Lewis Hamilton staunt: «Gibt es nichts Wichtigeres?»
Lewis Hamilton auf dem Golfplatz
Nordamerika war immer gut zu Lewis Hamilton: Er gewann seinen ersten Formel-1-WM-Lauf 2007 in Montreal (Kanada) und legte beim Grand Prix in Indianapolis eine Woche später nach. Er gewann den ersten Austin-GP 2012 und triumphierte auf dem Circuit of the Americas auch von 2014 bis 2017. In Kanada kommt er inzwischen auf sieben Siege.
Amerika ist für Hamilton die zweite Heimat: Er fährt in Colorado Ski (dort besitzt er ein Haus) oder fetzt mit dem Schneeschlitten herum, er steht in Los Angeles im Tonstudio, er fühlt sich in New York so wohl wie in Miami Beach.
Lewis: «Ich werde meinen ersten Besuch in den Staaten nie vergessen. Nachdem ich Amerika so oft im Fernsehen gesehen hatte – besonders New York – kam ich mir vor, als würde ich auf einem Film-Set herumspazieren. Es war unglaublich.»
Ich erinnere mich an die Worte von Lewis, als er bei unserem ersten Besuch in Austin sagte: «Ich habe das Gefühl, dass die Formel 1 in den USA unheimlich wachsen kann. Die Leute hier lieben Sport, und sie werden die Formel 1 lieben.»
Es dauerte dann aber bis zur Netflix-Serie Drive to Survive, um den schlafenden Riesen zu wecken: Es gab in den USA immer einen harten Kern von Formel-1-Fans, aber die breite Masse wurde durch die spektakuläre Netflix-Doku auf den GP-Sport aufmerksam. Seither verfolgen Menschen die Königsklasse, die zuvor noch nie von der Formel 1 gehört hatten.
Vor dem ersten Training zum Grossen Preis von Miami sagt der 103-fache GP-Sieger: «Wir sind hier warm empfangen worden, die Atmosphäre in der Stadt ist elektrisierend. Ich habe mich gut vorbereitet, was bei dem schönen Wetter einfach ist. Und ich habe ein wenig Golf gespielt mit Tom Brady.» Lewis beginnt zu lachen: «Aber ich bin nicht sehr gut.»
«Miami ist so toll wie ich es erwartet hatte. Ich habe zuvor ein paar Tage in New York verbracht und auf der Strasse zufällig eine Diskussion verfolgt, ohne dass die Menschen wussten, wer ich bin. ‘Ich gehe nach Miami zum Autorennen!’ – ‘Was? Wow, so cool!’»
Was können wir von Mercedes an diesem Wochenende erwarten? Lewis weiter: «Wir geben unser Bestes, und ich weiss, was im Hintergrund alles läuft, damit der Mercedes schneller wird. Wir haben einen neuen Heckflügel hier.»
Geht Hamilton davon aus, dass die Silberpfeile gegen Ferrari und Red Bull Racing besser aussehen werden? Der Engländer trocken: «Ich habe keine Erwartungen.»
Die FIA hat erneut betont, dass sie ihr Verbot durchsetzen will, wonach ein Formel-1-Fahrer im Rennwagen keinen Schmuck tragen sollte. Lewis Hamilton: «Ich finde das alles ein wenig merkwürdig. Wir haben als Sport so enorme Fortschritte erreicht, da sehe ich diese Diskussion eher als Rückschritt. Ich bin nun 16 Jahre in der Formel 1, und ich habe immer Schmuck getragen. Im Auto aber habe ich nur Ringe an Ohren und Nase, und die kann ich nicht mal entfernen. Ich frage mich einfach – gibt es nichts Wichtigeres, um das wir uns kümmern sollten? Und ich stehe in Kontakt mit Mohammed (Ben Sulayem, dem FIA-Präsidenten), um da eine vernünftige Lösung zu finden.»
Aber wenn die FIA auf dem Verbot besteht, was dann? Lewis: «Ich weiss es nicht. Gewissen Schmuck kann ich nicht entfernen, aber der ist aus Platin und nicht magnetisch. Ich hatte schon medizinische Scans, und nicht mal dabei war es ein Problem. Wenn ich deswegen nicht fahren darf, dann bin ich sicher, es gibt genügend Unterhaltung in der Stadt, um ein interessantes Wochenende zu verbringen.»
«Es geht hier darum, sich selber sein zu dürfen. Und wenn es notwendig ist, dann unterschreibe ich halt eine Verzichtserklärung und übernehme die Verantwortung für allfällige Folgen.»
Kompromiss in Miami: Hamilton hat seine Ohrstecker rausgenommen, für die Nasenstecker hat er von der FIA Zeit bis nach dem Spanien-GP erhalten, sie zu entfernen, wenn er ins Rennauto steigt.