Max Verstappen nach Strafe trotzig: «Will auf Podest»
Max Verstappen
Eine merkwürdige Ausgangslage für dieses Abschlusstraining auf dem wunderbaren Circuit de Spa-Francorchamps in den belgischen Ardennen: Die zwei Hauptdarsteller dieser GP-Saison – Max Verstappen (Red Bull Racing) und Charles Leclerc (Ferrari) – wissen: Sie werden strafversetzt und können daher nicht aus Startreihe 1 in den Belgien-GP gehen, egal wie schnell sie im Qualifying fahren.
Die Art und Weise der Strafversetzung erzeugte heillose Verwirrung, selbst unter den klugen Köpfen der Teams, denn betroffen sind gleich sieben Fahrer (Verstappen, Leclerc, Zhou, Bottas, Norris, Ocon, Schumacher). Dabei ist das System einfach: Wer nach Austausch mehrerer Motorteile (gemäss FIA-Formulierung) «ans Ende des Feldes rücken muss», der reiht sich fürs Rennen nach Reihenfolge aus der Qualifikation ein. Zum Beispiel: Wenn Verstappen in der Quali schneller ist als Leclerc, dann geht der Niederländer auch vor dem Monegassen ins Rennen.
Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner erläutert zum Vorgehen mit Max Verstappen: «Uns war klar, dass wir mit dem Motorenkontingent nicht auskommen. Also überlegten wir uns gründlich, auf welchem Kurs nach der Sommerpause eine Strafversetzung am ehesten zu verschmerzen ist. Und das ist nun mal Belgien. Nur in Bahrain hast du ähnlich grosse Chancen, im Rennen Plätze gut zu machen.»
Das Qualifying begann mit einer Verschiebung: Nach einem Unfall im Rahmenprogramm (Porsche Supercup) musste eine Leitschiene bei Fagnes repariert werden. Mit 25 Minuten Verspätung ging es endlich los, zur Freude von mehr als 100.000 Fans.
Weltmeister Max Verstappen gab zu Beginn von Q1 den Ton an, eine halbe Sekunde schneller als Carlos Sainz im Ferrari, dann Pérez und Leclerc, gefolgt von den beiden Alpine-Autos (Ocon einen Hauch schneller als Alonso). Die Mercedes-Fahrer versuchten ihr Glück in einer zweiten schnellen Runde mit dem gleichen Reifensatz.
Q1 endete mit frühem Feierabend für diese fünf Fahrer: Valtteri Bottas (20., erstes Mal out im ersten Quali-Teil seit Monaco 2015!), Yuki Tsunoda (19.), Kevin Magnussen (18.), Nicholas Latifi (17.) und Sebastian Vettel (16.). Vettel dabei um zwei Tausendstelsekunden geschlagen von seinem deutschen Landsmann Mick Schumacher.
Verstappen zeigte auch zu Beginn von Q2, wer Herr im Haus ist: Bestzeit vor seinem Red Bull Racing-Stallgefährten Sergio Pérez. Carlos Sainz auf Rang 3, vor Ocon und Norris, Charles Leclerc mit einer unsauberen Runde nur Sechster. Der Monegasse monierte am Funk das Handling seines Autos in langsamen Kurven.
Alpine und McLaren versuchten ihr Glück mit Windschaden-Spenden (Ocon für Alonso, Norris für Ricciardo), also die Fahrer, die ohnehin eine Strafversetzung erhalten, als Hilfe für ihre Stallgefährten.
Beim Kampf um den Einzug unter die schnellsten Zehn waren diese Fahrer zu wenig schnell: Daniel Ricciardo (11., der McLaren-Plan ging also nicht auf), Pierre Gasly (12.), Guanyu Zhou (13.), Lance Stroll (14.) und Mick Schumacher (15.). Erste Top-Ten-Platzierung 2022 für Williams-Fahrer Alex Albon (10.).
Die Top-Ten: Leclerc, Verstappen (am Ende nicht mehr auf der Bahn), Pérez, Sainz, Hamilton, Russell, Ocon, Alonso, Norris und Albon.
Im Kampf um die schnellste Zeit schickte Ferrari Leclerc auf neuen Reifen auf die Bahn – obschon er Sainz einen Windschatten geben sollte. Charles am Funk: «Wieso bin ich auf diesen Reifen?» Antwort von Ferrari: «Sorry, das ist ein Fehler.» Es ist nicht der erste der Italiener in dieser Saison. Leclerc erhielt die Anweisung, auf diesen Reifen zu bleiben.
Max Verstappen fuhr neue Bestzeit, vor Sainz und Pérez. Was würde Leclerc zu bieten haben? Antwort: nur Viertschnellster. Zu allem Übel wurde danach die Zeit knapp, um eine Auslaufrunde zu fahren, frische Reifen zu holen, nachzutanken, Aufwärmrunde zu fahren und einen neuen Anlauf zu nehmen.
Verstappen stieg aus, der Niederländer wusste, schneller geht es nicht. Leclerc ging nochmals auf die Bahn, aber nur um Sainz einen Windschatten zu geben. Die Rechnung ging nicht auf: Der Madrilene konnte die Zeit von Verstappen nicht knacken, unter Anderem, weil er kurz im Kies war. Aber auch Pérez hatte einen Fehler, daher wird Sainz von Pole-Position ins Rennen gehen (da der schnellere Verstappen ja strafversetzt wird), vor Pérez, dahinter dann die Weltmeister Alonso und Hamilton.
Hier die Stimmen der drei schnellsten Fahrer.
Max Verstappen (Red Bull Racing/1.)
«Das ganze Wochenende läuft schon sehr gut, das Auto lief prima. Ich bin sehr happy mit meiner Runde, auf dieser tollen Bahn und vor dieser Kulisse mit all diesen Fans. Fürs Rennen gilt – vorwärts. Wie weit ich vordringen kann? Mit so einem tollen Rennwagen wäre es jammerschade, keinen Podestplatz zu erringen.»
Carlos Sainz (Ferrari/2.)
«Ich bin glücklich, dass ich von Pole starten werde. Aber ich bin nicht glücklich, wenn ich mir die Rundenzeiten von Max ansehe. Ich verstehe nicht ganz, wieso wir so viel Zeit verlieren. Wir wollten mit Charles einen Windschatten für mich erzeugen, aber das hat nicht nach Wunsch funktioniert.»
Sergio Pérez (Red Bull Racing/3.)
«Mein zweiter Startplatz am Sonntag ist keine üble Ausgangslage, wenn mir ein guter Start gelingt, kann ich mir Sainz schon in der ersten Runde schnappen. Wir haben eine sehr gute Ausgangslage.»
Qualifying, Circuit de Spa-Francorchamps
01. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing, 1:43,665 min
02. Carlos Sainz (E), Ferrari, 1:44,297
03. Sergio Pérez (MEX), Red Bull Racing, 1:44,462
04. Charles Leclerc (MC), Ferrari, 1:44,553
05. Esteban Ocon (F), Alpine, 1:45,180
06. Fernando Alonso (E), Alpine, 1:45,368
07. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, 1:45,503
08. George Russell (GB), Mercedes, 1:45,776
09. Alexander Albon (T), Williams, 1:45,837
10. Lando Norris (GB), McLaren, 1:46,178
11. Daniel Ricciardo (AUS), McLaren, 1:45,767
12. Pierre Gasly (F), AlphaTauri, 1:45,827
13. Guanyu Zhou (RC), Alfa Romeo, 1:46,085
14. Lance Stroll (CDN), Aston Martin, 1:46,611
15. Mick Schumacher (D), Haas, 1:47,718
16. Sebastian Vettel (D), Aston Martin, 1:46,344
17. Nicholas Latifi (CDN), Williams, 1:46,401
18. Kevin Magnussen (DK), Haas, 1:46,557
19. Yuki Tsunoda (J), AlphaTauri, 1:46,692
20. Valtteri Bottas (FIN), Alfa Romeo, 1:47,866