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History: Allrad-Antrieb im GP-Sport ein Fiasko

Von Mathias Brunner
​Gut gemeint ist leider oft das Gegenteil von gut: Die Formel 1 gilt als Schmelztigel der hellsten Köpfe in der Vollgasbranche, aber nicht jede Idee setzt sich durch. So wurde der Allrad-Antrieb zu einem Fiasko.

Das Leben ist nicht immer fair, auch nicht in der Königsklasse: Einige Einfälle waren ihrer Zeit voraus, andere kamen hingegen zu spät, wieder andere scheiterten an Umständen, die von den Technikern nicht vorhergesagt werden konnten.

Hin und wieder dauert es sogar in der Formel 1 eine ganze Weile, bis der Groschen fällt: Die britische Renn-Legende Stirling Moss triumphierte beim Gold-Cup von Oulton Park (England) 1961 im Ferguson P99. Das Bemerkenswerte an diesem Auto: Es wies vier angetriebene Räder auf.

Dennoch könnten wir nun nicht behaupten, dass eine Revolution in Gang gesetzt war, wie Ende der 50er Jahre mit dem Umbruch von GP-Rennern mit Frontmotor zu Heckmotor-Boliden.

Gewiss, jeder hatte Hochachtung vor dem Sieg des besten Fahrers seiner Ära, aber hatte es in Oulton Park nicht geregnet? Ging der Sieg bei diesem nicht zur WM zählenden Lauf nicht eher auf das Konto von Stirlings Lenkradartistik?

Die Wurzeln des Ferguson gehen auf Motorrad-Star Freddie Dixon zurück. Er wollte mit einem allradgetriebenen Auto den Geschwindigkeits-Weltrekord angreifen. Leider konnte er sein Projekt nie finanzieren.

Auf der Suche nach Geld traf er Harry Ferguson, einen Traktoren-Hersteller. Zusammen mit einem weiteren Rennfahrer (Tony Rolt, 1953 Le-Mans-Sieger) wurde eine Forschungsfirma gegründet, die sich unter anderem um Allradantrieb kümmerte.

Ferguson klopfte an verschiedene Türen, doch kein Hersteller war interessiert. Worauf der Unternehmer kurzerhand selber einen GP-Renner baute.

Aber die Formel 1 befand sich im Wandel, das Motorenreglement wurde umgestellt, von 2,5-Liter-Aggregaten auf 1,5-Liter-Motoren. Die kleineren, leichteren Triebwerke bedeuteten: Der Vorteil des Vierrad-Antriebs war durch dessen Gewicht eliminiert. Zudem besass Ferguson nie die Mittel, um ein Team in der Formel-1-WM einzusetzen.

So gingen einige Jahre ins Land, bis BRM gegen Ende der 60er Jahre wieder mit Allrad-Antrieb von Ferguson zu experimentieren begann. Inzwischen fuhr fast die ganze Formel 1 mit dem Dreiliter-V8-Motor von Cosworth.

Auch Matra (mit dem Modell MS84), Lotus (mit dem Typ 63) und McLaren (mit einem klobigen M9A) sowie Cosworth selber (mit einem eher unattraktiven rollenden Labor, das nie in die Nähe eines Autorennens kam) befassten sich mit Vierradantrieb. Ferguson freilich blieb der einzige Sieger – denn über einen zweiten Rang eines Lotus 63 von Jochen Rindt (kurioserweise erneut im Gold-Cup) kamen die Anderen nie hinaus.

Zumal die Probleme die gleichen geblieben waren: zu viel Gewicht, zu schwierig im Wagen unterzubringen, zu voluminös.

Enorme Fortschritte in der Reifenentwicklung sowie die Entdeckung von Flügeln zur Verbesserung der Traktion machten dem Vierrad-Antrieb in der Formel 1 dann den Garaus.

Seit 1983 untersagt das Formel-1-Reglement Allradler.

Den Siegeszug im Motorsport mussten andere antreten: Audi bewies mit dem Quattro bei Rallyes Vorsprung durch Technik und fuhr die Gegner in Grund und Boden. Das war einer der Gründe, wieso die Regelhüter in der Formel 1 einschritten. Sie befürchteten ein sündhaft teures Wettrüsten und die Überlegenheit eines einzelnen Herstellers.

Und was wurde aus dem P99? Er ermöglichte Peter Westbury den britischen Bergtitel 1964.

2010 wurde der Wagen bei einer Auktion verkauft – an Stuart Rolt, den Sohn des damaligen Ferguson-Mitarbeiters Tony Rolt.

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