Formel-1-Champion BMW: Motorenpapst Paul Rosche
Wenn ich an den genialen Rennmotoren-Entwickler Ing. Paul Rosche denke, erinnere ich mich gern auch daran, wie im Dezember 1999 Rosches Verabschiedung bei BMW anstand, nach 42 Jahren in Diensten des Unternehmens. Ein Festakt mit allen Größen, die im Motorsport Rang und Namen hatten.
Irgendjemand weit oben im Konzern kam auf die glorreiche Idee, dass ich mich da als BMW-Pressemann ein bisschen drum kümmern sollte. Vor allem müsse ich Rosche davon überzeugen, dass er – was ihm bekannter Weise ein Gräuel sein würde – eine Rede halten muss.
In den gemeinsamen Jahren hatte ich viel über die Art gelernt, wie Rosche dachte und wie er sich ausdrückte. Wie der 1934 in München geborene «Nocken-Paule» oft über eine ihm gestellte Frage grübelte, um dann nach bisweilen quälend langen Sekunden eine langsame, kurze, millimetergenau auf den Punkt kommende Antwort zu geben.
Insofern fiel es mir leicht, einige Gedanken zum jeweiligen Anlass für ihn zu ordnen und hintereinander zu schreiben. Nicht etwa als Ghostwriter, er hätte sich nicht vorschreiben lassen, was er sagen soll, vielmehr als Stenograf, der mitschreibt, wie der Andere seine Gedanken in Worte fasst.
Ich schrieb also eine kurze Rede auf und verabredete mich mit ihm. Ich brachte viel Zeit mit.
Es dauerte wie immer eine gute Viertelstunde, bis wir uns (oder besser, ich ihn) warm geredet hatten. Ich hatte sorgfältig ein paar erwähnenswerte Stationen seiner Karriere bei BMW Motorsport ins Gespräch gebracht, um dann ganz allmählich und behutsam zum Punkt zu kommen.
Als ich die Deckung vollends fallen ließ und mit meinem Anliegen herausrückte, reagierte Paul Rosche völlig gelassen. «Ich hab mir schon so was gedacht. Aber was soll ich denn sagen? Das meiste von dem, was ich sagen könnte, kann ich doch gar nicht erzählen. Und lange will ich schon gar nicht reden.»
Jetzt schlug meine Stunde. «Das hab ich mir alles überlegt, und ich hab‘ Ihnen eine ganz kurze Rede aufgeschrieben. Sie sollten sie mal lesen, und dann reden wir weiter.» Ich reichte ihm das kurze Manuskript.
Es war wichtig, dass es kurz aussah, denn das war mein Schlüssel zum Erfolg.
Rosche las sehr langsam, sehr sorgfältig, legte die Rede auf seinen Schreibtisch und überlegte einen langen Moment. Dann sagte er: «So mach ma’s.»
Es war wunderbar für mich mitzuerleben, wie Paul Rosche diese kleine Rede dann voller Rührung, aber sehr diszipliniert, langsam und fast ein bisschen genießerisch vortrug.
Danach habe ich Paul Rosche das nächste Mal bei meiner eigenen offiziellen Verabschiedung Ende 2003 gesehen und ich fand es toll, dass dieser große Mann mir die Ehre gab.
Paul Rosche, Vater Dutzender Serien- und Rennmotoren von BMW, starb am 15. November 2016.
Lesen Sie im nächsten Teil: Nelson Piquet triumphiert beim Saisonauftakt in Brasilien 1983.