Hamilton heult nach Silverstone-Sieg: «Ich zweifelte»

Von Mathias Brunner
Bravo, Lewis Hamilton!

Bravo, Lewis Hamilton!

​Lewis Hamilton hat den Traditions-GP von Grossbritannien gewonnen. Der Mercedes-Star triumphiert zum 104. Mal in der Formel 1, zum neunten Mal in Silverstone, zum ersten Mal seit Jeddah 2021 – wow!

Was für eine grandiose Darbietung von Lewis Hamilton beim packenden britischen Grand Prix auf dem Silverstone Circuit in England: Der 39-jährige Hamilton gewinnt den britischen Grand Prix, das ist sein 104. GP-Triumph, sein neunter auf dieser klassischen Rennstrecke (neuer F1-Rekord), sein erster seit Saudi-Arabien 2021, nach unfassbaren 945 Tagen. Das 199. Podest für Hamilton, der auf der Auslaufrunde im Rennwagen hemmungslos heulte.

Für Hamiltons Rennstall Mercedes ist es der 127 Sieg in der Königsklasse, der zweite in Folge nach George Russell in Österreich und der zehnte beim britischen Grand Prix.

Hamilton schwenkte während der Auslaufrunde stolz den Union Jack und wollte am liebsten die ganze Welt umarmen. Der König von Silverstone!

Hamilton stürzte sich in die Arme seiner Mercedes-Mannschaft und in die Arme seiner Eltern: «Ich heule noch immer, uff. Seit 2021 habe ich versucht, jeden Tag nicht meinen Kopf hängen zu lassen. Dies ist mein letzter Silverstone-Sieg mit Mercedes, daher war es mir so wichtig, dass ich das nach Hause fahre.»

«Und dann diese Fans! Ich hätte um nichts in der Welt diesen Sieg verlieren wollen, ich wollte das für meine treuen Fans. Ich bin so stolz, dass wir alle immer daran geglaubt haben, dass ich wieder gewinnen kann. Auch wenn es Momente des Zweifels gab. Ich kann der ganzen Mercedes-Mannschaft nicht genug danken für ihren Einsatz jeden Tag.»

So lief das Rennen

Die tückischsten Regenzellen hatten sich Richtung Osten verabschiedet, 50 Minuten vor dem Start aber wieder leichter Regen, gefolgt von Sonne (typisch englischer Sommer also), dann wieder mehr Wolken, Silverstone ist oft ein Schritt ins Ungewisse.

Das Rennen begann auf «rutschiger Bahn» (George Russell während der Erkundungsrunde am Funk), die Temperatur mit 16 Grad bei wechselndem Wind eher klamm, die Piste 33 Grad warm. Die ersten 13 Fahrer auf mittelharten Reifen, nur Zhou und Ocon auf weichen Pirelli, Pérez, aus der Boxengasse startend, auf den harten Walzen.

Als die Startampel erlosch, fehlte Pierre Gasly: Er kam noch vor dem Start wegen eines Motorproblems an die Box.

Start also: Russell vor Hamilton, Verstappen schon an Norris vorbei, nach einem kleinen Fehler von Lando. Dahinter Piastri, Sainz, Stroll, der sehr gut gestartete Leclerc und Hülkenberg.

In Runde 2 arbeitete sich Norris in den Windschatten von Verstappen vor, nach kleinem Fehler von Max im langsamen Pistenteil.

Die beiden Mercedes kontrollierten das Tempo. Dahinter konnte Verstappen das Tempo nicht halten. Norris erhielt die Warnung eines leichten Schauers an der Grenze der Strecke für Runde 6.

Runde 4: Russell hatte 1,5 Sekunden vor Hamilton alles im Griff, Verstappen seinerseits 1,5 sec hinter Hamilton.

Max seinerseits erhielt die Info, dass es in Runde 16 regnen würde.

Runde 7: Weiter Doppelführung für Mercedes, Verstappen hielt sich eine Sekunde vor Norris auf Rang 3. Dann Piastri, Sainz, Stroll, Leclerc, Hülkenberg und Alonso in den Top-Ten. Ein erster Angriff von Leclerc auf Stroll wurde vom Kanadier abgeschmettert. Hülkenberg schaute sich das erste Reihe Mitte an.

Sergio Pérez, aus der Boxengasse gestartet, tauchte inzwischen auf P16 auf, acht Sekunden hinter den Punkterängen.

Runde 11: Die ersten sechs Ränge bezogen, Sainz verlor aber Boden auf die ersten Fünf, Leclerc noch immer hinter dem siebtplatzierten Stroll.

Verstappen erhielt die Information: Eine kleine Regenzelle zuerst, mit leichtem Regen, dann zehn Minuten lang keine Niederschläge, gefolgt von einer grösseren Zelle mit mehr Regen. Nun würde es darum gehen, zum richtigen Zeitpunkt zu wechseln. Fieberhafte Anspannung an den Kommandoständen.

Runde 14: Zhou an der Box – von weichen Reifen Wechsel auf mittelharte Pirelli. Leclerc inzwischen endlich vorbei an Stroll, der Monegasse neu Siebter. Erste Tropfen fielen.

Norris zog das Tempo an, wieder näher an Verstappen. Der Druck stieg auf den Weltmeister. In Runde 16 fing Norris auf der Hangar-Geraden vorbei, neu auf Rang 3. Verstappen machte ihm das Leben nicht schwer. Jubel auf den Rängen, drei Briten auf den Podesträngen.

Runde 17: Leclerc erhielt eine akute Regenwarnung, auf den Rängen gingen die Schirme auf, Pellerinen wurden blitzschnell angezogen. Russell vorne 1,7 Sekunden vor Hamilton, dann Norris, Verstappen mit nachlassenden Reifen unter Druck von Piastri.

In Runde 18 verlor Max einen weiteren Platz an einen McLaren, der Regen nahm zu. Verstappen erhielt die Anweisung, diese Zelle zu überstehen, wenn er kann.

Vorne hatte Leader Russell Mühe, auf einmal war Hamilton am jungen Landsmann dran. Lewis bei schmierigen Verhältnissen der schnellere Mann. In Runde 19 fing Lewis auf der Hangar-Geraden vorbei. Dann beide Mercedes in Copse neben der Bahn! Norris liess sich das nicht zwei Mal sagen, schnappte sich sofort Russell und jammerte am Funk: «Das war gefährlich, wie die auf die Bahn zurück gekommen sind.» War es nicht.

Die Fahrer eierten herum auf nasser Bahn, sehr tückische Verhältnisse jetzt. Runde 19: Norris vorbei an Hamilton, dahinter warf sich Piastri auf Russell und griff dann Hamilton an. Fabelhafter Sport!

Ferrari-Fahrer Leclerc holte sich Intermediates ab, Piastri mit dem besser liegenden McLaren vorbei an Hamilton, zwei McLaren vorne in Runde 20. Die Papaya-Renner auf mehr Abtrieb getrimmt, das zahlte sich auf schmieriger Bahn aus.

Hamilton teilte am Funk mit, er wolle keine Intermediates: «An vielen Stellen ist es trocken.»

Der frühe Wechsel von Leclerc machte sich nicht bezahlt, denn es hörte wieder auf zu regnen – mit mehr Niederschlägen am Horizont. Leclerc mit Rundenzeiten 10 Sekunden langsamer als jene der Spitze.

Runde 22: Norris 1,6 sec vor Piastri, der 1 sec vor Hamilton, Russell 1,4 sec hinter Hamilton, dann Verstappen, Sainz, Hülkenberg, Alonso, Stroll und Tsunoda. Auch Pérez hatte Intermediates geholt, sagte aber am Funk: «Das klappt nicht es ist zu trocken.»

Eine grössere Regenzelle näherte sich, die Frage nicht, ob man auf Inters wechseln soll, sondern vielmehr, wann dazu der richtige Zeitpunkt ist. McLaren sprach am Funk von 30 Minuten Regen. Pérez und Leclerc auf ihren Intermediate-Reifen wurden überrundet. Leclerc schlitterte auf überhitzten Inters von der Bahn.

Runde 26: Wieder mehr Regen. Piastri am Funk: «Zu früh für Inters.» Der Australier lauerte eine Sekunde hinter Norris auf seine Chance, rückte näher und näher an Miami-Sieger Lando.

Red Bull Racing holte Verstappen an die Box! Die richtige Entscheidung in der 27. Runde?

Zudem: McLaren und Mercedes mit je zwei Autos da vorne, also mit beiden Autos beim Boxenstopp, wenn alle reingeholt werden müssen.

Noch mehr Regen, McLaren holte Norris herein, Piastri blieb draussen! Dahinter aber beide Mercedes zur Box fahrend. Gute Arbeit bei beiden Teams.

Verstappen nun dank des früheren Stopps hinter Hamilton, aber vor Russell. Auch Piastri wurde nun hereingebeten. Durch den späteren Stopp fiel er aber zurück.

Runde 29: Norris 3,2 sec vor Hamilton, Verstappen 3,5 hinter Lewis nun Dritter, dann Russell, Sainz, erst dann Piastri sowie Hülkenberg, dann die Aston Martin von Stroll und Alonso sowie Tsunoda in den Top-Ten.

Gewinner der Stopps: Verstappen. Verlierer: Piastri.

Russell rückte näher an Verstappen heran. Die frühen Stopper Leclerc und Pérez überrundet auf den Rängen 16 und 17.

Verstappen monierte am Funk stark abbauende Reifen. Der Regen liess nach, natürlich wurde schon fieberhaft überlegt, wann es am cleversten ist, zurück auf Slicks zu wechseln. Die Piloten kämpften mit abbauenden Reifen, niemand wollte zu früh an die Box kommen und sich verzocken.

Runde 33: Piastri machte Druck auf Sainz, im Kampf um Platz 5.

Schock bei Mercedes in Runde 34: Russell kam an die Box – aus für den Mann, der von Pole gestartet war. George quittierte mit herzhaften Flüchen. Damit vorbei die Chance auf drei Briten auf dem Siegerpodest. Mercedes meldete ein Problem mit dem Wasserkreislauf im Mercedes:

Neue Reihenfolge: Norris, Hamilton, Verstappen, Sainz, Piastri, Hülkenberg, Stroll, Alonso, Tsunoda und Albon in den Top-Ten.

Runde 36: Hamilton rückte näher an Norris heran, ein Kampf zweiter Piloten auf verschlissenen Reifen. Verstappen ungefährdet Dritter, zehn Sekunden vor Sainz. Start und Ziel nun von Sonne geküsst. Wer würde als Erster wechseln? Die Bahn nun teilweise trocken, teilweise noch nass. Kein weiterer Regen angesagt.

Runde 38: Verstappen teilte am Funk mit, er wolle noch draussen bleiben. Mercedes holte den zweitplatzierten Hamilton rein! Norris blieb draussen. Weiche Reifen für Hamilton. Auch Verstappen an der Box, der Niederländer jedoch auf harten Reifen. Auch Piastri drin, auch der Australier auf harten Reifen.

Eine Runde später wurde auch Norris an die Box geholt – Lando mit weichen Reifen. Und Hamilton in Führung! Mercedes hatte das perfekt gemacht, McLaren nicht.

Runde 40: Hamilton 2,5 Sekunden vor Norris, der vier Sekunden vor Verstappen. Dahinter dann Piastri nun vor Sainz Vierter.

42. von 52 Runden: Hamilton kontrollierte das Geschehen, Verstappen auf den harten Reifen aber hinter Norris noch nicht geschlagen. Denn würden die weichen Reifen auf wärmer werdender Bahn lange genug halten bei Hamilton und Norris? Max fuhr die beste Rennrunde.

Die Fans hielt es nicht mehr auf den Sitzen: Norris näher an Hamilton dran, Verstappen aber noch schneller als Norris.

Runde 45: Die weichen Reifen an den Autos von Hamilton und Norris begannen zu leiden, vor allem links vorne. Verstappen war noch nicht geschlagen.

Norris konnte den Rhythmus von Hamilton nicht halten, der Red Bull Racing-Renner von Verstappen wurde im McLaren-Rückspiegel grösser und grösser.

Runde 48: Verstappen an Norris dran, auf der Hangar-Geraden ging der Niederländer vorbei, Norris hatte da nichts dagegen zu halten. Mclaren von einer Doppelführung zurück auf die Ränge 3 und 4.

Max 3,3 Sekunden hinter Hamilton. Würde das noch reichen gegen den Rekord-Champion?

Hamilton liess an der Spitze nichts mehr anbrennen – 104. GP-Sieg, Zielflagge von Brian May (Gitarrist von Queen), der erste seit 945 Tagen, der erste seit Jeddah 2021. Und sein neunter Volltreffer in Silverstone, noch nie hat ein Fahrer auf einer einzelnen Rennstrecke öfter gewonnen.

Grossbritannien-GP, Silverstone Circuit

01. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, 1:22:27,095 h
02. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing,+1,465 sec
03. Lando Norris (GB), McLaren, +7,547
04. Oscar Piastri (AUS), McLaren, +12,429
05. Carlos Sainz (E), Ferrari, +47,318
06. Nico Hülkenberg (D), Haas, +55,722
07. Lance Stroll (CDN), Aston Martin, +56,569
08. Fernando Alonso (E), Aston Martin, +1:03,577 min
09. Alex Albon (T), Williams, +1:08,387
10. Yuki Tsunoda (J), Racing Bulls, +1:19,303
11. Logan Sargeant (USA), Williams, +1:28,960
12. Kevin Magnussen (DK), Haas, +1:30,153
13. Daniel Ricciardo (AUS), Racing Bulls, +1 Runde
14. Charles Leclerc (MC), Ferrari, +1 Runde
15. Valtteri Bottas (FIN), Sauber, +1 Runde
16. Esteban Ocon (F), Alpine, +1 Runde
17. Sergio Pérez (MEX), Red Bull Racing, +1 Runde
18. Guanyu Zhou (RCH), Sauber, +1 Runde
Out
George Russell (GB), Mercedes, Wasser-Kreislauf
Pierre Gasly (F), Alpine, Getriebe

WM-Stand (nach 12 von 24 Grands Prix und 3 von 6 Sprints)

Fahrer
01. Verstappen 255 Punkte
02. Norris 171
03. Leclerc 150
04. Sainz 146
05. Piastri 124
06. Pérez 118
07. Russell 111
08. Hamilton 110
09. Alonso 45
10. Stroll 23
11. Hülkenberg 22
12. Tsunoda 20
13. Ricciardo 11
14. Oliver Bearman (GB) 6
15. Gasly 6
16. Magnussen 5
14. Albon 4
18. Ocon 3
19. Zhou 0
20. Sargeant 0
21. Bottas 0

Konstrukteurspokal
01. Red Bull Racing 373 Punkte
02. Ferrari 302
03. McLaren 295
04. Mercedes 221
05. Aston Martin 68
06. Racing Bulls 31
07. Haas 27
08. Alpine 9
09. Williams 4
10. Sauber 0

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