MotoGP: VR46-Team ist nicht einverstanden

Carlos Sainz, Ferrari: Radikaler Vorschlag für Sprint

Von Mathias Brunner
Carlos Sainz

Carlos Sainz

​Singapur-GP-Sieger Carlos Sainz hat sich Gedanken über das Sprintformat in der Königsklasse gemacht und präsentiert einen radikalen Vorschlag. Es wäre nicht der Erste, der Kopfschütteln erzeugt.

Formel-1-Geschäftsleiter Stefano Domenicali hat mehrfach festgehalten: «Wir müssen in Sachen GP-Wochenendverlauf für alles offen sein.» Die Historie zeigt: Besonders in Sachen Quali-Format war die Königsklasse ab und an auf dem Holzweg.

Seit 2021 erleben wir in der Formel 1 so genannte Sprint-Wochenenden, mit einem anderen Ablauf und einem kurzen Rennen am Samstag (jeweils ein Drittel der normalen Renndistanz). Ferrari-Ass Carlos Sainz hat sich auf asTV dazu geäussert, wie er das Format aufpeppen würde.

Der zweifache GP-Sieger sagt: «Ich würde zum Sprint das Feld in umgekehrter Reihenfolge des WM-Stands aufstellen. Also aktuell mit Max Verstappen ganz hinten, Charles Leclerc und ich müssten von den Rängen 16 und 15 losfahren, und Logan Sargeant und Kevin Magnussen würden aus der ersten Reihe losbrausen.»

«Das wäre eine fabelhafte Ausgangslage, weil jeder Fan gespannt wäre zu sehen, wie weit die Spitzenfahrer vordringen können. Das ganze Feld würde verdichtet.»

GP-Training: Viele Experimente
Formel-1-Geschäftsleiter Stefano Domenicali denkt darüber nach, wie ein GP-Wochenende noch spannender gestaltet werden kann, über die Einführung der Sprint-Rennen hinaus, von welchen es 2023 und 2024 sechs gibt.

Der Italiener hat gesagt: «Wir haben die Verpflichtung, für alle Vorschläge offen zu sein.» Aber die Formel-1-Historie hat besonders punkto Format des Abschlusstrainings immer wieder gezeigt – gut gemeint kann das Gegenteil sein von gut.

Wie war das eigentlich früher? Die Formel-1-Geschichte zeigt – es ist sehr viel experimentiert worden, besonders in den letzten 30 Jahren.

1950–1996: Abschlusstraining mal zwei
Vor der Gründung der Formel 1 wurden die Startpositionen schon mal ausgelost. Doch mit Beginn der Formel-1-WM 1950 änderte sich das: Ein entscheidendes Training am Freitag, eines am Samstag. Erstaunlicherweise änderte sich daran 46 Jahre lang nichts, selbst wenn es zahlreiche Nuancen gab. Wir erinnern uns an die Qualifikations-Reifen, die nach einer schnellen Runde in die Tonne kamen; unvergessen auch die Minutenbrenner der stärksten Turbo-Motoren in den 1980er Jahren, mit Werten jenseits von 1300 PS.

Viele denken angesichts des heutigen Magerfelds von 20 Autos wehmütig zurück, als Ende der 1980er Jahre eine Vorqualifikation eingeführt werden musste. Bis zu 39 Autos wollten an einem GP teilnehmen, daher wurde schon am Freitagmorgen in dreissig brutalen Trainingsminuten gesiebt.

Grosser Nachteil des so lange verwendeten Formats: Nach einem Freitag bei gutem Wetter bedeutete ein Samstag im Regen, dass die Zeiten nicht mehr verbessert werden konnten. Es musste sich etwas ändern.

1996–2002: Die Stunde der Wahrheit
In nur noch 60 Minuten und bei maximal zwölf Runden wurde ab nun der Mann für die Pole-Position gesucht. Was als Thriller gedacht war, wurde teilweise zur Formel Gähn – oft warteten die besten Piloten bis zum Schluss der Quali, um auf die Bahn zu gehen, wenn die weniger schnellen Autos die Piste gesäubert hatten und sich die Strecke im besten Zustand präsentierte. Daher erneut eine Änderung.

2003: Es kann nur eine geben
Die scheinbare Lösung des Problems: Jedes Auto geht einzeln auf die Bahn. Vorteil davon – Hinterbänkler sind so lange im Fernsehen zu sehen wie Top-Autos, die Sponsoren freuten sich. Am Freitag gab es eine Stunde in diesem Format, die Fahrer machten sich in Reihenfolge des WM-Stands auf die Socken. Am Samstag dann die Entscheidung, dieses Mal mit dem Langsamsten des Freitags als erstem Fahrer auf der Bahn, mit dem Schnellsten ganz zum Schluss. Gefahren wurde überdies am Samstag mit der Spritmenge, mit welcher auch ins Rennen gegangen wurde. Nachteil: Wechselnde Wetterverhältnisse machten die Quali zur Lotterie.

2004: Alles am Samstag
Die beiden Einrunden-Einsätze wurden auf den Samstag verschoben. Neu zu Beginn in Reihe des Einlaufs des vorhergegangenen Rennens. Die beiden Segmente lagen nun so dicht beisammen, dass Schlitzohre begannen, bei wechselndem Wetter taktisch zu fahren. Etwa in der Art, im ersten Teil absichtlich zu patzen, um im zweiten Teil zu Beginn fahren zu können – weil Regen im Anmarsch war und es von Nachteil sein würde, gegen Ende des Trainings auf der Bahn zu sein.

2005: Zückt die Taschenrechner!
Daher die Lösung: Die Zeiten der beiden Einzel-Darbietungen wurden neu addiert. Eine Runde am Samstagmorgen mit wenig Sprit, eine Runde am Sonntagmorgen mit jener Spritmenge, mit welcher ins Rennen gegangen wurde. Dieses System mochte keiner, weil der Samstag entwertet wurde. Nach sechs GP-Wochenenden war Schluss. Für die restlichen dreizehn Qualifyings wurde nur noch am Samstag gefahren, mit Rennspritmenge.

2006/2007: Die Ausscheidung
Endlich konnten wieder mehr Runden gefahren werden, aber erstmals gab es ein Ausscheidungsverfahren mit drei Quali-Segmenten. Die Fans fanden das sehr gut, aber perfekt war es nicht – denn noch immer musste zum Schluss mit jener Spritmenge gefahren werden, die ein Pilot ins Rennen mitzunehmen gedachte.

2008/2009: Kleine Änderung
Der Quali-Dreiteiler blieb, doch jetzt konnte nach Q3 kein Kraftstoff mehr nachgefüllt werden.

2010: Das heutige Format
Nachtanken im Rennen war passé, damit konnten die Piloten im Abschlusstraining endlich wieder mit ganz wenig Benzin auf die Bahn gehen und es nach Herzenslust krachen lassen.

2016: Missglücktes Experiment
Für die Saison 2016 wurde in der Formel 1 ein auf dem Papier aufregendes Ausscheidungsverfahren eingeführt – die Uhr läuft und in regelmässigen Abständen scheidet der jeweils langsamste Fahrer aus. In der Theorie sollten so Überraschungsmomente entstehen. In der Praxis waren alle vom Blick auf die herunterzählende Uhr fasziniert, weniger vom Geschehen auf der Bahn. Einige Rennställe schickten ihre Piloten zu spät auf die Bahn und gaben sich damit der Lächerlichkeit preis.

Gipfel der Peinlichkeit beim WM-Auftakt in Australien: Wenige Minuten vor Schluss des Qualifyings in Melbourne, theoretisch die heisseste Phase des Formel-1-Abschlusstrainings, nun sollte es für die besten Grand-Prix-Fahrer der Welt um alles gehen – wer ist der schnellste Mann im Albert-Park? Und dann das: Auf der Bahn niemand. Die Fans schüttelten ungläubig den Kopf darüber, was sie soeben erlebt hatten. Viele fluchten, völlig zu Recht. Die Formel 1 hatte sich wieder mal bis auf die Knochen blamiert.

Entrüstete Fans forderten ihr Geld zurück, Fahrer und Teamchefs schimpften, und was machte die damalige Formel-1-Führung? Sie liess das Feld in Bahrain gleich nochmals im Ausscheidungsverfahren antreten. Das Ergebnis war nicht besser, der Ärger der Fans dafür grösser. Ergebnis: Zum dritten WM-Lauf 2016 in China kehrte die Formel 1 zum bewährten System zurück.

2021: Der Sprint ist da
An drei GP-Wochenenden wurde mit einem neuen Ablauf experimentiert – am Freitag ein erstes Training, dann die Quali (nach bekanntem Muster) für den Sprint. Am Samstag ein zweites freies Training, dann das kurze Rennen über ein Drittel der GP-Distanz, also 100 Kilometer. Die Reihenfolge des Sprints gab die Startaufstellung für den WM-Lauf vor. Die Reaktion der Fans war kontrovers. Nur wenige der Sprints konnten überzeugen.

2022: Andere Punkteverteilung
Bei Einführung der Sprints im Jahre 2021 gab es nur für die ersten Drei Punkte (3-2-1). Das wurde für 2022 geändert. Neu erhalten die ersten Acht WM-Punkte, die für die Fahrer-WM und auch im Konstrukteurs-Pokal gelten (8-7-6-5-4-3-2-1). Domenicali erhoffte sich davon, dass die Fahrer entschlossener kämpfen.

2023: Sprintformat geändert
2023 wird gleich sechs Mal ein Sprint-Wochenende gefahren – in Baku, auf dem Red Bull Ring, in Spa-Francorchamps, in Katar, Texas sowie in Brasilien. Das Format ist leicht geändert worden, weil das zweite freie Training nutzlos geworden war: Am Freitag daher nun nur noch ein freies Training, dann geht es in die Quali für den Grand Prix vom Sonntag. Der Samstag steht ganz im Zeichen des Sprints, mit der Quali und Stunden danach dem kurzen Rennen. Der WM-Lauf dann wie gewohnt am Sonntag.

Formel-1-Sprints: Alle Sieger

Silverstone 2021: Max Verstappen (NL), Red Bull Racing
Monza 2021: Valtteri Bottas (FIN), Mercedes
São Paulo 2021: Valtteri Bottas (FIN), Mercedes
Imola 2022: Max Verstappen (NL), Red Bull Racing
Spielberg 2022: Max Verstappen (NL), Red Bull Racing
São Paulo 2022: George Russell (GB), Mercedes
Baku 2023: Sergio Pérez (MEX), Red Bull Racing
Spielberg 2023: Max Verstappen (NL), Red Bull Racing
Francorchamps 2023: Max Verstappen (NL), Red Bull Racing

Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Wir bitten um Verständnis, dass Sie diesen Artikel nicht kommentieren dürfen.

Dr. Helmut Marko: «Das Update muss greifen»

Von Dr. Helmut Marko
Red Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko analysiert exklusiv für SPEEDWEEK.com das GP-Wochenende auf dem Silverstone Circuit und spricht auch über die Red Bull Junioren und das anstehende Rennen auf dem Hungaroring.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Mi. 17.07., 00:00, Sport1
    Motorsport: FIA-Langstrecken-WM
  • Mi. 17.07., 00:10, Motorvision TV
    New Zealand Jetsprint Championship
  • Mi. 17.07., 00:35, Motorvision TV
    Tourenwagen: Supercars Championship
  • Mi. 17.07., 01:45, Hamburg 1
    car port
  • Mi. 17.07., 04:45, ORF Sport+
    Motorsport: European Le Mans Series
  • Mi. 17.07., 04:45, Motorvision TV
    Monster Jam Championship Series
  • Mi. 17.07., 06:50, Motorvision TV
    Classic
  • Mi. 17.07., 07:40, Motorvision TV
    Tourenwagen: Supercars Championship
  • Mi. 17.07., 09:30, Motorvision TV
    Bike World
  • Mi. 17.07., 10:00, Hamburg 1
    car port
» zum TV-Programm
5