Wolff in der Sinnkrise: «Fühlte mich ausgebrannt»
Toto Wolff
Für Toto Wolff war 2020 ein schwieriges Jahr. Der Mercedes-Teamchef war inmitten der Coronakrise antriebslos, orientierungslos, ohne Motivation.
Eine Situation, eine Zeit, die auch heute noch «allgegenwärtig» ist, wie er in einem FAZ-Interview sehr offen sagt. «Das waren zehn Monate, die ganz schwierig für mich waren – auch mental. Ich habe knapp acht Jahre alles gegeben und fühlte mich ein Stück weit ausgebrannt. Dazu kam, dass mein Vertrag ausgelaufen wäre und ich meine Anteile hätte verkaufen können.»
All das führte zu einer Sinnkrise: Will Wolff in der Formel 1 bleiben? Kann er seinen Beitrag immer noch leisten? Oder könnte ein anderer den Job besser machen?
«Darüber habe ich fast ein Jahr nachgedacht, wobei das ‚nachdenken‘ eher noch ein positiver Ausdruck ist. Es war schon große Introspektion, auch aufgrund des Leidensdrucks, den ich gespürt habe. Am Ende habe ich mich für Mercedes und für die Formel 1 entschieden. Ich habe hier meine Nische gefunden», sagte er.
Auch für einen Teamchef ist der volle Kalender mit 22 Rennen 2021 und 23 Rennen 2022 eine Herausforderung. Man könne in einem anaeroben Bereich immer noch funktionieren, so Wolff, «aber wenn du über Monate und Jahre in diesem Bereich bist, werden dir Körper und Kopf irgendwann sagen: Nicht mehr mit uns!»
Bei ihm gab diese Warnsignale, doch Wolff hat sie ignoriert, «weil es um den sportlichen und finanziellen Erfolg ging. Ich habe das Positive eine Zeit lang überhaupt nicht mehr gesehen.»
Geld habe eine sehr große Rolle in seinem Leben gespielt, «weil es davon als Kind und Jugendlicher viel zu wenig gab», so Wolff: «Aber je mehr sich meine eigene finanzielle Situation verbessert hat, desto weniger treibt mich Geld noch an.»
Dafür treibt ihn persönlich auch die Sorge um seine Kinder um, denn die litten auch – unter der Pandemie und den Folgen.
«Mein Sohn hat im Corona-Jahr maturiert, da ist jede Party, jede Reise ausgefallen. Meine Tochter macht gerade ihr Abitur. Und diesen Kindern sind natürlich ganz wesentliche Jahre geraubt worden. In einer Zeit, in der es darum geht, Erfahrungen zu sammeln, Verbindungen aufzubauen, mussten diese Kinder zu Hause sitzen. Das war ein stilles Leiden, und die sozialen und emotionalen Konsequenzen werden wir erst in vielen Jahren besser beurteilen können», so Wolff.
Der Wiener weiter: «Wir sind aus der Sache noch nicht raus, aber ich hoffe, dass auch diese Narben heilen werden. Es ist schwer, einen Rat zu geben, gerade empfinde ich in dieser Sache eher so eine Ohnmacht, die ich auch als Kind gefühlt habe. Aber als Erwachsener bist du in der Lage zu reagieren. Ich bin nicht mehr ohnmächtig, ich mache das, von dem ich glaube, dass es richtig ist. Als Kind hast du diese Kraft oft nicht.»