Fittipaldi zu Vettel: Muss aufpassen, was ich sage
Emerson Fittipaldi in Hockenheim
Ein paar Minuten lässt sich Emerson Fittipaldi Zeit. Der 72-Jährige ist die Ruhe selbst, als wir mit ihm beim DTM-Saisonfinale in Hockenheim verabredet sind. Als wir ihn dann auf Sebastian Vettel und Ferrari ansprechen, ist er sofort in seinem Element. Und nimmt sich Zeit. Kann es Vettel immer noch mit seinem Teamkollegen Charles Leclerc aufnehmen?
«Natürlich. Er ist immer noch extrem talentiert, extrem schnell. Das hat er im letzten Rennen noch gezeigt», sagte Fittipaldi SPEEDWEEK.com.
Und erinnert sich an Vettels ersten Sieg im Toro Rosso, 2008, im Regen von Monza. «Ich war da. Und ich habe nur gedacht: ‚Wer ist dieser Vettel?‘. Jetzt kommen andere ‚junge Löwen‘ nach wie Max Verstappen oder eben Leclerc.»
Durch das Strategie-Desaster beim Russland-Rennen wurde der Eindruck erweckt, dass Vettel möglicherweise im Gegensatz zum aufstrebenden Leclerc nicht die volle Unterstützung durch die Roten erhält.
«Sie wollen, dass beide gewinnen. Natürlich unterstützen sie ihn, sie mögen ihn sehr», betont Fittipaldi, der immer noch weiß, wie das mediale Geschäft funktioniert. Vor allem in Italien. «Ich muss ein bisschen aufpassen, was ich sage. Sie lieben dort die Polemik», grinst er. Aber keine Frage: «Ich sehe Ferrari gerne gewinnen, denn es ist gut für die Formel 1, wenn jemand Mercedes herausfordern kann, wie zum Beispiel auch Red Bull Racing. Die Teams sind teilweise zu weit auseinander.»
Zu seiner Zeit war das anders. Fittipaldi fuhr von 1970 bis 1980 für Lotus, McLaren und das Team seines Bruders Wilson, feierte 14 Siege in 144 Rennen und wurde 1972 und 194 Weltmeister. Fittipaldi: «Da waren die Autos sehr ähnlich, die Teams auch. Junge Fahrer hatten ganz andere Möglichkeiten. Heute muss man in einem Topteam sein, um sein Talent zeigen zu können.»
In seiner Karriere ist der umtriebige und bis ins hohe Alter noch aktive Fittipaldi gegen drei Generationen gefahren. Jackie Stewart, Niki Lauda, Carlos Reutemann, Gilles und Jacques Villeneuve oder Nigel Mansell. «Das waren alles fantastische Champions», so Fittipaldi.
Zu einem Duell mit dem großen Ayrton Senna kam es aber nicht. Senna fuhr damals in der Formel 1, Fittipaldi in den USA in der IndyCar Wold Series. Aber: Fittipaldi lud seinen jungen Landsmann zu einer Indy-Testfahrt ein, die Senna auch absolvierte. «Das war ein großer Spaß. Ich wollte, dass er dort mit mir fährt. Ron Dennis (damals McLaren-Boss, Anm.d.Red.) war aber dagegen.»
Der Grund für Fittipaldis Besuch in Hockenheim war vor allem sein Enkel. Pietro Fittipaldi beendete dort seine erste DTM-Saison mit dem Audi-Kundenteam WTR, ist außerdem Testfahrer für Haas in der Formel 1. Die Pläne für 2020? «Er ist weiterhin Testfahrer bei Haas. Sie mögen ihn sehr. Ich hoffe, dass er 2021 dann in der Formel 1 landet», sagte sein Großvater, der hofft, dass Pietro in der kommenden Saison in der DTM bleibt. «Sie ist eine gute Option. Er hat aber auch Angebote aus der IndyCar-Serie. Ich würde es aber bevorzugen, dass er in Europa bleibt.»
Vielleicht rückt mit Pietro nach dem Abschied von Felipe Massa endlich mal wieder ein Brasilianer in die Formel 1 auf. Fittipaldi kritisiert sein Heimatland für die mangelnde Nachwuchsarbeit.
«Wenn du in der Formel 1 bist, lieben die Leute es und unterstützen dich. Auf dem Weg dorthin aber nicht. Wir haben keine Formel-Nachwuchsserie in Brasilien wie die Formel 4 zum Beispiel, sagte er. «Wenn ein Junge Erfolg im Kartsport ist, muss er nach Europa. Und das kostet viel Geld. Wir müssen die junge Generation besser unterstützen. Jetzt zahlen wir den Preis dafür.»