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30 Jahre danach: Karl Wendlinger über sein GP-Debüt

Von Gerhard Kuntschik
Der Grosse Preis von Japan am 20. Oktober 1991 wurde zum Tiroler Tag: Gerhard Berger gewann damals erstmals im McLaren-Honda, Karl Wendlinger gab im Leyton House-Ilmor sein GP-Debüt.

Das Rennergebnis der beiden Tiroler könnte kaum unterschiedlicher sein: Berger als Sieger, Wendlinger schon in Runde 2 aus dem Rennen, Opfer einer Kollision mehrerer Fahrzeuge. 30 Jahre danach erzählt der heutige AMG-Botschafter Wendlinger, wie es zum Debüt kam und wie es danach weiterging.

Karl, wie erinnerst du dich an 1991 bei den Mercedes-Junioren, als die Formel-1-Gerüchte aufkamen?

Mein Mercedes-Vertrag formulierte die Formel 1 als Ziel. Dann hiess es, dass Michael Schumacher sein Debüt geben würde. Wir fuhren ja 1991 Le Mans gemeinsam. Tom Walkinshaw hatte seine Fühler nach Michael ausgestreckt, auch wenn er dann Ende August bei Jordan debütierte. Ich hatte 1991 als Sponsor auch Marlboro. Und deren Repräsentanten luden mich zur Formel 1 ein, ich sollte mir die mal ansehen. So war ich in Silverstone, Monza und Barcelona dabei.

Wann wurde das konkreter?

Zu dieser Zeit sickerte durch, bei Leyton House-March fehle es an Geld. Mercedes-Sportchef Jochen Neerpasch, der sich um uns Junioren kümmerte, wurde aktiv. Und dann ergab sich eben die Chance, ab dem Japan-GP in Suzuka den Wagen von Ivan Capelli zu fahren, weil der schon einen Ferrari-Vertrag für 1992 hatte. Ich flog also nach England zu einer Sitzprobe, in Silverstone gab es einen kurzen Test auf dem kleinen Kurs, und dann kam schon Suzuka.

Wer finanzierte den Einstieg?

Die ersten Rennen wurden durch den italienischen Sponsor Igi+Igi abgesichert. Bei Leyton House war Gustav Brunner Ingenieur und Charly Moody Teammanager. Teamkollege war Mauricio Gugelmin. Das Team gehörte noch Akira Akagi. Der Vormittag verlief ganz gut mit zehntschnellster Zeit, im Quali am Nachmittag war ich nach den ersten sechs Kurven schon sieben Zehntel schneller, als der fünfte Gang brach. Hätte ich die Runde fertigfahren können, wäre ich auf dem siebenten Startplatz gestanden. Im T-Car, das für Gugelmin vorbereitet war, konnte ich gar nicht richtig schalten. Das Rennen war zum Vergessen. Auch Adelaide war schlecht.

Dennoch konntest du im Team bleiben.

Ich sollte Sponsoren finden, hatte aber Unterstützung von Peter Sauber und Jochen Neerpasch. Ein wesentlicher Teil wurde über die Motoren von Ilmor verrechnet, da war der Einstieg von Mercedes bei Ilmor absehbar. Mein Vertrag war für 14 der 16 Rennen. Die letzten beiden nicht, weil ich bereits für Saubers Debüt 1993 testen sollte.

Aber insgesamt war das erste Jahr schwierig in einem Team, in dem der neue Besitzer Henny Vollenberg ständig bei der Finanzierung jonglierte, nicht wahr?

Ja. In Imola im Frühjahr etwa waren Motorenrechnungen nicht bezahlt. Daher konnten wir das erste Training nicht fahren. Paul Belmondo, der neue Teamkollege, brachte dann etwas von seinem Vater mit, von Filmstar Jean-Paul Belmondo, das reichte zur Überbrückung. Danach passierte aber nicht mehr viel.

Wann hast du für Sauber unterschrieben?

Im Sommer 1992. Ich bekam schon ein Gehalt von Mercedes plus Dienstwagen. Ich durfte aber, um etwas dazuzuverdienen, andere Rennen fahren, so kam ich zu Jean Todt und ins Peugeot-Werkteam für Le Mans, ich sass mit Éric van der Poele und Alain Ferté im dritten 905er, leider schieden wir aus.

1999 hast du mir erzählt, dass deine Rückkehr nach dem Unfall 1994 viel zu früh kam. Wie siehst du das heute?

Ich erinnere mich, dass ich im Krankenhaus an nichts Anderes dachte, als möglichst schnell wieder zu fahren. Klar kam das Comeback viel zu früh. Aber ich wollte nicht riskieren, völlig von der Bildfläche zu verschwinden. Ich erinnere mich, wie sich am Tag vor meiner Entlassung aus der Klinik in Innsbruck mein behandelnder Arzt, Prof. Erich Schmutzhard, verabschiedete: Er sagte, er sei Wissenschafter, und für Wissenschafter gäbe es keine Wunder, aber dass ich heimgehen könne, das sei ein Wunder.

Wie ging es dir damals wirklich?

Auf dem Rad war ich nach zehn Minuten fix und fertig. Dann konnte ich mit Hilfe von Alex Reiner auf dem Salzburgring einen Obermaier-Porsche testen, um wieder ein Gefühl für ein Rennauto zu bekommen. Nach den ersten Runden sagte mir Seppi Sevignani, mein langjähriger Mechaniker, ich sei wie in Zeitlupe unterwegs! Aber am Ende des Tages war ich schnell. Dennoch – mir fehlte das Zeitgefühl.

Dann kam der erste Formel-1-Test in Le Castellet. Bei leichtem Regen war er nach zehn Runden vorbei. Dann ein zweiter Test in Barcelona. Da war mein Schleudertrauma nicht ausgeheilt. Ich hatte nach wenigen Runden Schmerzen, ich dachte, mir platzt der Schädel. Entscheidend war denn der letzte Test im Dezember in Barcelona, da ging es um das Cockpit für 1995. Ich konnte nicht mehr als drei Runden am Stück fahren wegen der Kopfschmerzen, aber ich war auf Anhieb schnell.

Schlimm war, dass ich mich nicht konzentrieren konnte. Das drückte die Leistung. Dann kam eine monatelange Auszeit und der zweite Comebackversuch. Da war dann Konzentration kein Problem mehr. Nur hatte ich im Vergleich zu Teamkollegen Heinz-Harald Frentzen durch meine Größe einen eklatanten Gewichtsnachteil, fast 20 Kilo. Beim Testen war das durch die Spritmenge auszugleichen, aber am Rennwochenende sah ich schlecht aus.

Wann warst du wieder voll auf der Höhe?

Erst 1997, als ich Tourenwagen für Audi fuhr. Das Comeback in der Formel 1 half mir, schneller wieder fit zu werden, aber sinnvoll war es nicht. Dann ging es immer besser, vor allem im GT-Sport mit dem Höhepunkt Gesamtsieg in den 24 Stunden von Daytona 2000. Aber da hatten wir Glück, dass die großen Autos ausfielen, ansonsten wären wir mit der Viper m den Klassensieg gefahren. Dann kamen die Jahre mit Maserati und Aston Martin in der GT-WM, die waren recht gut. Mein letzter Renneinsatz war ein GT-Rennen in Zolder 2016. Danach habe ich es sein lassen.

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