Formel 1 in São Paulo: Wurzeln in der Schweiz!
Grosser Preis von São Paulo
Die meisten Fans reden an diesem Wochenende vom Grossen Preis von Brasilien, dabei trägt das Traditionsrennen seit dieser Saison und für mindestens fünf Ausgaben einen ganz anderen Namen: Grand Prix von São Paulo.
Vor fast genau einem Jahr, am 13. November 2020, wurde eine Vertragsverlängerung bestätigt zwischen dem damaligen Formel-1-CEO Chase Carey und den Organisatoren des Traditions-GP im Stadtteil Interlagos. Durch die stattliche finanzielle Unterstützung der Stadt und des Bundesstaates São Paulo wurde damals beschlossen, dass der Grand Prix nicht mehr nach Brasilien benannt wird.
Der Grosse Preis von Brasilien findet im Rahmen der Formel-1-WM seit 1973 statt, die ersten fünf WM-Läufe sowie die Rennen von 1979 und 1980 gingen auf dem «Autódromo José Carlos Pace» von Interlagos in São Paulo über die Bühne; 1978 sowie von 1981 bis 1989 war das «Autódromo Internacional Nelson Piquet» in Rio de Janeiro Austragungsort. Von 1990 bis 2019 kehrte die Königsklasse nach Interlagos zurück. 2020 konnte das Rennen wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden.
Offiziell heisst die Rennstrecke «Autódromo José Carlos Pace», sie trägt den Namen des 1977 mit dem Flugzeug abgestürzten Brabham-Piloten. Damit ist die brasilianische Bahn eine von nur zwei Strecken im WM-Programm 2021, die nach Rennfahrern benannt sind (die andere ist das Autódromo Hermanos Rodríguez in Mexiko-Stadt, nach Pedro und Ricardo Rodríguez).
Immer wieder fragen Leser: Wieso wird der Rundkurs in Brasilien gemeinhin als «Interlagos» bezeichnet? Die Antwort ist verblüffend, denn die Wurzeln reichen in die Schweiz! Im Jahre 1926 wollte der in Venezuela geborene Brite Louis Romero Sanson, Besitzer eines Bau-Unternehmens, das Gebiet im Sinne einer Stadterweiterung nutzen. Geplant war «Balneário Satélite da Capital», eine Satellitenstadt mit Wohnhäusern, enormen Sportstadien, das Ganze eingebettet zwischen zwei Wasser-Reservoirs.
Romero Sanson verpflichtete den Franzosen Alfred Agache mit der Architektonik, der schon in Rio de Janeiro neue Stadtviertel entworfen hatte. Agache sah sich das Gelände an und fand, es erinnere ihn an die Region von Interlaken in der Schweiz. Aus Interlaken (zwischen den Seen) wurde in portugiesischer Sprache Interlagos.
Die meisten Pläne von Romero Sanson und Agache wurden von der Weltwirtschaftskrise beendet. Heute liegt die Rennstrecke auch nicht mehr ausserhalb der Stadt, sondern ist längst Teil der 12-Millionen-Metropole geworden.
Eine weitere Eigenheit von Interlagos: Das Autodrom ist einer von sieben WM-Kursen 2021, die im Gegenuhrzeigersinn befahren werden (neben Imola, Baku, Istanbul Park, Austin, Dschidda und Yas Marina).