Franz Tost (AlphaTauri): Geheimnis von Pierre Gasly
AlphaTauri feierte den Sieg von Pierre Gasly
Nach dem verrückten Grossen Preis von Italien in Monza haben wir augenzwinkernd festgehalten: Wer auf ein Siegerpodest aus Pierre Gasly (AlphaTauri), Carlos Sainz (McLaren) und Lance Stroll (Racing Point) Geld gesetzt hätte, der hätte wohl einen schönen Batzen Geld verdienen können. Finnische Medien berichten nun: Einen solchen Mann gibt es wirklich. Ein Grand-Prix-Fan aus Tampere hat 20 Cent auf dieses Podesttrio gesetzt – und ist nun um 33.398 Euro reicher.
Hand aufs Herz: Vor dem achten WM-Lauf der Saison hätte auch AlphaTauri-Teamchef Franz Tost nicht mit einem Sieg seines französischen Piloten gerechnet. Für SPEEDWEEK.com hat sich der 64-jährige Tiroler Zeit für ein paar Gedanken genommen.
Franz, welches ist für dich der Schlüsselmoment zum Erfolg von Pierre Gasly gewesen?
Es gab mehrere. Da war der frühe Stopp vor der ersten Safety-Car-Phase, was zunächst wie ein Nachteil für uns wirkte, dann der gute Start von Pierre nach der Rennunterbrechung, das Überholmanöver gegen Lance Stroll und schliesslich die fehlerfreie Fahrt von Gasly.
Pierre ist derzeit in beneidenswerter Form. Er hat schon Mitte 2019 nach seiner Versetzung von Red Bull Racing zu Toro Rosso grosse Rennen gezeigt. Geht das auf eine Art Jetzt-erst-recht-Einstellung zurück? Welche Rolle spielt hier der Wohlfühlfaktor in einem Team? Immerhin hat Pierre euch als seine Familie bezeichnet.
Ich finde, der Wohlfühlfaktor spielt bei jedem Fahrer eine ganz entscheidende Rolle. Das Vertrauen zum Team und Auto sind wichtige Elemente, um erfolgreich zu sein. Pierre kam mit dem Rennwagen bereits 2019 in Spa bei seinem ersten Einsatz gut zurecht, verliess sich auf die Arbeit seiner Ingenieure und steigerte von Rennen zu Rennen seine Performance und damit auch sein Selbstvertrauen. Das wurde am Ende der Saison 2019 mit dem bärenstarken zweiten Platz in São Paolo untermauert. Und er hat den Schwung in die neue Saison mitgenommen.
Zum Schluss des Italien-GP rückte Carlos Sainz immer näher. Wie zuversichtlich warst du, dass Pierre die Führung verteidigen kann?
Wir waren im zweiten Pistensektor jeweils drei bis vier Zehntelsekunden schneller. Dadurch kam Carlos zwar auf der Start/Ziel-Geraden näher, aber zum Überholen hätte es nicht gereicht. Ich war mir daher sicher, dass Pierre den ersten Platz nicht verliert. Die Fahrzeugabstimmung war zum Schluss der entscheidende Faktor. Sainz war im ersten Sektor in der Regel um zwei Zehntel schneller, Pierre aber wie gesagt im Mittelteil.
Um in Monza attackieren und überholen zu können, muss man im zweiten Sektor nahe genug herankommen. Das konnten wir durch das Set-up und die fahrerische Klasse von Pierre verhindern.
Wo liegt in Monza eigentlich der Grat zwischen von einem Windschatten profitieren und in Luftturbelenzen leiden?
Dieser schmale Grat bestimmt die Performance. Bei zu wenig Abtrieb ist das Fahrzeug auf der Geraden schnell, verliert aber zu viel in den Kurven. Wir testeten Freitag im zweiten freien Training weniger Abtrieb, verloren aber an Performance, weil wir auf der Bremse und in den Kurven an Zeit einbüssten und zusätzlich den Reifenverschleiss erhöhten. In Lesmo 1 und 2 sowie in der Ascari und Parabolica benötigt der Flügel vorne eine gute Anströmung, sonst untersteuert das Auto viel zu stark.
Wie hat sich Gasly während der Führung am Funk verhalten? Verlangte er nach Informationen? Oder bat er um Funkstille, um sich ganz auf seine Aufgabe zu konzentrieren? Die Fahrer reagieren ja sehr unterschiedlich.
Es gab eigentlich nur wenig Funkverkehr. Pierre hatte alles unter Kontrolle.
Seit Monza muss im Abschlusstraining und im Rennen mit der gleichen Motoreinstellung gefahren werden. Wie hat sich das deiner Meinung nach aufs Kräfteverhältnis im Feld ausgewirkt?
Nachdem die Hersteller am Motorprüfstand -zig Versuche gefahren sind, um die Mappings anzupassen, hat sich da nicht viel geändert.
Daniil Kvyat hat derzeit gegen Gasly einen schweren Stand. Woran liegt das?
Gasly fährt hervorragend, Daniil wurde von einigen Fehlern seitens des Teams zurückgeworfen. Sein Unfall in Silverstone zum Beispiel war die Schuld des Teams.
Der Japaner Yuki Tsunoda schlägt sich in seiner ersten Formel-2-Saison sehr gut und hat schon zwei Rennen gewonnen. Was muss der Honda-Junior tun, um 2021 in einem AlphaTauri-Renner zu sitzen?
(Er schmunzelt.) Weiter tüchtig Gas geben!
Italien-GP in Monza
1. Pierre Gasly (F), AlphaTauri, 1.20:11,783h
2. Carlos Sainz (E), McLaren, +0,415 sec
3. Lance Stroll (CDN), Racing Point, +3,358
4. Lando Norris (GB), McLaren, +6,000
5. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes, +7,108
6. Daniel Ricciardo (AUS), Renault, +8,391
7. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, +17,245
8. Esteban Ocon (F), Renault, +18,691
9. Daniil Kvyat (RUS), AlphaTauri, +22,208
10. Sergio Pérez (MEX), Racing Point, +23,224
11. Nicholas Latifi (CDN), Williams, +32,876
12. Romain Grosjean (F), Haas, +35,164
13. Kimi Räikkönen (FIN), Alfa Romeo, +36,312
14. George Russell (GB), Williams, +36,593
15. Alex Albon (T), Red Bull Racing, +37,533
16. Antonio Giovinazzi (I), Alfa Romeo, +55,199
Out
Max Verstappen (NL), Red Bull Racing, Motor
Charles Leclerc (MC), Ferrari, Crash
Kevin Magnussen (DK), Haas, Antriebsschaden
Sebastian Vettel (D), Ferrari, Bremsen
WM-Stand Fahrer nach 8 von 17 Rennen
1. Hamilton 164 Punkte
2. Bottas 117
3. Verstappen 110
4. Stroll 57
5. Norris 57
6. Albon 48
7. Leclerc 45
8. Gasly 43
9. Sainz 41
10. Ricciardo 41
11. Pérez 34
12. Ocon 30
13. Vettel 16
14. Nico Hülkenberg (D) 6
15. Kvyat 4
16. Giovinazzi 2
17. Magnussen 1
18. Latifi 0
19. Räikkönen 0
20. Grosjean 0
21. Russell 0
Marken
1. Mercedes 281
2. Red Bull Racing 158
3. McLaren 98
4. Racing Point 82 (81)*
5. Renault 71
6. Ferrari 61
7. AlphaTauri 47
8. Alfa Romeo 2
9. Haas 1
10. Williams 0
* 15 Punkte Abzug wegen Einsatzes illegal kopierter Bremsbelüfung