Formel 1: Erster Alpine-Fahrer steht fest

Max Verstappen: Sein Vorgänger fuhr Rolls-Royce!

Von Mathias Brunner
​Die Geschichte des Grossen Preises von Spanien ist gespickt mit skurrilen Details. Wie etwa dieses – Carlos de Salamanca, der erste Sieger des Traditions-GP, gewann mit seinem eigenen Rolls-Royce.

Zum 34. Mal gastiert der GP-Zirkus im Rahmen der Formel-1-WM auf der Renntrecke «Circuit de Barcelona-Catalunya» ausserhalb der katalanischen Metropole – und vielleicht zum drittletzten Mal. Denn der heutige Vertrag gilt bis Ende 2026, und im gleichen Jahr kehrt die Königsklasse zurück nach Madrid.

Seit 1991 findet der Spanien-GP ununterbrochen auf diesem Kurs statt, dem vor einigen Jahren das Wort Barcelona beigefügt wurde, um den Tourismus anzukurbeln.

Die erfolgreichsten Fahrer im Spanien-GP: Rennlegende Michael Schumacher und Lewis Hamilton, mit je sechs Siegen. Der Deutsche triumphierte 1995 mit Benetton und dann mit Ferrari 1996 sowie vier Mal in Folge von 2001 bis 2004! Hamilton siegte 2014 von von 2017 bis 2021.

Die Anfänge des Spanien-GP gehen auf 1913 zurück, aber was damals «Grosser Preis» genannt wurde und in Guadarrama bei Madrid ausgetragen wurde, das war eine echte Mogelpackung – denn es handelt sich um ein Rennen unter Tourenwagen-Regeln!

GP-Sieger im Rolls-Royce (nein, wirklich!)

Es siegte Rolls-Royce-Fahrer Carlos de Salamanca. Zuvor gab es den Katalonien-Cup von 1908 und 1909 in Sitges bei Barcelona. Ein ernstzunehmender Spanien-GP war das freilich auch nicht, obschon ein echter Grand-Prix-Haudegen gewann – der Franzose Jules Goux, der 1913 beim Indy 500 triumphieren sollte (als erster Nicht-Amerikaner übrigens).

Und damit kommen wir zur Frage für die spanische Version von «Wer wird Millionär?»: Wie hiess die erste permanente Rennstrecke von Spanien? Die Wenigsten wissen es: «Autódromo Nacional de Terramar» in Sitges – ein Oval!

Das Layout mit bis zu 60 Grad überhöhten Steilkurven ging auf Jaume Mestres zurück. Die Bauarbeiten dauerten 300 Tage, die Piste kostete damals 4 Millionen Peseten (heute ungefähr 400.000 Euro).

Das erste Rennen im Nudeltopf fand am 28. Oktober 1923 statt – ausgetragen für Zweiliter-GP-Renner. Erster im Ziel war Albert Divo auf Sunbeam vor dem Grafen Louis Zborowski auf Miller sowie Alfonso Carreras mit einem Elizalde. Nur fünf Fahrer sahen bei dem 200-Runden-Rennen (= 400 km) die Zielflagge.

Der richtige Rummel begann nach dem Rennen: Wegen unbezahlter Rechnungen waren die GP-Veranstalter nicht in der Lage, den Piloten ihr Preisgeld auszuzahlen. Der spanische Verband kannte da kein Pardon und belegte das Oval mit einem Austragungsverbot für internationale Rennen. Das letzte Autorennen in diesem Oval fand in den 1950er Jahren statt.

Am Zweikilometer-Oval südwestlich von Barcelona nagt der Zahn der Zeit, aber aufgrund der hervorragenden Bausubstanz hält sich der Nudeltopf wacker. Die meisten Gäste heute sind – Hühner. Der grösste Teil des Geländes wird von einer Hühnerzucht belegt. Ungebetene Gäste werden vom Züchter gerne mit seinen Hunden verjagt.

Villeneuve und Senna brillieren

Einen Barcelona-GP gab es in vier verschiedenen Formen: Im Oval von Sitges, auf dem Kurs von Pedralbes, am Berg Montjuich sowie auf der heutigen Rennstrecke bei Montmelo. 1969 führten Flügelbrüche an den Lotus von Graham Hill und Jochen Rindt dazu, dass der Autosportverband einschritt und die Flügelauswüchse von heute auf morgen verbot. Der schwere Unfall von Rolf Stommelen 1975 schickte den Strassenkurs von Montjuich in Rente.

Von 1968 bis 1975 fand das Rennen abwechslungsweise in Montjuich und ausserhalb von Madrid statt, in Jarama.

Besonders eindrucksvoll, wie 1981 Gilles Villeneuve seine Gegner hinter sich hielt. Sein einziger Vorteil war der Speed auf der Start/Ziel-Geraden. Dort fuhr der Kanadier exakt so schnell und platzierte seinen Wagen derart geschickt, dass er 28 Runden lang einen D-Zug von Rivalen im Rückspiegel halten konnte. Mehrfach lag Ligier-Fahrer Jacques Laffite gleichauf, aber es reichte nicht. Die ersten Fünf Gilles Villeneuve, Jacques Laffite, John Watson, Carlos Reutemann und Elio de Angelis lagen innerhalb von nur 1,24 Sekunden.

1986 bis 1990 wurde der Grosse Preis von Spanien in Andalusien ausgetragen, in Jerez de la Frontera. Unvergessen, wie 1986 der schwarze Lotus von Ayrton Senna mit 14 Tausendstelsekunden Vorsprung auf Nigel Mansells Williams über die Ziellinie fuhr – die Fans riss es von den Sitzen.

Nachdem der Grand Prix nach Barcelona zurückkam, schlug 1996 die grosse Stunde von Michael Schumacher: Erster Sieg mit Ferrari, im strömenden Regen.

Zurück in die jüngere GP-Geschichte: Max Verstappen machte sich 2016 mit seinem Debütsieg in Diensten von Red Bull Racing zum jüngsten Grand-Prix-Sieger – mit 18 Jahren und 228 Tagen. Die alte Bestmarke hielt Sebastian Vettel mit seinem Triumph in Monza 2008 (21 Jahre und 74 Tage).

Für vier GP-Piloten war Spanien der erste Formel-1-Sieg ihrer Karriere: Niki Lauda 1974, Jochen Mass 1975, Pastor Madonado 2012 sowie für Max 2016.

Spanien-GP: Das Goldene Buch

1913 Guadarrama: Carlos de Salamanca (E), Rolls Royce
1923 Sitges: Albert Divo (F), Sunbeam
1926 Lasarte: Bartolomeo Costantini (I), Bugatti
1927 Lasarte: Robert Benoist (F), Bugatti
1928 Lasarte: Louis Chiron (MC), Bugatti
1929 Lasarte: Louis Chiron (MC), Bugatti
1933 Lasarte: Louis Chiron (MC), Alfa Romeo
1934 Lasarte: Luigi Fagioli (I), Mercedes-Benz
1935 Lasarte: Rudolf Caracciola (D), Mercedes-Benz
1951 Pedralbes: Juan Manuel Fangio (RA), Alfa Romeo
1954 Pedralbes: Mike Hawthorn (GB), Ferrari
1967 Jarama: Jim Clark (GB), Lotus
1968 Jarama: Graham Hill (GB), Lotus
1969 Montjuich: Jackie Stewart (GB), Matra
1970 Jarama: Jackie Stewart (GB), March
1971 Montjuich: Jackie Stewart (GB), Tyrrell
1972 Jarama: Emerson Fittipaldi (BR), Lotus
1973 Montjuich: Emerson Fittipaldi (BR), Lotus
1974 Jarama: Niki Lauda (A), Ferrari
1975 Montjuich: Jochen Mass (D), McLaren
1976 Jarama: James Hunt (GB), McLaren
1977 Jarama: Mario Andretti (USA), Lotus
1978 Jarama: Mario Andretti (USA), Lotus
1979 Jarama: Patrick Depailler (F), Ligier
1980 Jarama: Alan Jones (AUS), Williams
1981 Jarama: Gilles Villeneuve (CDN), Ferrari
1986 Jerez: Ayrton Senna (BR), Lotus
1987 Jerez: Nigel Mansell (GB), Williams
1988 Jerez: Alain Prost (F), McLaren
1989 Jerez: Ayrton Senna (BR), McLaren
1990 Jerez: Alain Prost (F), Ferrari
1991 Barcelona: Nigel Mansell (GB), Williams
1992 Barcelona: Nigel Mansell (GB), Williams
1993 Barcelona: Alain Prost (F), Williams
1994 Barcelona: Damon Hill (GB), Williams
1995 Barcelona: Michael Schumacher (D), Benetton
1996 Barcelona: Michael Schumacher (D), Ferrari
1997 Barcelona: Jacques Villeneuve (CDN), Williams
1998 Barcelona: Mika Häkkinen (FIN), McLaren
1999 Barcelona: Mika Häkkinen (FIN), McLaren
2000 Barcelona: Mika Häkkinen (FIN), McLaren
2001 Barcelona: Michael Schumacher (D), Ferrari
2002 Barcelona: Michael Schumacher (D), Ferrari
2003 Barcelona: Michael Schumacher (D), Ferrari
2004 Barcelona: Michael Schumacher (D), Ferrari
2005 Barcelona: Kimi Räikkönen (FIN), McLaren
2006 Barcelona: Fernando Alonso (E), Renault
2007 Barcelona: Felipe Massa (BR), Ferrari
2008 Barcelona: Kimi Räikkönen (FIN), Ferrari
2009 Barcelona: Jenson Button (GB), BrawnGP
2010 Barcelona: Mark Webber (AUS), Red Bull Racing
2011 Barcelona: Sebastian Vettel (D), Red Bull Racing
2012 Barcelona: Pastor Maldonado (YV), Williams
2013 Barcelona: Fernando Alonso (E), Ferrari
2014 Barcelona: Lewis Hamilton (GB), Mercedes
2015 Barcelona: Nico Rosberg (D), Mercedes
2016 Barcelona: Max Verstappen (NL), Red Bull Racing
2017 Barcelona: Lewis Hamilton (GB), Mercedes
2018 Barcelona: Lewis Hamilton (GB), Mercedes
2019 Barcelona: Lewis Hamilton (GB), Mercedes
2021 Barcelona: Lewis Hamilton (GB), Mercedes
2022 Barcelona: Max Verstappen (NL), Red Bull Racing
2023 Barcelona: Max Verstappen (NL), Red Bull Racing

Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Kommentare

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Dr. Marko: «Das war der Grundstein für den Sieg»

Von Dr. Helmut Marko
Red Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko analysiert exklusiv für SPEEDWEEK.com das Formel-1-Rennen in Spanien und erklärt, wie WM-Leader Max Verstappen seinen siebten Saisonsieg einfahren konnte.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Do. 27.06., 11:20, Motorvision TV
    Car History
  • Do. 27.06., 12:20, Motorvision TV
    Top Speed Classic
  • Do. 27.06., 12:45, Motorvision TV
    Bike World
  • Do. 27.06., 13:40, Motorvision TV
    Nordschleife
  • Do. 27.06., 14:05, Motorvision TV
    Motorcycles
  • Do. 27.06., 15:30, ORF Sport+
    Rallye: Murtal Rallye
  • Do. 27.06., 15:35, Motorvision TV
    Superbike: Australian Championship
  • Do. 27.06., 15:45, Eurosport 2
    Motocross: FIM-Weltmeisterschaft
  • Do. 27.06., 16:15, Eurosport 2
    Motocross: FIM-Weltmeisterschaft
  • Do. 27.06., 16:15, Hamburg 1
    car port
» zum TV-Programm
5