Monza vor 40 Jahren: Ein Feiertag für Österreich
Ein Grand Prix in Monza weckt auch aus österreichischer Sicht viele Erinnerungen. An Tragödien, wie die tödlichen Unfälle von Rupert Hollaus und Jochen Rindt.
Und an Sternstunden. Wie 1988, als drei Wochen nach dem Tod von Enzo Ferrari der noch von ihm verpflichtete Gerhard Berger für die Scuderia und über 100.000 Tifosi den GP von Italien gewann, mit seinem Teamkollegen Michele Alboreto im Windschatten.
Oder vier Jahre früher, 1984, als in den ersten Sechs des italienischen WM-Laufs drei Österreicher zu finden waren, also 50 Prozent, von denen aber zwei aufgrund des Reglements letztlich doch keine Zähler gutgeschrieben bekamen.
Jo Gartner fuhr den zweiten Osella-Alfa, Gerhard Berger den zweiten ATS-BMW – doch ihre Teams hatten keinen zweiten Wagen für die gesamte Saison eingeschrieben.
Daher gab es keine Zähler, womit niemand rechnen konnte, dass das ein Thema würde. Auf Platz 1: Niki Lauda im McLaren mit TAG-gebrandeten Porsche-Turbo.
Das war Monza vor 40 Jahren. Wenn am kommenden Wochenende die Formel 1 wieder im Königlichen Park gastiert, dann zum 17. Mal in Folge ohne österreichischen Fahrer. Der letzte, der hier ein Rennen der F1-WM bestritt, war Alex Wurz 2007, er wurde im Williams 13.
1984 also: Das dritte Jahr des Comebacks von Niki Lauda im McLaren. 39 Fahrer in 15 Teams, das muss man sich heute einmal vorstellen bei unserem kümmerlichen Feld von 20 Piloten mit 10 Rennställen. Natürlich fuhren nicht alle die nur 16 Rennen.
Die Geschichte des Jahres war das McLaren-interne Titelduell: Altmeister Lauda gegen Jungstar Alain Prost.
Monza war der 14. und drittletzte Lauf. Lauda hatte bis dahin vier Mal gewonnen (Kyalami, Dijon, Brands Hatch, Österreichring), Prost fünf Mal (Jacarepagua, Imola, Monaco, Hockenheim, Zandvoort).
Lauda kam mit 1,5 Punkten Vorsprung auf Prost nach Monza. Die halben Punkte resultierten aus dem Ergebnis von Monaco, wo wegen Regens nach 31 von 78 Runden abgebrochen worden war und nur halbe Punkte für die ersten Sechs vergeben worden waren.
Als in den Tagen vor dem Rennen die Disqualifikation von Tyrrell für den Rest der WM bestätigt wurde, weil es technische Verfehlungen gegeben hatte, wurde das Monza 1984 das erste der Formel 1, das ausschließlich mit Turboantrieben gefahren wurde.
Lauda qualifizierte sich nur als Vierter hinter Piquet (Brabham), Prost und Elio de Angelis (Lotus).
Gerhard Berger, damals 25, schaffte für sein zweites F1-Rennen Startplatz 20, unmittelbar vor seinem ATS-Kollegen Manfred Winkelhock – der nach einem frühen Ausfall im Rennen den deutschen Rennstall auf der Stelle verließ.
Jo Gartner, der erst als 30-Jähriger sein F1-Debüt gefeiert hatte, ließ als 24. Im Osella-Alfa noch Rothengatter im Spirit und Palmer im RAM hinter sich.
Lauda fiel nach dem Start auf Rang 7 zurück, war aber bald Vierter. Da war Prost bereits mit Motorschaden ausgeschieden.
Eine hohe Ausfallquote bahnte sich bald an. In Runde 16 erwischte es den führenden Piquet. Nach 40 Runden hatte Lauda Fabi und nach weiteren drei Tambay überholt und führte.
Nach 51 Runden siegte Lauda mit 24 Sekunden Vorsprung auf Alboreto im Ferrari, der Rest der insgesamt zehn gewerteten Fahrer hatte mindestens eine Runde Rückstand. Lauda verließ das Autodromo Nazionale mit 10,5 Zählern Vorsprung auf den McLaren-Kollegen.
Gartner in seinem sechsten und Berger in seinem zweiten GP blieben von Kollisionen verschont, nicht aber von technischen Problemen.
Als Fünfter und Sechster fuhren sie ins Ziel, jeweils zwei Mal überrundet, aber mit einem Motivationsschub für die restlichen Rennen.
Allerdings: Kämpfen mussten beide. Berger lag anfangs vor Gartner, der den Tiroler später überholen konnte, weil der Abtrieb am ATS nachließ. Fünf Runden vor Schluss brach an Gartners Osella der fünfte Gang, in der letzten Runde setzte der Motor vor der Parabolica aus. Gartner aktivierte die elektrische Benzinpumpe, die ihn mit einem Schwung noch über die Ziellinie brachte. Gartner gestand später, er habe die Nacht nach diesem Rennen überhaupt nicht schlafen können.
Berger hatte den BMW-Bonus. Als Gartner für 1985 bei Osella out war, weil Pier-Carlo Ghinzani doch mehr Mitgift aufbringen konnte, kam es zum Österreicher-Duell um den zweiten Platz bei Arrows-BMW, der an Berger ging.
Gartner machte sich ab 1985 einen Namen in der Sportwagen-WM. Nach acht Rennen war aber die Formel 1 für den Wiener zu Ende. In Le Mans ereilte ihn 1986 sein Schicksal. Berger sollte ab 1985 noch 206 F1-Rennen bis 1997 bestreiten und zehn Siege einfahren.
Lauda brachte seinen Vorsprung auf Prost im Titelkampf ins Ziel. Wenn auch nur mit einem halben Punkt Vorsprung nach dem Herzschlagfinale in Estoril.
Ein Ergebnis wie Monza 1984 mit drei Österreichern in den ersten Sechs wird es mit grosser Wahrscheinlichkeit nie mehr geben.
Das letzte F1-Rennen mit drei Österreichern war der Pacific-GP 1994: Berger (Ferrari), Wendlinger (Sauber), Ratzenberger (Simtek).
Zwar waren auch in der Saison 2005 drei Österreicher in der Formel 1, aber Alex Wurz kam im McLaren-Mercedes nur in Imola zum Einsatz. Patrick Friesacher im Minardi fuhr von Australien bis Silvestone, dann stieg der Niederländer Robert Doornbos ein. Christian Klien wechselte sich bei Red Bull Racing mit dem Italiener Tonio Liuzzi ab. Die beiden sind hoch heute in der Formel 1: Klien als Formel-1-Experte fürs Fernsehen, Liuzzi als FIA-Rennkommissar.