Fred Vasseur (Ferrari): Harte Red Bull Racing-Lektion
Fred Vasseur und Carlos Sainz nach dem einzigen Formel-1-Sieg von Ferrari 2023, in Singapur
Vor knapp einem Jahr hat Frédéric Vasseur den Posten von Mattia Binotto übernommen, als Teamchef von Ferrari. Die Zwischenbilanz des 55-jährigen Franzosen Fred, die er im Rahmen des traditionellen Weihnachts-Empfangs von Ferrari gezogen hat: «Zunächst brach eine richtige Welle an Informationen über mir zusammen. Ich musste so viel lernen. Ich hatte nur wenige Wochen Zeit, dann wurde schon der neue Wagen präsentiert, und ab ging es nach Bahrain! Ein Jahr später fühle ich mich erheblich wohler. Ich verstehe alle Zusammenhänge besser, und wir haben besonders im zweiten Teil der Saison einen anständigen Job gemacht.»
«Aber ich bleibe auf der Hut. Das ist Formel 1. Wann immer du in der Königsklasse den Eindruck hat, dass sich die Dinge zum Besseren gewendet haben, läufst du Gefahr, eins auf den Deckel zu bekommen. Wir haben uns im Laufe der Saison 2023 verbessert, aber auch mir ist klar – das reicht noch nicht, da muss mehr kommen.»
Daher rückt Ferrari vom bisherigen Fahrzeugkonzept ab, und generell findet Fred Vasseur: «Wir müssen aggressiver werden. Wir müssen mehr Risiken eingehen. Wir dürfen keine Angst davor haben, etwas aufs Spiel zu setzen. Red Bull Racing arbeitet ständig am Limit, für sie ist das der Normalfall, und dahin müssen wir auch kommen. Wir müssen in jeder Hinsicht mehr an die Grenzen gehen.»
Natürlich waren der Ferrari-Vorstandsvorsitzende John Elkann und Ferrari-Präsident Benedetto Vigna nicht angetan davon, dass der berühmteste Rennstall der Welt das Saisonziel verpasst hat – auf Augenhöhe mit Red Bul Racing um den WM-Titel zu kämpfen. Aber Fred Vasseur sagt: «Ich brauche Herrn Elkann oder Herrn Vigna nicht, um mir dessen bewusst zu werden. Niemand bei uns ist glücklich, dass wir Dritter geworden sind. Um das zu ändern, müssen wir in jeder Hinsicht besser werden.»
Was erwartet Fred Vasseur von der Saison 2024? Der Franzose weiter: «Vor dem Hintergrund des stabilen Reglements müsste das Feld näher zusammenrücken. Ich glaube, es wird schwierig für Red Bull Racing, nochmals eine Saison wie 2023 zu zeigen. Wenn wir uns ansehen, wie die letzten Rennen der Saison verlaufen sind, dann hätte Red Bull Racing bei diesem Kräfteverhältnis kaum 21 von 22 WM-Läufen gewonnen. Sie mussten sich zum Schluss des Jahre ein wenig strecken.»
«Wir glauben, dass wir verstanden haben, was wir für 2024 ändern müssen. Aber ob diese Änderungen einschlagen, das werden wir erst im kommenden Frühling wissen.»
Die Schwerpunkte gemäss Vasseur: anderes Fahrzeugkonzept mit mehr Entwicklungsspielraum, erhöhte Standfestigkeit, weniger Fehler der Fahrer und am Kommandostand.
Ferrari ist seit 2007 und Kimi Räikkönen ohne Fahrer-WM-Titel, der vorderhand letzte Konstrukteurs-Pokal wurde 2008 gewonnen.