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Peter Sauber: «Ich würde Kimi Räikkönen behalten»

Von Gerhard Kuntschik
Peter Sauber 2018 beim Grossen Preis von Spanien

Peter Sauber 2018 beim Grossen Preis von Spanien

​Rennstallgründer Peter Sauber spricht über die heutige Formel 1 und sagt, wieso der Hybridweg seiner Ansicht nach falsch ist. Den 41jährigen Kimi Räikkönen würde der Schweizer unbedingt behalten.

Aus einem kleinen Sportwagenteam der 70er Jahre machte der frühere Rennfahrer Peter Sauber die Sauber Motorsport AG in Hinwil, brachte Mercedes Ende der 1980er in den Motorsport zurück, gewann Le Mans und stieg 1993 in die Formel 1 ein. 2016 verkaufte der heute 77-Jährige Zürcher sein Lebenswerk an die Schweizer Investmentgruppe Longbow, die sich später mit dem Fiat/Chrysler-Konzern zunächst auf ein Sponsoring mit Alfa Romeo und dann auf den neuen Team-Namen «Alfa Romeo Racing» einigte.

Peter Sauber hat das Interesse am Rennsport nicht verloren und besucht in der Regel einige Grands Prix pro Jahr. Was der Schweizer über die heutige Formel 1 denkt, sagt er im Interview mit SPEEDWEEK.com.

Herr Sauber, schauen Sie eigentlich noch Formel 1 im Fernsehen?

Ja, natürlich. Ich bin seit gut vier Jahren weg von der Firma, habe auch keine Anteile mehr. Aber es ist schwierig, sich von etwas zu trennen, das man über Jahre mit dem ganzen Herz getan hat. Ich verfolge die Formel 1 intensiv im Fernsehen und habe die Detailzeiten und Daten des Formel-1-Managements auf dem Schirm. Wenn man das jahrelang gewohnt war, kann man sehr viel daraus lesen.

Was gefällt Ihnen derzeit an der Formel 1, was missfällt Ihnen?

Das ist schwierig zu beantworten. Ich bin fast 30 Jahre mit der Formel 1 verbunden, und es hat immer ein Auf und Ab gegeben. Man wollte immer schon die Technik reduzieren, die Kosten senken, das Feld ausgleichen. In der Regel wurde es nach einer Änderung schlimmer als vorher. Wenn man etwas billiger machen wollte, wurde es teurer. Da wurden Fehler gemacht.

Zum Beispiel?

Die ganze Hybrid-Aktion. Die hat eigentlich Renault angezettelt, Mercedes musste mitziehen, und heute wären alle froh, würde es diese Motoren in dieser Form nicht geben. Diese enormen Kosten, die mit der kommenden Budgetdeckelung nur teilweise runtergehen, sind das Hauptproblem. Dass ein Traditionsteam wie Williams zwar nicht verschwindet, aber nicht mehr der Gründerfamilie gehört, das tut schon weh.

Wird die Zukunft besser?

Das ist schwer zu sagen. Ich sehe die Zukunft kritisch, auch wenn die Formel 1 schwierige Zeiten immer überlebt hat. Es geht um sehr viel Geld. Wir stecken in einer schwierigen Phase. Der Ausstieg von Honda, letztlich aus finanziellen Gründen, zeigt die Problematik. Das Hauptproblem ist weiter die Verteilung der Gelder, auch nach der Reform. Die kleineren Rennställe bekommen immer noch zu wenig. In anderen Serien, etwa in den USA, wird gerechter verteilt.

Wenn Sie auf Ihre Zeit als Teamchef und Eigentümer zurückblicken, wie würde Ihr Fazit ausfallen? Alles richtig gemacht, oder hätten Sie dies und das anders gelöst?

Meine Karriere im Motorsport dauerte fast 50 Jahre. Im Nachhinein betrachtet würde man wohl Vieles anders machen. Aber das kann man so nicht beurteilen. Darum würde ich heute sagen: Ja, ich würde es wieder so machen, auch wenn Fehler passiert sind.

Was uns immer erstaunt hat: Wieso gelang es einem Schweizer Team nicht, ausser der Credit Suisse grosse Schweizer Sponsoren in diesem reichen Land zu gewinnen?

Das ist eine berechtigte Frage. Die Schweizer haben zum Automobil ein gespaltenes Verhältnis. Sie finden nirgendwo so viele luxuriöse Autos wie in der Schweiz. Der Schweizer liebt sein Auto. Aber wenn es darum geht, dazu zu stehen, setzt er sich nicht dafür ein. Vielleicht hat das einen Einfluss auf die Chefetagen der Firmen. Dass die Credit Suisse viele Jahre bei uns war, war nur dem damaligen CEO Oswald Grübel zuzuschreiben. Sonst hätte es nie geklappt. Dass die UBS heute Partner von Mercedes ist, war auch wegen Oswald Grübel, der nach der Credit Suisse UBS-Chef wurde. Bei anderen grossen Unternehmen wie ABB, heute Titelsponsor der Formel E, war kein Interesse vorhanden, auch nicht bei der Privatbank Julius Bär, die sich ebenfalls in der Formel E engagiert. Der damalige Chef wäre gern zu uns gekommen, aber die Formel 1 war schliesslich zu teuer.

Hypothetische Frage: Wären Sie noch Teamchef, würden Sie Kimi Räikkönen 20 Jahre nach seinem Einstieg bei Sauber auch für 2021 verpflichten?

Kimi ist ein sicherer Wert. Wenn er eine Chance hat, etwas zu holen, ist er weiterhin ein Kämpfer und schnell. Er ist für das Team sehr wertvoll, das weiß ich von Mitarbeitern. Er strengt sich mit den Ingenieuren an, ist auch regelmässig im Rennwagenwerk von Hinwil.

Wie können Alfa Romeo und Sauber vorankommen? Fehlt es nur beim Ferrari-Motor?

Vom Chassis her ist das Team auf dem Niveau von Ferrari. Charles Leclerc ist dort ein Spitzenfahrer. Wenn er etwas weiter vorn steht, ist das der Fahrer und nicht der Ferrari. Das Handicap von Alfa Romeo und Sauber ist der Motor. Es fehlt nicht so viel zum Mittelfeld mit AlphaTauri, McLaren, Renault. Mit einigen PS mehr ergäbe sich ein anderes Bild. Trotzdem hat das Auto Verbesserungspotenzial.

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