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Dr. Helmut Marko: «Das Update muss greifen»

Von Dr. Helmut Marko
Red Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko analysiert exklusiv für SPEEDWEEK.com das GP-Wochenende auf dem Silverstone Circuit und spricht auch über die Red Bull Junioren und das anstehende Rennen auf dem Hungaroring.

Wir konnten in Grossbritannien unseren Vorsprung in der Konstrukteurs- und der Fahrer-Meisterschaft ausbauen. Aber mit dem reinen Speed können wir nicht zufrieden sein. Wir tun uns nach wie vor schwer mit der Fahrzeugabstimmung. Wir brauchen fast immer bis zum Qualifying und müssen dann auch noch im Rennen Änderungen vornehmen, bis wir das Auto halbwegs in die Balance bekommen.

Im Qualifying hatten wir das Desaster mit Sergio Pérez, das waren zwar schwierige Bedingungen, aber trotzdem sollte ihm nicht passieren, dass er bereits auf der Outlap das Auto verliert, denn er verfügt über viel Routine. Damit war sein Rennen gelaufen, denn wenn du von Startplatz 19 losfährst, liegt nicht mehr viel drin. Das geht auf seine Kappe. Im Rennen war dann die Strategie nicht optimal, aber da kommt halt eins zum anderen.

Max hatte auch einen Ausritt im Qualifying, und dabei wurde der Unterboden derart beschädigt, dass er relativ viel Downforce verloren hat. Wir haben das im Laufe des Qualifyings noch reduzieren können und angesichts der Umstände war der vierte Startplatz eine gute Schadensbegrenzung. Zum Glück hatten wir einen neuen Unterboden dabei, den wir dann fürs Rennen eingesetzt haben.

Sein Start ins Rennen war wieder sehr gut. Das Mercedes-Tempo konnten wir nicht halten, aber die McLaren hatten wir hinter uns, bis die regelrecht geflogen sind – das war unglaublich, sie waren dann eine Sekunde und mehr schneller als wir und auch als die Mercedes.

Wir kämpften im ersten Stint auf den Medium-Reifen mit Graining an der Front. Das führte zu Untersteuern und das ist etwas, das Max gar nicht liebt. Normalerweise ist er auf feuchter Strecke mit Slicks eine Sekunde schneller als die anderen, und nicht mehr als eine Sekunde langsamer. Da waren wir mit dem Auto völlig daneben.

Doch dann hat uns die Strategie-Entscheidung, schon früh auf die Intermediates zu wechseln, wieder ins Rennen zurückgebracht. Der Speed auf diesen Reifen war nichts Besonderes, aber wir waren wettbewerbsfähig. Und dann trafen wir noch einmal die richtige Entscheidung, auf die harten Reifen zu wechseln. Und dann lief das Auto plötzlich.

Wir waren zwar nicht überlegen, aber wir waren gleich schnell wie Oscar Piastri mit dem Medium-Reifen. Dieser war vielleicht zwei, drei Zehntel schneller als die harte Mischung, das heiss, dass unser Speed da sehr gut war. Wir hätten zwei, drei Runden mehr gebraucht, dann hätte er zur Spitze aufgeschlossen und es wäre zumindest eng geworden.

Update in Budapest

Es lag aber nicht am Ausritt im Qualifying, dass es nicht gereicht hat, angesichts unserer Performance auf den Medium-Reifen glaube ich das nicht. Es war verwirrend, wie schlecht diese ausgefallen ist, und auch dass die Leistung auf den Intermediates nicht so gut war, und dann ging es auf den harten Reifen plötzlich wieder. Logisch ist das nicht erklärbar, auch nicht nur durch die Frontflügel-Einstellung.

Auch Piastri war auf den Intermediates nicht schnell. Wenn man die Reifen ins richtige Arbeitsfenster bringt, kann das schnell mal einen Unterschied von einer Sekunde und mehr ausmachen. Hamilton zeigte relativ früh im Rennen beim linken Vorderreifen Anzeichen für Graining, und wir hofften schon auf eine Chance. Aber da hat er wieder einmal seine Klasse unter Beweis gestellt und mit starken Rundenzeiten den Reifen über die Distanz gebracht. Wie er auf den Druck von Max reagiert hat, ohne die Reifen zu ruinieren, das war wieder einmal grosse Klasse. Bei Lando Norris sind die Reifen sofort eingebrochen.

Die Quintessenz für uns ist, dass alles optimal passen muss, damit wir gewinnen. Da darf nicht der kleinste Fehler sein. Wir waren mit dem Medium-Reifen zu langsam. Aber Gottseidank kommt in Budapest ein Update, und da hoffen wir, dass uns dieses wieder einen Schritt nach vorne bringt. Blickt man auf die anstehenden Rennen, dann kann man sagen, dass Budapest eher eine langsame Strecke ist, und Spa ist eine der Lieblingsstrecken von Max, da war er bisher immer ausserordentlich gut. Sicher ist: Das Update muss greifen, denn wir sind in der Basis derzeit hinter McLaren – und wenn man das England-Rennen betrachtet, auch hinter Mercedes.

Dass die Temperaturen eine grosse Rolle spielen oder ein Auto, das in Barcelona gut ist, auch auf allen weiteren WM-Kursen gut klarkommt, sind Weisheiten, an die ich nicht mehr ganz glaube. Das alles wird durch die Reifensituation in Frage gestellt. Es ist natürlich entscheidend, ins richtige Temperaturfenster zu kommen, aber trotzdem ist der Red Bull derzeit nicht das schnellste Auto, und das müssen wir mit dem Update korrigieren.

Natürlich hilft es uns, dass sich die Gegner von Red Bull Racing an der Spitze abwechseln, aber darauf dürfen wir uns nicht verlassen. Ich glaube auch, dass Ferrari da jetzt nicht mehr mitspielt. Und wir müssen aus eigener Kraft wieder gewinnen können, das ist der Anspruch. Vor uns liegen noch zwölf Rennwochenenden und da kann man sich nicht darauf verlassen, dass hinter und jetzt auch vor uns immer wieder andere sind und wir davon profitieren.

Wir brauchen auch mit Blick auf die Konstrukteurswertung zwei Fahrer vorne, und wir hoffen immer noch, dass Sergio Pérez zu seiner Form zurückfindet. Wir werden die Situation nach den nächsten zwei Rennen in der Sommerpause evaluieren und dann sehen wir weiter.

Starke Red Bull Junioren

In der Sommerpause werden wir auch die Performance der Red Bull Junioren genauer analysieren und bewerten. Isack Hadjar hat mit seinem Sieg im Hauptrennen in Silverstone die Führung in der Formel-2-Meisterschaft übernommen. Wir dürfen nicht vergessen, dass er mehrmals Pech hatte, da war der Motorschaden, dann der Reserve-Motor, der nicht funktioniert hat und dann die zwei Benzinzufuhr-Schäden und zwei Mal wurde er auch unverschuldet umgekehrt. Sonst wäre er in der Meisterschaft meilenweit vorne.

In der Formel 3 glänzte Arvid Lindblad, der als Rookie direkt von der Formel 4 in die Formel 3 aufgestiegen ist und beide Rennen für sich entschieden hat. Er ist erst 16 Jahre jung und wir freuen uns, dass man nun mit 17 wieder Formel 1 fahren kann. Aber wir bleiben da ruhig und produzieren weiter gute Resultate mit unseren Junioren, die nun wieder mehr Priorität geniessen und immer wieder auch im Formel-1-Auto Gas geben dürfen. Isack hat sich bei seinem jüngsten Test gut geschlagen, er hatte nie die weichen Reifen am Auto, aber er zeigte starke Leistungen und seine Aussagen waren auch gut. Es ist auch kein Geheimnis, dass Liam Lawson einen Filmtag für uns absolvieren wird.

Isack und Arvid haben äussert tolle Qualitäten, sie sind superschnell und weisen eine Formel-1-Qualität auf. Und man darf auch nicht Ayumu Iwasa vergessen, der in Japan in der Super Formula derzeit den zweiten Zwischenrang belegt.

Mit Oliver Bearman wird im nächsten Jahr ein Fahrer in die Formel 1 aufsteigen, der zur richtigen zeit am richtigen Ort war. mit seinem Rennen im Ferrari hat er seine GP-Zukunft erfahren. Wenn man seine Formel-2-Ergebnisse hernimmt, dann würde es deutlich schlechter für ihn aussehen. Aber es ist gut, dass junge Leute in die Formel 1 kommen, da bin ich absolut dafür. Ich kann keine Namen nennen, aber es gibt Fahrer im Feld, die stagnieren und nach Lust und Laune mal etwas besser oder schlechter sind. Sie blockieren den Weg für die jungen Fahrer. Die Teams haben auch Angst vor Junioren. Klar machen sie Fehler, aber mir ist es lieber, es macht jemand Fehler und ist eine Hoffnung für die Zukunft als dass es keine Steigerung mehr gibt.

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