3. freies Training: Vettel darf aufatmen
Romain Grosjean: Nicht nur im Trockenen der Schnellste
Das dritte freie Training zum Grossen Preis von Australien wurde vom Wetter bestimmt. Knapp 15 Minuten nach Beginn setzte der Regen ein und zwang die Teams zu einer Pause. Eine Viertelstunde lang wagte sich kein Fahrer mehr auf die Strecke – zu gross war die Gefahr, den Dienstwagen kurz vor dem Qualifying zu beschädigen.
Ferrari beeindruckt auf nasser Piste
Felipe Massa beendete die Stille kurz nach Halbzeit. Der 31-jährige Brasilianer war im Trockenen knapp zweieinhalb Zehntelsekunden langsamer als sein Ferrari-Teamkollege Fernando Alonso unterwegs. Der 31-Jährige aus Oviedo umrundete den Albert Park Circuit in genau 1:27,000 min und besetzte damit den zweiten Platz auf der Zeitenliste. Der ehemalige Formel-1-Teamchef und heutige BBC-Technik-Experte Gary Anderson ist beeindruckt von der Form der Italiener: «Ungeachtet der Bestzeit von Romain Grosjean macht Ferrari auf nasser Bahn einen starken Eindruck.»
Teamchef Stefano Domenicali bleibt trotzdem vorsichtig: «Generell richten wir uns danach aus, was sich der Himmel in Sachen Wetter noch alles einfallen lässt. Regen verändert alles. Was unsere Gegner angeht – Red Bull Racing ist Weltmeister, das sagt alles über die Konkurrenzfähigkeit. Aber ich würde auch ein Team wie McLaren nie abschreiben. Gewiss, sie scheinen derzeit Probleme zu haben. Aber sie sind stark genug, sich davon zu erholen.»
Vettel: Doch kein Hydraulikdefekt
Das Training von Sebastian Vettel endete knapp zehn Minuten vor Testende in der vierten Kurve: Der dreifache Weltmeister hatte gerade zu seiner schnellen Runde auf den Intermediates-Reifen angesetzt, als ihn von der Boxenmauer die Weisung erreichte, er solle nicht mehr Schalten und seinen RB9 gleich abstellen. Der Kommandostand von Red Bull Racing meldete erst ein Hydraulikproblem als Ursache, und Anderson rätselte: «Die Frage wird nun sein: Wie gravierend ist der Hydraulikdefekt am Auto von Vettel? Handelt es sich um einen Defekt, der mit der Auswechslung eines Cent-Teils erledigt ist oder um etwas Grösseres?»
Kurz darauf folgte die Antwort: Nicht ein Hydraulikdefekt, sondern ein kaputter Sensor hatte den ungeplanten Stopp verursacht. Das Weltmeister-Team durfte aufatmen – denn die Auswechslung ist keine grosse Sache. Anderson rechnet denn auch mit dem Team aus Milton Keynes: «Die Faustregel gilt – mehr Abtrieb als andere zu haben, kann nie schaden, ganz besonders nicht auf nasser Bahn. Red Bull Racing ist also weiterhin am höchsten einzuschätzen.»
McLaren: Pest statt Cholera?
Ein schwieriges Training erlebte ein Mal mehr das McLaren-Duo. Jenson Button beklagte sich über seine stark abbauenden Hinterreifen und kämpfte wie sein Teamkollege Sergio Pérez auch mit seinem Dienstwagen, der abwechslungsweise über- und untersteuerte. Am Ende musste sich der Weltmeister von 2009 mit dem 17. Platz auf der Zeitenliste begnügen, Pérez reihte sich gleich dahinter auf Rang 18 ein.
Anderson wundert sich: «Das habe ich nicht erwartet, McLaren scheint sich im Rückwärtsgang zu bewegen. Die ganzen grossen Umstellungen – höhere Nase, neues Vorderradaufhängungs-Konzept, eng zusammen gepacktes Heck – sollten erhebliches Entwicklungs-Potenzial geboten haben, aber ich kann nicht erkennen, dass davon etwas genutzt wird. Bei den Wintertests in Spanien fiel auf: der Wagen untersteuert. Nun aber übersteuert er auch. Wurde hier bei der Abstimmung die Pest gegen die Cholera eingetauscht? Mir scheint, hier handelt es sich nicht um ein rein aerodynamisches Problem.»
Gutiérrez: Beeindruckender Regentanz
Der schnellste Mann des Tests war Romain Grosjean – sowohl auf trockener als auch auf nasser Piste: Bevor der Regen eingesetzt hatte, schaffte der Lotus-Pilot die 5,303 Kilometer in 1:26,929 min, ganz zum Schluss des Trainings liess er sich mit 1:37,799 min auch die schnellste Zeit auf der Intermediates-Mischung gutschreiben.
Der Blick auf die Regen-Zeitenliste lohnt sich, schliesslich ist pünktlich zum Qualifying-Start wieder Regen vorhergesagt. Und er offenbart Überraschendes: Denn gleich hinter Grosjean reiht sich Sauber-Neuling Esteban Gutiérrez (1:37,878 min) ein, gefolgt von Toro-Rosso-Fahrer Jean-Eric Vergne (1:38,083 min). Adrian Sutil war der schnellste Deutsche im Regen: Der 30-jährige Force-India-Rückkehrer besetzt hinter Lotus-Star Kimi Räikkönen den vierten Platz.