Formel-1-Champion BMW: Piquet und der Super-Sprit
Von der Tragik einzelner Ausfallursachen des Brabham-BMW-Piloten Nelson Piquet mal abgesehen, wie einem verstopften Lufteinlass, einer klemmenden Drosselklappe, einem gerissenen Gaszug oder einem Rempler von Alain Prost, lässt sich festhalten: Bis spät in die Grand-Prix-Saison 1983 lagen die Titelaspiranten René Arnoux (Ferrari), Alain Prost (Renault) und Piquet auf höchstem Niveau technisch nahezu gleichauf. Die drei Stars, Rennautos und Motoren erwiesen sich als weitgehend ebenbürtig.
Vom Rennen in Zandvoort an war aber nicht mehr zu übersehen, dass Nelson den anderen Protagonisten ein wenig davonfuhr. In den niederländischen Dünen konnte er seine Überlegenheit trotz Pole-Position zwar noch nicht ausspielen, weil – wie angedeutet – Prost in Kauf nahm, den Widersacher abzuschießen. Doch eine gewisse Überlegenheit war nicht zu übersehen. Was war geschehen?
Der frühere BMW-Motorenpapst Paul Rosche erinnert sich: «Das Problem war das Hochgeschwindigkeitsklingeln. Wie Ferrari und Renault waren wir uns darüber klar geworden, dass wir da über den Treibstoff irgendwie noch zusätzliche Leistung gewinnen könnten.»
«Wie sie haben wir zunächst mit Wassereinspritzung experimentiert, sind dort aber schnell an die Grenzen geraten.» In typischer Rosche-Manier formulierte der Ur-Bayer: «Als wir den Wasseranteil von einem auf zwei, dann auf drei und schließlich auf vier Prozent erhöhten, gab es einen großen Knall – da wussten wir, dass Wasser nicht brennt.»
Die Gedankenkette lautete: Kein Hochgeschwindigkeitsklingeln gleich höherer Ladedruck gleich höhere Leistung. Also machten sich die BMW-Techniker auf die Suche nach einem Kraftstoff, der die vom Reglement vorgegebene Oktan-Obergrenze möglichst nur ganz knapp, aber sicher unterschritt.
Es gelang ihnen, gemeinsam mit Spezialisten auf diesem Gebiet genau solchen, übrigens bleifreien, Treibstoff zu designen. Die offizielle Untersuchung des Sprits nach einem förmlichen Protest der Konkurrenz bestätigte zweifelsfrei, dass man bei BMW die Grenze sehr genau ertastet und eingehalten hatte.
Die ingeniöse Meisterleistung, mit der sie die Möglichkeiten des Reglements beim Treibstoff ebenso kompromisslos ausgelotet hatten wie ihre Kollegen auf den Sektoren Fahrwerks- und Motorentechnik, sollten zum letzten Steinchen im Mosaik zum ersten Weltmeisterschafts-Gewinn eines Turbo-Rennwagens der Formel 1 werden.
Lesen Sie in der nächsten Folge, wie Nelson Piquet in Monza allen davonfuhr.