1.Training Ungarn: Sebastian Vettel in der Hitze vorn
Lange Pause: Weltmeister Sebastian Vettel drehte erst in der letzten halben Stunde seine erste gezeitete Runde
Ausgerechnet in der Hitze von Ungarn kamen die neuen Formel-1-Reifen zum ersten Mal an einem Rennwochenende zum Einsatz. Entsprechend gespannt erwarteten die Formel-1-Teams das erste freie Training. Der 82-fache GP-Pilot Marc Surer erklärt: «Jetzt wurde die Reifenkonstruktion vom vergangenen Jahr mit den Mischungen von 2013 kombiniert. Damit sollten die Probleme hoffentlich gelöst sein. Aber wir wissen nicht, wie sich die Reifen hier verhalten werden.»
Trotz stolzen Asphalttemperaturen von 41 Grad Celsius gab von Force-India-Rückkehrer Adrian Sutil Entwarnung: «Ich konnte die harte und die Medium-Mischung in Silverstone testen und das lief sehr gut, ich habe insgesamt 98 Runden drehen können. Die weichen Reifen habe ich noch nicht ausprobiert, aber ich gehe davon aus, dass es kein Problem geben wird, auch wenn der Asphalt am Renntag bis zu 50 Grad heiss werden soll. Die Reifen sind ziemlich einfach zu verstehen, man hat beim Gasgeben und Bremsen nicht mehr so viel Grip auf der Hinterachse, dafür liegt das Auto stabiler.»
Frischer Wind gefragt
Sutil weiss: Nicht nur den Reifen setzt die Hitze auf dem Hungaroring zu: «Dieser Kurs ist auch eine anspruchsvolle Herausforderung für die Bremsen und den Motor. Man muss sicher ab und zu aus dem Windschatten raus, damit kühle Luft ans Auto kommen kann.» Und Surer pflichtet ihm bei: «Sie ist nicht ohne, diese Strecke. Man hat keine Zeit zum Verschnaufen – das gilt nicht nur für den Fahrer, sondern auch für die Reifen und das Auto. Wenn das Durchschnittstempo niedrig ist, so wie hier, da liegt es unter 200 km/h, dann fehlt der Fahrtwind, der den Motor kühlt. Aber die Ingenieure wissen das natürlich und stimmen das Auto auch darauf ab. Sie stellen den Motor so ein, dass er im Teillastbereich optimal am Gas hängt.»
Viele neue Teile
Die Rennställe nutzten vor der Sommerpause noch einmal die Chance, ausgiebig neue Teile zu testen. McLaren probierte etwa eine neue, breitere Fahrzeugnase aus – ähnlich der Mercedes-Version vom Nürburgring-GP. Surer weiss: «Bei der Fahrzeugnase geht es immer darum, die Luft unter das Auto zu führen. Bei Lotus ist etwa eine Art Kropf unter der Nase zu sehen, der kommt immer mehr in Mode in der Formel 1 – und der soll auch dafür sorgen, dass die Luft dahin kommt, wo sie das Team haben will.»
Auch Red Bull Racing probierte neue Luftleiter am Frontflügel aus. Surer erklärt: «Die müssen die Luft ums Rad führen. Die Verwirbelungen, die hinter dem Vorderrad entstehen, werden auch genutzt. In meiner Zeit, in den 80er-Jahren, hatten wir Schürzen an der Seite, die dafür sorgten, dass unter dem Auto ein Unterdruck entstand. Das macht man heutzutage mit der Verwirbelung der Luft. Diese Lufträdchen dichten das Auto seitlich ab.»
Die Krux mit dem Strömungsabriss
Mercedes testete auf dem Hungaroring das passive DRS – ein System, das bei hohem Tempo einen gezielten Strömungsabriss generieren soll. Doch Surer traut dem Trick noch nicht: «Bis jetzt hat noch keiner wirklich gepunktet mit diesem System. Offensichtlich ist es nicht so einfach, den richtigen Zeitpunkt für den Strömungsabriss zu finden. Wenn das in einer schnellen Kurve passiert, ist das sehr unangenehm.»
Das Lotus-Team, das schon seit den Winter-Tests am passiven DRS arbeitet, verzichtete im ersten Training darauf, das System zu testen. Der Grund: Die Strecke sei zu langsam. Auch das Sauber-Team, das in der Vergangenheit schon ein paar Varianten getestet hatte, verzichtete darauf. Die Schweizer experimentierten stattdessen mit dem Auspuff, wie Marc Surer feststellte: «Das sind zwar nur leichte Modifikationen, die Position hat sich nicht verändert, aber die Luftführung des Abgasstroms. Die Teams sagen, dass die richtige Auspuff-Position und Luftführung etwa eine Sekunde pro Runde ausmacht. Das ist in der Formel 1 eine ganze Menge.»
Iceman kämpft mit Feuer
Nicht alle Piloten kämpften auf dem Hungaroring nur mit der Hitze. Lotus-Star Kimi Räikkönen beklagte sich nach einem Feuer in der Airbox über Wasser auf den Füssen und Pedalen. Dort ist eigentlich nur Reservoir von Bremshydraulik-Flüssigkeit. Doch die Lotus-Truppe konnte nach einem Blick auf die Telemetrie Entwarnung geben – es musste sich um ein Problem mit der Trinkflasche handeln.
Ex-GP-Pilot Anthony Davidson weiss: «Alles, was die Füsse auch nur in der Nähe der Bremse betrifft, ist für einen Piloten höchst beunruhigend. Das gilt auch für die skurrilen Fälle, wenn zum Beispiel Werkzeuge im Fussraum herumkugeln oder sich etwas löst dort.» Und damit nicht genug: Der Iceman handelte sich am Ende auch noch einen schleichenden Plattfuss ein.
Der Australier Daniel Ricciardo hatte einen Wasserschaden zu beklagen. Der Cockpit-Anwärter für die Nachfolge von Red-Bull-Racing-Landsmann Mark Webber musste im tropfnassen Helm seine Runden drehen, weil sein Trinkschlauch ein Leck hatte. «Das gibt eine Sauerei, das kann ich dir sagen», kommentierte Surer.
Weltmeister Sebastian Vettel vorn
Eine lange Pause musste Neuling Jules Bianchi aussitzen, weil an seinem Marussia das Energierückgewinnungssystem ausgetauscht werden musste. Nur 19 Runden drehte auch Weltmeister Sebastian Vettel, der sich nach vier Runden wegen eines Problems mit den Bremsen lange nicht mehr blicken liess und erst in der letzten halben Stunde mit 1:22,723 min die schnellste Runde drehte. Hinter ihm sicherte sich sein Teamkollege Webber, der knapp drei Zehntelsekunden langsamer war, den zweiten Platz vor Pechvogel Räikkönen und Ferrari-Star Fernando Alonso. Räikkönens Teamkollege Romain Grosjean, McLaren-Star Jenson Button, Sutil, Silberpfeil-Pilot Nico Rosberg, Sergio Pérez und Williams-Fahrer Pastor Maldonado komplettierten die Top-Ten der ersten Zeitenliste des Wochenendes.