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Lando Norris: Der Klassenclown der Formel 1

Von Andreas Reiners
Lando Norris

Lando Norris

In seiner Rookie-Saison 2019 brachte Lando Norris frischen Wind in die Formel 1. Er will zwar etwas reifer agieren, aber zum Glück bleibt er sich auch in der Coronavirus-Zwangspause treu.

Es gibt sie noch, die erfrischenden Ausnahmen. Sie sind selten geworden, und umso mehr fallen sie auf. Fahrer, die Klartext reden, kein Blatt vor den Mund nehmen, die Humor haben. Und auch wissen, wie man ihn transportiert.

Sebastian Vettel gehört zu ihnen. Lewis Hamilton. Klar, Daniel Ricciardo auch. Kimi Räikkönen mit seiner schrullig-introvertierten Art ebenfalls.

Und seit der Netflix-Doku «Drive to Survive» wissen wir, dass auch Haas-Teamchef Günther Steiner abendfüllende Unterhaltung kann.

Und dann wäre da noch Lando Norris.

Der Jüngste in der Runde. Er war 2019 der Rookie. 20 Jahre jung, McLaren-Pilot. Mit seiner unbekümmerten und witzigen Art wirkt er wie einer, der Social Media beherrscht und den Nerv der Fans trifft. Achja, und zufällig auch ganz gut Rennautos bewegen kann.

Dabei ist er in erster Linie Rennfahrer, doch er bedient an zweiter Stelle genau das, was der Formel 1 immer noch viel zu oft fehlt: Mut zur Selbstironie, zu Albernheiten, zur zwischenzeitlichen Abkehr von der Ernsthaftigkeit des Milliarden-Geschäfts.

Da werden Lachflashs wegen eines Schamhaarwitzes auf der Pressekonferenz salonfähig.

Norris ist einer, der der oft zu ernsten Königsklasse den Spiegel vorhält und in Interviews gerne den Spaßvogel macht, schon mal derbe auf die Etikette pfeift. Andere Nachwuchsfahrer in seinem Alter sind in der Regel darum bemüht, dem PR-Leitfaden ihres Teams zu folgen.

Norris ist da mehr Typ Klassenclown.

Auch am Funk sorgt er immer wieder für Perlen. Zum Beispiel, als er sich Ende der vergangenen Saison von seinem Renningenieur Andrew Jarvis verabschiedete und seine Tränen nicht zurückhalten konnte.

Oder auf Twitch. Dort streamt er seine Einsätze in der virtuellen Welt, die es in der aktuellen Coronavirus-Pause öfter gibt. Wie am vergangenen Sonntag, als er beim von der Formel 1 organisierten GP von Bahrain im Sim-Racing teilnahm und bereits beim Qualifying aus dem Spiel flog. Das Ergebnis: der letzte Startplatz.

Norris überbrückte die Wartezeit bis zum Rennen (in dem er Fünfter wurde) mit Anrufen bei allerlei Prominenz aus der Formel 1, holte sich Tipps bei Max Verstappen, seinem McLaren-Teamkollegen Carlos Sainz oder George Russell.

Bestes Beispiel für typischen Norris-Humor: «Ich bin gerade dabei, mein Rennen zu starten», sagte er zu Russell. «Und ich bin Letzter in der Startaufstellung. Und ich wollte die Person anrufen, die in der letzten Saison die meiste Erfahrung mit einem Start in der letzten Reihe gemacht hat.» Russell saß 2019 im komplett unterlegenen Williams.

Norris ist Vertreter der Generation Z. Alleine auf Instagram folgen ihm rund 1,3 Millionen Fans, auf Twitter sind es 365.000 Follower.

Das kommt nicht von ungefähr, der 20-Jährige aus Bristol unterhält auch dort sein Publikum, oft und gerne mit witzigen Bemerkungen, Bildern und Filmchen. Als «Meme Lord», wie er auch genannt wird.

«Ich wuchs damit auf», sagt Norris. «Ich war schon als Knirps in den sozialen Medien präsent, vielleicht sogar etwas zu früh, als ich es hätte sein sollen», gestand er. «Es ist ein Teil meines Lebens, und es ist auch eine gute Gelegenheit, den Fans zuhause einen besseren Blick hinter die Kulissen zu ermöglichen. Sie bekommen eine bessere Vorstellung davon, wie der Alltag eines Formel-1-Fahrers aussieht.»

Mit Kritik muss er trotzdem leben, denn es gibt Momente, da wird ihm die Unbekümmertheit negativ ausgelegt. Nach dem Motto: Kann man mit so viel Spaß den Rennfahrer-Job ernsthaft betreiben?

Norris will es etwas ernster angehen lassen. «Ich werde immer noch der sein, der ich bin. Ich werde weiterhin Spaß haben und Scherze machen», sagte er. «Wenn ich an etwas arbeiten und mich auf etwas fokussieren musste, habe ich das getan. Allerdings werden Dinge manchmal anders dargestellt», so Norris.

Es ärgert ihn, dass der Grund für seine Fehler gerne mal in den Späßchen gesucht wird. «Das lässt mich so aussehen, als sei ich nicht aufs Wesentliche fokussiert verglichen mit anderen Fahrern. Denn andere Piloten posten eben keine lustigen Videos», betonte er.

Zum Glück gibt es sie noch, die erfrischenden Ausnahmen.


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