VW, Audi und Porsche: Immer wieder Formel-1-Gerüchte
Am 7. April hat der Volkswagen-Konzern bestätigt: «Vorstand und Aufsichtsrat der Volkswagen AG, der Porsche AG und der Audi AG haben Planungen der beiden Konzernmarken für einen eventuellen Einstieg in die Formel 1 bestätigt. Über Details werden die Marken Audi und Porsche zu einem späteren Zeitpunkt informieren. Eine Entscheidung über den Einstieg ist noch nicht gefallen, wir befinden uns in der letzten Phase der Bewertung.»
Der damalige FIA-Präsident Max Mosley wollte vor mehr als zehn Jahren mit dem so genannten Weltmotor zusätzliche Autokonzerne in den Motorsport locken. Die Idee: Ein Basis-Triebwerk (Reihen-Vierzylinder), das für alle Rennklassen verwendet werden kann – als Saugmotor etwa für den Tourenwagensport oder bei Rallyes, als Turbomotor mit Energie-Rückgewinnung für die Formel 1.
Der Weltmotor kam nie, der Volkswagen-Konzern auch nicht. Ferdinand Piech, bis 2015 Aufsichtsrats-Vorsitzender der Volkswagen AG, war kein Freund der Formel 1. GP-Rennstallgründer Eddie Jordan sagte damals: «VW wird so lange nicht in die Formel 1 kommen, wie Bernie Ecclestone am Ruder sitzt. Piech kann ihn nicht leiden.»
Kernsatz von Piech damals: «Meine Formel 1 ist der Serienmotor mit drei Liter Verbrauch pro hundert Kilometer.»
Als Piech den Posten des Aufsichtsrats-Vorsitzenden abgab, wurde der Konzern erneut in die Formel 1 geschrieben, aber auch damals passiert nichts Konkretes. Es blieb bei einer Machbarkeitsstudie von für die Audi-Gruppe. Der Verfasser dieser Studie ist heute Geschäftsleiter der Formel 1: der Italiener Stefano Domenicali.
Domenicali kam damals zum Schluss, den Kauf von Red Bull Racing zu empfehlen. Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz reagierte verwundert. «Ich weiss nichts davon, ausserdem haben wir keinen Schlussverkauf.»
Seit dem Formel-1-Einstieg von Red Bull 2005 mit Red Bull Racing bestand das Ziel immer darin, einen Werksmotor zu erhalten – aber es dauerte bis ins Jahr 2018, bis das klappen sollte. Nach Kundenmotoren von Cosworth, Ferrari und Renault trat Toro Rosso (heute AlphaTauri) exklusiv mit Honda-Aggregaten an, ab 2019 fuhr damit auch Red Bull Racing, 2021 wurde Max Verstappen mit dem japanischen Motor Weltmeister.
Jahrelang galt für den VW-Konzern: Der Autohersteller hat schlicht andere Prioritäten als die Formel 1.
Wieso liegt der Formel-1-Einstieg für Volkswagen heute eher auf der Hand als vor zehn Jahren? Der Konzern gibt in seiner Erklärung vom 7. April die Antwort gleich selber: «Noch liegt das neue Reglement für 2026 und die darauf folgenden Jahre nicht vor. Es sieht weitreichende Änderungen für einen nachhaltigen Sport vor, was Voraussetzung für einen möglichen Formel-1-Einstieg ist.»
Ein Knackpunkt war der Einsatz jenes elektrischen Generators, der am Turbolader Energie gewinnt. Eine Technik, deren Entwicklung sündhaft teuer war und keine Serienrelevanz besitzt. Zudem besitzen Mercedes, Ferrari, Renault und Honda in Sachen der so genannten MGU-H einen enormen Wissensvorsprung auf Porsche und Audi.
Die MGU-H wird es ab 2026 nicht mehr geben, dafür wird der Anteil der kinetischen Energierückgewinnung auf das Dreifache erhöht, von heute rund 160 PS auf ca. 480 PS. Ab 2026 wird die Power eines Formel-1-Motors zu ungefähr gleichen Teilen vom Verbrennungsmotor und von der Elektrik produziert. Die Kern-Architektur des Motors bleibt: 1,6-Liter-V6-Turbo.
Die Formel 1 stellt dabei zu 100 Prozent auf synthetischen Kraftstoff um. VW-Vorstandschef Herbert Diess (63): «Die Formel 1 wird CO2-neutral, indem sie künstliche Kraftstoffe nutzen wird. Sie ist viel aufregender, spassiger, mehr Rennsport und ein besserer Technik-Wettkampf als die Formel E, die in Stadtzentren ein paar Runden im Spielmodus dreht.»
Zudem wird ein Kostendeckel für den Motor kommen. Diskutiert wird über 140 Millionen Dollar pro Jahr. Die Formel 1 ist kein finanzielles Fass ohne Boden mehr. Mercedes-Teamchef Toto Wolff: «Die Kosten sind gedeckelt, die Einnahmen bekannt. Das ergibt ein attraktives Geschäftsmodell. Wir werden 2022 mit dem Rennstall Gewinn machen und können so einen Teil des Aufwands für den Motorenbau abfedern.»
Für eine Lösung mit Porsche und Audi in der Formel 1 sprechen Synergien bei der Motorentwicklung, doppelter Marketing-Wert und die Tatsache, dass der gleiche Weg schon mit den Sportprototypen beschritten wurde. Für diesen Weg macht sich Fritz Enzinger stark, langjähriger Leiter von Porsche Motorsport und heute für die gesamten Motorsport-Aktivitäten des VW-Konzerns zuständig. Er ist ein alter Formel-1-Bekannter: als Sportchef von BMW, als die Münchner in der Königsklasse waren.
Auch Audi-Vorstandschef Markus Duesmann (52) ist in der Formel 1 gut verwurzelt: als Leiter Entwicklung im Mercedes-Motorenwerk von Brixworth (ab 2005), als Leiter Formel-1-Antrieb bei BMW ab 2007.
Audi war noch nie in der Formel 1, aber sehr erfolgreich im GP-Sport: Als Auto-Union setzte die Marke mit den vier Ringen in den 1930er Jahren höchst erfolgreich Silberpfeile ein.
Anfang der 1960er Jahre war Porsche mit einem eigenen Auto in der Königsklasse unterwegs. Dabei gelang ein Sieg 1962 beim Grossen Preis von Frankreich, mit dem US-Amerikaner Dan Gurney.
Die Firma Techniques d’Avant Garde (TAG) von Mansour Ojjeh aus Saudi-Arabien finanzierte in den 1980er Jahren bei Porsche jenen Turbo-Motor, mit dem McLaren, Niki Lauda und Alain Prost in der Folge zu fünf WM-Titeln fuhren – mit dem TAG-Turbo «made by Porsche». Niki Lauda wurde Fahrer-Weltmeister 1984, Prost holte die Titel 1985 und 1986. McLaren gewann mit dem TAG-Turbo die Markentitel 1984 und 1985.
Das vorderhand letzte F1-Engagement von Porsche war ein Fiasko: Der Zwölfzylinder-Saugmotor von 1991 war zu gross und zu schwer – eine Kooperation mit dem Footwork-Rennstall wurde nach sechs Rennen abgebrochen.