai
28. April: Aserbaidschan, Baku
12. Mai: Spanien, Barcelona
26. Mai: Monaco, Monte Carlo
9. Juni: Kanada, Montreal
23. Juni: Frankreich, Le Castellet
30. Juni: Österreich, Spielberg
14. Juli: Grossbritannien, Silverstone
28. Juli: Deutschland, Hockenheim
4. August: Ungarn, Budapest
1. September: Belgien, Francorchamps
8. September: Italien, Monza
22. September: Singapur, Singapur
29. September: Russland, Sotschi
13. Oktober: Japan, Suzuka
27. Oktober: Mexiko, Mexiko-Stadt
3. November: USA, Austin
17. November: Brasilien, São Paulo
1. Dezember: Abu Dhabi, Yas Marina