Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Vor 55 Jahren: Erste Rennwagen-Show in Deutschland

Kolumne von Rainer Braun
Die Rhein Main-Halle in Wiesbaden gilt als Geburtsstätte der deutschen Motorshow-Historie. 40.000 Zuschauer konnten im November 1966 alles rund um den Rennsport aus der Nähe bestaunen.

Hans-Günther Lehmann, Motorsport-Fan und -Mäzen, begüterter Spross einer Kölner Verleger-Familie und zugleich auch Initiator der «Internationalen Gesellschaft zur Förderung des Automobilsports» (IGFA), ist 1966 die treibende Kraft hinter einer wegweisenden Idee.

Als Location dafür hatte er die Rhein-Main-Halle ausgewählt, in der er vom 11. bis 16. November Rennautos, Piloten und Zubehör-Industrie versammeln will. Zwei große Hallen mit insgesamt 3.500 qm sind am Ende prall gefüllt mit Rennfahrzeugen aller Kategorien. Öffnungszeiten 9 bis 21 Uhr, Start am Freitag, Ende am darauffolgenden Mittwoch, der als Buß- und Bettag damals noch ein gesetzlicher Feiertag war. Der Ausstellungskatalog mit 72 Seiten und stattlichen 33 Seiten Anzeigen kostete eine Mark.

Die Idee für das mutige Projekt brachte Lehmann von seinen Besuchen der Rennwagen-Ausstellungen in London und Wien mit. Die motorsportbegeisterte Stadt Wiesbaden mit ihren beiden großen Ortsclubs HMSC und WAC sowie zwei großen Rennen (Finthen, Taunus-Bergpreis) vor der Haustüre bot sich als idealer Platz mit einem breiten Zuschauer-Einzugsgebiet an.

Als hilfreich erwies sich zudem ein Deal mit Jochen Rindt, dessen zweite Auflage seiner Wiener Show nur zwei Tage nach dem Ende der Wiesbadener Ausstellung begann. Ein «Car-Sharing» brachte beiden Seiten attraktive Exponate und sparte gleichzeitig Kosten. Die Beschaffung der Rennautos, die Verpflichtung von Star- und Ehrengästen sowie die Anwerbung von Ausstellern und kommerziellen Händlern habe ich damals in vorderster Front miterlebt.

Bei der feierlichen Eröffnung gab es einen deftigen Eklat. Kaum hat Schirmherr Alfred Neubauer mit seinem Vortrag begonnen, löste sich ein Besucher aus dem Publikumsbereich, stürmte auf die Bühne und wurde handgreiflich. Mit dem Schlachtruf «Sie sind der Totengräber des deutschen Motorsports!» schüttelte und würgte der offensichtlich verwirrte Mann den legendären Mercedes-Rennleiter. Amtskollege und Porsche-Baron Huschke von Hanstein und ein paar Umstehende eilten Neubauer zu Hilfe und zerrten den unverdrossen randalierenden Angreifer vom Podium.

Wie sich später herausstellte, handelte es sich um einen Hobby-Rennfahrer aus Bayern. Der Mann wollte seine Verärgerung darüber ausdrücken, dass er trotz mehrfacher Anfragen nach einem Mercedes-Werksfahrervertrag von Neubauer nur Absagen bekam.

Nachdem sich die Lage beruhigt hatte, setzte die gewichtige Mercedes-Gallionsfigur seine Rede mit donnernder Stimme fort und überreichte am Ende dem neuen Formel-1-Weltmeister Jack Brabham die «Neubauer-Trophäe“ in Form eines Mercedes 300 SLR-Modells in Sterling-Silber.

Neben Neubauer, von Hanstein und den Formel-1-Piloten Brabham, Rindt und Jackie Stewart hatte sich auch die gesamte deutsche PS-Prominenz versammelt, darunter Gerhard Mitter, Hans Herrmann, Udo Schütz, Eugen Böhringer, Kurt Ahrens oder auch die Konstrukteurs-Garde mit Kapazitäten wie BMW-Technikchef Alex von Falkenhausen oder Abarth-Sportkoordinator Klaus Steinmetz. Bei einer solchen Ansammlung von Rennsport-Berühmtheiten mochte auch das ZDF nicht fehlen und sendete das «Aktuelle Sportstudio» mit Moderator Rainer Günzler live aus der Rhein-Main-Halle.

In den folgenden Monaten und Jahren schossen überall im Land Rennwagenausstellungen aus dem Boden – in Dortmund, Essen, München, Stuttgart, Köln, Düsseldorf, Berlin, Lüdenscheid, Aachen. Einige verschwanden schon nach ein oder zwei Jahren wieder. Andere, wie beispielsweise die «Rennwagenausstellung Essen» oder die Münchner «Greger-Motor Schau», etablieren sich über längere Zeit.

Zum Superstar unter allen Rennwagen-Ausstellungen mauserte sich natürlich Essen. Initiator Wolfgang Schöller hatte sein Baby gemeinsam mit der Messe Essen in Sachen Professionalität, Größe und Bedeutung zur konkurrenzlosen Motorschau entwickelt, vor der im Laufe der Jahre alle Mitbewerber nach und nach kapitulierten.

In guten Jahren drängelten sich bis zu 400.000 Besucher durch alle verfügbaren Hallen. 2017 feierte die «Essen Motor Schau» (EMS) als inzwischen weltgrößte Ausstellung ihrer Art ihr 50. Jubiläum, wegen der Corona-Pandemie fiel die Veranstaltung 2020 aus, öffnet aber Ende November dieses Jahres ihre Tore wieder.

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